Ende der Funkstillen · 18. September 2014

Es gibt Workshops, und es gibt Ideen. Der Grafikdesigner Jan Bisson brachte einige mit, und im Gegenzug zeigte ich ihm ohne das Buchen eines Workshops, wie man in Blei einen Glatten Satz (Blocksatz) herstellt, bei dem durch das Verringern oder Erweitern der Wortzwischenräume nach einem umfangreichen Regelwerk alle Zeilen auf eine Länge gebracht werden. In der sogenannten Spitzkolumne verjüngt sich der Block nach unten. Die Idee, eine Karte zur Unterbrechung oder zum Beenden einer Kommunikationspause (Funkstille) zu drucken, gefiel mir so gut, daß wir ein Produkt daraus gemacht haben. Text und Entwurf sind von mir, und dem Bleisatz zeigte sich der talentierte Mr. Bisson absolut gewachsen: Ich kann mich nicht erinnern, wann zuletzt jemand mit so kurzem Anlauf eine so hohe Satzqualität zustande gebracht hat. Wenn die Zeilen nämlich nicht gleichmäßig ausgeschlossen sind, bekommt das der Drucker im Schließrahmen der Druckmaschine unangenehm zu spüren.

Die Regeln für das Ausschließen im Handsatz habe ich vor etlichen Jahren einmal als Unterrichtsmaterial zusammengefaßt, man kann sie hier herunterladen.

Diese Karte wird im Raritätenkabinett der Werkstatt angeboten. Handsatz aus Walbaum, die Überschrift wurde aus der Unger-Fraktur gesetzt.

Auf diesem Foto ist der Text besser zu lesen, in der Vergrößerung zeigen sich allerdings auch Schwächen der Schrift, die man in Originalgröße nicht erkennt.

Auch das Ornament ist aus Blei. Und wir haben einige Zeit überlegt, welches wir aus dem Fundus wählen.

Es sollte zur Schrift passen, durfte nicht zu lang sein, damit man die Karte als Absender unterschreiben kann. Und es sollte der gesamten Form einen guten Schluß geben.

Auf diesem Bild sieht man eine kleine Bleisatz-Eigenheit: In dem Wort »begreiflich« werden »f« und »l« nicht zur Ligatur verbunden. Setzt man sie aber einzeln unbedacht zusammen, würde der überhängende Kopf vom »f« keinen Platz haben, sondern abbrechen. Also wurden hier sogenannte Spatien (einen halben und einen viertel Punkt – 1 Punkt = 0,376 mm) zwischen die beiden Lettern gesetzt, um dem Kopf vom »f« den erforderlichen Raum zu geben.

Der zusätzlich gesetzte Raum zwischen den beiden Buchstaben stört im Druckbild nicht. Man denkt sich nur: Schade, daß es keine Variante des Versal »V« mit Überhang gibt, dieses Loch schlösse man doch gern.

— Martin Z. Schröder

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Supertanker im identifizierten Bleisatz und allzu schöne Maschinen · 14. Oktober 2013

Die Zierschriften würde ein Bleisatz-Kenner bald ermitteln, aber an einem serifenlosen Versal E ist zu wenig Typisches zu erkennen. Futura und Kristall kamen hier zum Einsatz, alle Schriften nun also auf diesem Foto.

Im übrigen hatte ich Elektriker zu Besuch. Das Drucken wurde jeden Abend eine Augenplage, wenn das Tageslicht verdämmerte. Nun haben die Herren so fein gearbeitet, daß die beiden Tiegel sich beleuchten lassen wie in einer Verkaufsausstellung der Heidelberger Druckmaschinen. Es macht das Leben angenehmer, daß man Leuchten bekommt, die selbst bei einer so tiefen Hängung nicht blenden und trotzdem die ganze Maschine sehr gut ausleuchten.

Damit es ein bißchen nach Arbeit aussieht, denn die Maschinen sind noch lange keine Museumsstücke, habe ich mich mal dazugestellt. Auf die Gefahr hin, daß ich nun wie ein Museumsstück aussehe, bei der guten Beleuchtung.

— Martin Z. Schröder

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Altfettentsorgungsanlagenwerbung in Signalrot und Neongrün · 12. Mai 2013

Es sind keine echten Neonfarben, ich will ja niemanden quälen und habe ins Grün ein paar Silberpigmente und etwas Schwarz gemischt und ins Rot etwas Deckweiß, Bordeaux und Bologneser Kreide. Sind meine verehrten Leser eigentlich damit einverstanden, daß ich die Fotos etwas vergrößere? Wenn man auf die kleinen Bilder klickt, öffnet sich eine Vergrößerung, die seit den Schuber-Fotos größer geworden ist. Ist es recht so oder bekommt jemand Probleme damit?

Die Einlage vor dem Rillen. 65 Stück werden es sein, 50 kommen in die Schuber, und die 15 Künstlerexemplare bleiben beim Autor und bei mir. Fürs Erbe.

In diesem Impressum entdeckte ich beim Andruck mit der Lupe (es ist eine sehr kleine Type, Schriftgrad Nonpareille, also 6 Punkt, und das in Hellgrün, ein giftjes Augenpulver) den Zwiebelfisch. Und dachte bei mir, der habe sich die Stelle ausgesucht, die ich ausgesucht hätte, stünde ich vor der Aufgabe, einen geeigneten Platz für einen Zwiebelfisch zu finden. Deshalb ließ ich ihn stehen. Beim Ablegen kommt er natürlich nicht zurück zur kursiven Walbaum, sondern in den eigenen Kasten.

Damit die verehrten Leser nicht vergessen, wie der Heidelberger aussieht.

In der roten Form stecken nur die Englische Zierlinie und die rote Titelzeile.

Alles Handsatz, was sonst.

Die Beilagen wurden am Sonnabend gerillt, heute werden Pakete gepackt, und am Montag gehen die ersten auf die Reise. Noch sind im Online-Shop Schuber-Editonen zu haben. Der Preis wird (etwas schwächer als kunstmarktüblich) steigen, wenn die ersten 20 verkauft sind.

— Martin Z. Schröder

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Zwei Altfettentsorgungsanlagenreklamefußnoten · 7. Mai 2013

Und eine Altfettentsorgungsanlagenreklamefußnotenattrappe

Nachdem mir Heike Sommerfeld freundlicherweise die Gefahr vor Augen führte, daß Fett sich bei Wärme selbständig machen und weglaufen kann, wenn es sich nicht um sehr träges Fett handelt, habe ich vom Fettfleckprojekt wieder Abstand genommen. Die Beilage wird fleckenfrei ausgeliefert. Ich könnte natürlich beim Rillen der Karten, fällt mir bei der Niederschrift dieser Zeilen ein, für fettige Finger sorgen. Die Fettflecken wären so schwach, daß das Fett nicht wandern sollte. Aber Ach und Weh!, wenn es das denn doch tut. Ich laß es sein mit dem Fett. Das Foto zu diesem Absatz zeigt die Farbe, mit der ich den Text innen gedruckt habe. Eine Mischung aus Weiß, Schwarz, Rot, Blau und Silber. Ein guter Schleim für eine Altfettentsorgungsanlagereklame.

Im Tiegelfarbwerk sieht der Spaß dann so aus.

Gedruckt allerdings Grau; Silber und Rot schlagen nicht durch. Es kommt noch ein Rosa oder Pink dazu.

In der Architektur gibt es Täuschungen, die man einsetzt, um Symmetrien herzustellen. Falsche Türen beispielsweise. Ich habe die linke Fußnote mit Schmuck auf dieselbe Größe aufgeplustert wie die rechte, damit das Blatt recht symmetrisch wirkt.

Aber ich weiß nicht, wie man so etwas nennt. Einfach nur Attrappe? Möglicherweise gibt es diese optischen Attrappen auch in anderen Berufen. Bei Schönheitschirurgen, Zahnärzten, Konditoren? Wie nennt man solches?

Das ist die Druckform für den Innenteil. Ziemlich viel Aufwand für eine Auflage von fünfzig Stück.

— Martin Z. Schröder

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Butterstullenwerfen mit Messinglinien · 29. April 2013

Hat man so was schon gesehen? Ich glaube, man hat so etwas in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts gesehen, den strömungsreichen, als Jugendstil und Bauhaus ineinanderflossen und alles erlaubt war, was interessant erschien.

Die Überschrift wurde aus der halbfetten Walbaum gesetzt, die Reime aus der kursiven.

Sechs Druckgänge hat die Karte durchlaufen. Vier Blautöne, dazu Gelb und für den Text Braun. Ein kleines Impressum steht auf der Rückseite.

An solchen grafischen Arbeiten zeigen sich die technischen Spuren. Nicht nur in der leicht abgenutzten Schrift. Die kursive Walbaum ist noch ganz gut in Schuß.

Die Flächen sind aus Messinglinien zusammengesetzt, und diese Linien zeigen auch im Druckbild deutliche Abnutzungsspuren. Es gibt etliche Tricks, wie man die Flächen gleichmäßig füllen und die Lücken schließen kann, aber diese Störungen machen die Fläche erst lebendig. Auch diese Karte ist in der Fontane-Abteilung des Online-Shops erhätlich.

— Martin Z. Schröder

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Schriftlinie halten! · 31. Januar 2012

Manche Bleischriften sind rar, umso glücklicher ist der Besitzer einer seltenen Type. Die feinen Linien der Walbaum sind besonders empfindlich gegen Abnutzung, und deshalb bin ich froh, daß mir ein Kollege seinen nicht mehr benötigten Bestand anbietet. Bevor man aber die Schrift aus einer Druckerei in den Kasten mit der eigenen legt, also zwei Lieferungen mischt, muß die Schriftlinie geprüft werden. Die Schriftlinie ist die untere Begrenzung der Buchstaben ohne Unterlänge, und ob diese Linie identisch ist, kann man nur am Druckbild prüfen, denn die Abweichungen können sehr gering sein. Warum die Schriftgießereien keine einheitliche Schriftlinie halten konnten, weiß ich nicht, vielleicht kann diese Frage ein Kollege unter den Lesern beantworten?

Der zum Verkauf seiner Typen bereite Kollege sandte mir eine Probe. Man verwendet für diese Prüfung gern das m oder n, weil diese Buchstaben sicher auf zwei und auf drei Füßen stehen, die Schriftlinie in der Zeile also überdeutlich sichtbar machen.

Die Probe meines Kollegen und eine Probe aus den eigenen Kästen habe ich nebeneinander in eine Druckform geschlossen. Man muß dabei höllisch aufpassen, daß nichts durcheinander gerät.

Im Abzug zeigt sich dann, in welchem Zustand die Schriften sind und ob beide vermischt werden dürfen. In diesem Abzug sieht man im Wechsel die gewöhnliche und die kursive in Cicero, Mittel und Tertia, also 12, 14 und 16 Punkt. Die gewöhnliche Type im Schriftgrad Mittel ist nicht identisch. Nicht nur steht die Schriftlinie rechts tiefer, die Buchstaben sind auch kleiner. Das ist rätselhaft. Beide Schriften sind auf 14p-Kegel gegossen, aber sie sind nicht gleich groß.

Die rote Markierung zeigt die Trennlinie. Links meine Lettern, rechts die des Kollegen. Die gewöhnlichen “n” des Kollegen sind auch kleiner als seine kursiven. Da ist etwas schiefgelaufen.

Auch von der Seite kann man einen Kontrollblick werfen. Alle anderen Zeilen sehen gut aus, und ich werde nun mit dem Kollegen über den Preis sprechen und hoffe, einige Schriften zu erlangen, die gewöhnliche Walbaum in Mittel kann ich leider nicht übernehmen.

Kurzmeldungen

1. Das kürzlich angekündigte Puzzle ist zwar fertig, konnte aber noch nicht in den Online-Shop, weil dieser gerade umzieht. Man wird ihm den Umzug aber nicht anmerken, wenn er in Kürze wieder da ist, einstweilen funktioniert er schon hier, ich warte aber mit neuen Drucksachen, bis der Umzug abgeschlossen ist.

2. Die Modemesse haben wir überstanden, der Umzug mit Maschine und Setzkästen ist mit Aufräumarbeiten abgeschlossen. Ob die zahlreich vergebenen Visitenkarten und die erfreut in Empfang genommenen Komplimente auch geschäftliche Wirkung zeitigen, bleibt nun abzuwarten. Meine Oberhemden haben sich bewährt, und in der Werkstatt trage ich nun ein seidenes Schleifchen an der Schürze, das mir eine freundliche Dame vom uns vis-à-vis befindlich gewesenen Messestand der Berliner Manufaktur Edsor Kronen genäht hat.

3. Die Arbeiten am vierten (noch nicht vorbestellbaren) Buch von Max Goldt in meiner Werkstatt haben mit der Textauswahl begonnen. Vorgesehen ist die Fertigstellung zum Ende des Jahres.

— Martin Z. Schröder

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Das Glück im Augenblick finden · 4. Dezember 2011

Zierlich und zerbrechlich sind die Lettern der kursiven Walbaum im Schriftgrad “Borgis”. Auch wenn der Typograf keine Schrift so sehr lieben sollte, daß er sie zu ungeeigneten Aufgaben heranzieht, so darf er doch heimlich Vorlieben pflegen. Meine liebste Type ist diese Schrift in dieser Größe. Sie ist für diesen Text und das unschöne Wort am Ende vielleicht etwas zu zart, aber sie ist für Glück im Augenblick, für eine so flüchtige Empfindung doch die richtige Schrift.

Dies ist die grüne Druckform im Schließrahmen, und damit mein geneigter Leser meine Neigung zu dieser Type in Augenschein nehmen kann, habe ich sie …

… von allen Seiten fotografiert. Dieser Anblick muß einem Schriftsetzer traulichste Gefühle eingeben. Für uns gibt es in der Druckerei kaum schönere Ansichten als eine Kolumne aus einzelnen Lettern, die wir selbst gesetzt haben und deren einzelne Teile wir so gut kennen.

So eine Kolumne hat ein natürliches Antlitz. Man sieht so viele unterschiedliche Teile, die alle ganz eigen zu sein scheinen, und doch bilden sie alle zusammen in Zeilen und durch die typografische Ordnung ein Muster und eine Figur. Wie die Äste und Zweige und Blätter eines Baumes.

Diese Zeile wurd mit roter Farbe eingedruckt.

Das kleine Impressum auf der Rückseite habe ich aus der Futura in Nonpareille (das sind 6 Punkt) gesetzt.

Und es wurde im grünen Druckgang mitgedruckt.

Weil mir die Außenform des Textes nicht gefiel, habe ich mehrmals den Satz korrigiert und schließlich kleine Schmucklinien hinzugezogen. Sie entstammen übrigens dem Fundus der berühmten Eremitenpresse, die vor einiger Zeit aufgelöst worden war.

Hier nun endlich der gedruckte Satz mit beiden Farben.

Die Klappkarte ist im Online-Shop der Druckerey erhältlich. Gedruckt wurde auf ein mattes gelbliches Naturpapier aus Schottland. Freilich wird die Klappkarte mit einem Kuvert ausgeliefert. Weil ich das nicht in gefüttertem Zustand aus Schottland bekomme, sondern deutsche und belgische Kuverts einkaufe, ist es etwas heller als die Karte.

— Martin Z. Schröder

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Bild-Zeitung und ein »Übrigens« · 23. September 2011

Heute wurde die mittlerweile getrocknete, gestern ausführlich vorgestellte Karte mit dem Bild-Zeitungs-Statement von Max Goldt beschnitten. Sie ist nun im Online-Shop in der Rubrik Max Goldt erhältlich.

Übrigens wurde gestern die Renovierung der Druckerey-Seite abgeschlossen. Ich danke Stefan Herzig für seine geduldige Arbeit mit einem peniblen Schriftsetzer (“Kann man die Laufweite der Palatino geringfügig erhöhen?”) und seine guten Einfälle. Ich kann nun, weil mir der Web-Designer ein Redaktionssystem zur Verfügung stellte, die Seite selbst inhaltlich überarbeiten. Das wird in der kommenden Zeit geschehen.

— Martin Z. Schröder

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Was sich über die Bild-Zeitung in Bleisatz sagen läßt · 22. September 2011

Aus dem Buch “Der Krapfen auf dem Sims” von Max Goldt überließ mir der Autor einen Text für eine Karte, die in den letzten Tagen gesetzt und gedruckt wurde.

Aus der klassizistischen Walbaum in Petit (8 Punkt) wurde der Text mit Bleilettern gesetzt.

Zuerst werden beide Farbformen in eine Druckform gesetzt, um die Ränder genau berechnen zu können.

Nach dem ersten befriedigenden Korrekturabzug wird die rote Druckform entfernt und die schwarze gedruckt.

In der Vergrößerung zeigen sich Altersspuren der Lettern: abgenutzte Buchstaben, abgebrochene Serifen. Aber das verleiht der Schrift auch Charme.

Dann wird die rote Druckform eingerichtet. Ein Foto von der Maschine spare ich mir heute, die Blog-Leser kennen den Heidelberger Tiegel schon aus Bild und Film.

Die für die Ecken verwendeten Schmuckelemente entstammen der ehrwürdigen Düsseldorfer Eremiten-Presse, aus welcher sie nach deren Auflösung über einen Händler in den Bestand meiner Werkstatt gelangten.

Ein Teil des bordeaux-roten Rahmens.

Die Karte wird noch etwas beschnitten.

Aber der Beschnitt erfolgt erst, wenn die Rückseite mit dem Impressum gedruckt ist. Ich zeige es hier an, wenn die Karte zu den anderen im Online-Shop gesellt wird. Gedruckt wurde auf einen schottischen Feinstkarton mit recht glatter Oberfläche, wie sie für klassizistische Schriften am besten geeignet ist. Glatte Kartone müssen besonders gut trocknen vor dem Beschnitt, damit die Farbe nicht auf die Rückseiten abzieht.

— Martin Z. Schröder

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Ein Zeichen für die FDP · 17. April 2011

Vor gut einer Woche bat die “Welt am Sonntag” eine Handvoll Designer um Vorschläge, wie die FDP ihr Logo “aufpeppen” könne, “entsprechend der neuen, jungen Führungsspitze”. Bild und Erklärung waren gewünscht, und weil mir gleich etwas einfiel, habe ich etwas beigesteuert. Wenn mir auch an aufpeppen so wenig gelegen ist wie an einer Partei, die den Freiheitsbegriff nur noch als Ballast mit sich herumzuschleppen scheint, so ist doch die Idee der “Welt” interessant genug, sich mit der Sache zu befassen, und ich hab mich über die Anfrage gefreut.

Meine in der Zeitung nur ganz knapp zitierte Anmerkung dazu lautet ungekürzt: Der FDP wünsche ich, daß sie sich löst vom Zwang zum Versprechen individuellen Glücks durch Sicherheit und materielles Vermögen, welches der Staat unserer Tage seinen Bürgern aufdrängt. Die Schrift Walbaum aus der Goethezeit mit passenden Ornamenten und Klärchens Bangen um Egmont sollen die einzige liberale Partei an Risiken und Möglichkeiten der Freiheit erinnern, an die sie nur noch selten denkt. Die FDP darf ruhig etwas pathetischer sprechen und mutiger das Ansehen der Freiheit verteidigen, denn es droht unter die schweren Räder allgemeinen Wohlstandes zu geraten, wie ihn auch Diktatoren als das einzig wahre Glück aller in Aussicht stellen, während sie die Macht der eigenen Kaste meinen.

Die Welt hat online ihren Artikel bislang ohne Bilder veröffentlicht.
Mit der Schrift hat sich niemand weiter beschäftigt, und das war auch nicht der Wunsch der Zeitung. Mir fällt nur auf, wenn ich die anderen Entwürfe und überhaupt alle deutschen Parteizeichen sehe, daß die halbfette bis fette Serifenlose offenbar als zeitgemäß gilt. Das ist auch sicherlich so, denn die sozialistische Idee (Überwachen und Versorgen) geistert kräftig wie nie zuvor durch alle Parteien, und wenn die Serifenlose einer Idee zuzuordnen ist, dann eben der Moderne und ihren Vorstellungen von Gleichheit, die als Ideologie des 20. Jahrhunderts immer Gleichförmigkeit und nicht Eröffnung gleicher Möglichkeiten bedeutet hat, was ohnehin in einer offenen Gesellschaft nur im Ansatz erreichbar ist. Die Serifenlose und die Pinselschriften sind die Werbemittel moderner Ideologen. Lautstärke siegt. Eine Partei, die sich den Liberalismus auf die Fahne zu schreiben vorgibt, sollte sich auch in ihrer Bild- und Zeichensprache der Aufklärung zuwenden. Einfach etwas intelligenter aussehen.

Lustig finde ich, daß die “Welt am Sonntag” meinen Vorschlag als Zuwendung zu Genscher und Hamm-Brücher interpretiert. Aus der Genscher-Zeit stammt ja dieses “verklemmt-korrekte” (Welt) Zeichen in Blaugelb. Hildegard Hamm-Brücher, die seit 2002 nicht mehr Mitglied der FDP ist, würde ich allerdings keine Visitenkarten in einer serifenlosen Type drucken, zu ihr paßt mein FDP-Zeichen recht gut, scheint mir.

Zwei Ideen der anderen gefallen mir: Erik Spiekermann schafft die drei Buchstaben in einem seiner beiden Vorschläge gleich ganz ab und setzt den Titel der Shakespeare-Komödie “Was ihr wollt” unter das Gelbfeld. Christoph Kunzendorf heftet das tumbe Facebook-Zeichen “Gefällt mir” unter die drei Buchstaben und kommentiert: “Der Facebook-Button verdeutlicht die völlig neue Richtung der FDP und ist Inbegriff für Jugend und Aktualität. Genau wie Dr. Philipp Rösler, der durch seine Kandidatur neue Dynamik in die Partei bringt.” Das Lachen bleibt mir im Halse stecken. So düster ist es um die einzige Partei bestellt, welche die Freiheit überhaupt noch für erwähnenswert ansieht. Wenn sie auch schon viel zu lange nicht mehr darüber redet, was damit gemeint sein könnte.

Kürzlich versuchte ich, Facebook-Mitglied zu werden. Ich habe es einen Tag lang ausgehalten. Als ich schon nach Sekunden der Mitgliedschaft die erste “Freundschaftsanfrage” von einer Freundschaft des echten Lebens erhielt, fiel mir ein Stasi-Verhör von vor 20 Jahren ein. Der Offizier hatte mein beschlagnahmtes Adreßbuch vor sich und verlangte: “Nun sagen Sie mir mal zu allen Personen etwas, die hier drinstehen. Vergessen Sie niemanden!”

— Martin Z. Schröder

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Sende einen Glockenton zum neuen Jahr · 21. Oktober 2010

Wie in jedem Jahr habe ich eine Neujahrskarte gedruckt, die mit selten gelesenen schönen Worten auf die Zukunft einstimmt. Der Goethe-Kenner Gustav Seibt hat mir meinen Wunsch erfüllt und gelesen. Eben nicht nur in den Maximen und Reflexionen, die auch in der Druckerey ein Rüstzeug geben (Duden, Goethe, Montaigne, Tschichold, damit kommt der Drucker wohlgestimmt durch den Tag), sondern in der Erstausgabe der zweiten Fassung von Wilhelm Meisters Wanderjahren hat GS gesucht und mir dieses schwingende Textangebot unterbreitet.

Gedruckt wurde in zwei Farben von der um 1800 erstmals gegossenen Bleisatzschrift Walbaum, deren klassizistische Feinheit, deren zarte Linien auf einem hochglatten Papier am besten ausdrucken.

Es wurde mit einem sehr hellen Grau vom Bleisatz gedruckt.

Die Rückseite der innen unbedruckten Klappkarte zeigt das Impressum.

In einer kleinen Menge habe ich auch ein paar einfache, zweiseitig bedruckte Karten, also keine Klappkarten, zusätzlich gedruckt. Die Klappkarten gibt es im Internetladen der Druckerey, hier ist der Link zu allen Neujahrskarten. Für die einfachen Karten bitte ich um Anfrage oder Bestellung per E-Mail. Der Preis ist der gleiche: 3,00 Euro inklusive gefüttertes Kuvert und gesetzl. MWSt.

— Martin Z. Schröder

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Urgesteine und Umstrittene · 24. September 2010

Dieser Anblick, verehrte Leser, diesen Acker mit Reihen und Furchen anzuschauen, das ist für mich erhebend. Einerseits die geordnete Umgebung, der rechteckige Rahmen, die genauen Maße, die Präzision der Form — andererseits die wortbildenden Lettern, denen sprachliche Unordnung innewohnt. Es dauert ein Weilchen, einen solchen Entwurf zu berechnen, in diesem Fall habe ich einen digitalen Entwurf gemacht, und den Text zu pinnen, wie wir früher sagten, wenn mal Werksatz (Paketsatz) anzufertigen war. Man füllt den Winkelhaken einige Male, bis eine solche Kolumne fertig ist.

Und in dem Moment, da ich diese Zeilen schreibe, ist der Satz bereits gedruckt und schon wieder abgelegt, denn mir fehlt inzwischen Platz, um Kolumnen dieser Größe zu lagern. Ist das aber nicht ein schönes Bild eines “temporären Werkes”? Nur Mittel zum Zweck, nur dazu da, um auf Papier gedruckt zu werden, aber an sich schön und vielleicht wegen seiner Vergänglichkeit für den Schriftsetzer, der es Letter für Letter zusammengesetzt hat und alle feintypografischen Details des Textes während der Arbeit an der Zeile im Winkelhaken bestimmt hat und so genau kennt wie sonst niemand, ein bewegender Anblick.

Es handelt sich um die kursive Walbaum in Petit (8 Didot-Punkt), eine der schönsten Schriften meiner Werkstatt.

Auf der linken Seite ist Monotype-Satz aus Hamburg zu sehen. Schrift: Plantin. Im gebundenen Buch wird der Druckbogen so freilich nicht zu sehen sein, das paßt ja überhaupt nicht zueinander.

Wenn dieser Zwiebelfisch nicht von der Schriftlinie abweichen würde, hätte ich ihn wahrscheinlich nicht bemerkt. Die Letter selbst mißt 3 Millimeter Kopfhöhe, so ein i ist etwas mehr als ein Drittel davon.

Die Texte von Max Goldt in diesem Büchlein sind alle gut. Ich habe sie ausgesucht aus einer größeren Auswahl, in der kein schlechter Text befindlich gewesen. Dieser hier gehört zu den Texten, in denen man das so ernstgemeinte wie dusselige Gerede der eigenen medialen Umwelt wiedererkennt und ins Komische gezogen sieht: Eine “umstrittene Balalaikaspielerin”, ein “CDU-Urgestein” (huh!), ein “irre populärer Kunsthonigexperte”. Schon das WORT Kunsthonigexperte haut mich um. Ich sehe ihn vor mir, mit einem geschichtsträchtigen (gemeint wäre anekdotenbehafteten) Löffelchen in der Aktentasche; Halbglatze, Brille, Bart, Lederbundjacke, Jeans, ein lockerer, gern gesehener Talkshowgast, der, das Herz auf dem rechten Fleck, als unbestechlich gilt in allen Fragen rund um den Kunsthonig, in welchem natürlich viel mehr steckt, als der Laie auch nur ahnt. Und dieser hochkarätige Spezialist heißt dann auch noch Bernhard Behrend. Behrend, Bär rennt, Kunsthonigexperte — mich erheitert das ganz außerordentlich, und ich summte wie ein fleißiges Bienchen, als ich diesen süßen Text mit Gutenbergs Mitteln vervielfachte.

— Martin Z. Schröder

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Notiz aus der Werkstatt · 9. Dezember 2009

Um diese Jahreszeit habe ich wenig Muße, denn es wird für Weihnachten viel in Auftrag gegeben. Und einige haben sich scheinbar verabredet, mir ihre Hochzeitsdrucksachen, all die Hochzeitseinladungen und -ankündigungen (die man Save-the-date-cards nennt) in die Hände zu geben. Und Kinder sind erschienen, und gestorben wurde auch.

Wenn man an einem Tag eine Geburts- und eine Todesanzeige druckt, fühlt sich das eigentümlich an. In diesem Falle lagen über 96 Jahre Altersunterschied bei den Hauptpersonen der Drucksachen. Als Drucker fühlt man sich dann wie in des Schöpfers Schreibstube. Einer, müde, geht, ein anderer kommt und findet alles neu, man notiert es mit bleiernen Lettern, bis man selbst abgelöst wird. Dauert hoffentlich noch ein Weilchen.

Die Woche hat gerade sieben Tage, und der Tag hat 16 Stunden. Arbeit, meine ich. Sechs Wochen im Jahr macht das sogar Spaß. Nur sieht es hinterher schlimm aus und muß lange aufgeräumt werden.

Das nebenstehende Foto zeigt Andrucke einer Karte, die recht hübsch werden wird. Diese herrliche Fläche, wie sie Dürer kaum schöner hätte schnitzen können, hat Frank Ortmann, dessen Arbeiten ich ja schon öfter zeigte, gezeichnet. Gedruckt auf Cranelettra. Die zweite Farbe folgt demnächst: Schwarz trifft auf dieses heiße Rot.

Im Räumen (zur Zeit wird also auch noch umgeräumt) fiel mir gestern eine Arbeit in die Hände, die mir so ausnehmend gelungen erscheint, daß ich sie hier einmal zeige. Es ist ein Kuvert aus braunem Packpapier. Format DIN C5. Ich habe auch das Zertifikat gedruckt, das in den Umschlag gesteckt und vom Geigenbaumeister einem fertigen Instrument beigefügt wird, aber das fiel mir nicht in die Hände.

Die erste Zeile ist aus 5 Punkt Walbaum mager gesetzt. Eine seltene Größe, und eine arge Fummelei für den Setzer. Die Schrift ist auf Perl-Kegel gegossen. Nicht auf Nonpareille (6p). Der Schriftgrad 5 Punkt heißt Perl. In Frankreich auch Parisienne oder Sedanoise. Falls jemand in Frankreich mal eine 5p große Schrift im Bleisatz bestellen möchte, sage ich das dazu. Man will nicht gescholten werden für unvollständige Auskünfte. Die zweite Zeile aus Chevalier, dann wieder Walbaum. Dazwischen eine verzierte Englische Linie. Ich kann mich immer wieder begeistern, diese Lettern sind so schön, so fein, so handwerklich durchgeformt, so durchgeistigt und auch so kühn und elegant. Dieser feine Schwung im Spielbein des R, die starke Innenverzierung des E, das breite, stabile L, das einem beim Versalausgleich Mühe macht — die Walbaum ist eine grandiose Type. Und da ich diese Beschriftung vor mindestens zwei jahren gedruckt habe, weiß nicht mehr genau, kann ich sie mit kritischem Abstand betrachten. Und ich muß sagen, diese feine Abstimmung der Größen, Weiten und Räume hätte ich heute nicht besser machen können. Diese Zeilengruppe wirkt auf mich so selbstverständlich, so unaufwendig und natürlich, daß es sich um eine sehr gute Arbeit handeln muß. Es ist nicht einfach, in jeder Zeile den Schriftgrad (und einmal die Schrift) zu wechseln, ohne daß es den Augen wehtut. Das nur zur Erklärung. Denn zu geringe Unterschiede flimmern, zu große Unterschiede wirken auf so kleiner Fläche grob. Kontraste müssen immer deutlich sein, aber die gesamte Form muß auch ein gefälliges Bild geben. Lange und kurze Zeilen müssen rhythmisch abgestimmt sein. Ich würde heute nur zwischen K und A in ZERTIFIKAT einen Viertelpunkt Raum herausnehmen. Aber vielleicht liegt diese Irritation auch nur am Foto. Man kann Versalausgleich nicht am Bildschirm beurteilen, nur auf dem Papier. Jedenfalls ist diese einem klassizistischen Buchtitel nachgestellte Beschriftung eines braunen Kuverts eine meiner liebsten Arbeiten geworden, ich freue mich jedesmal sehr darüber, wenn ich sie sehe.

Es gibt so viele spektakuläre Arbeiten, “berühmte” (gemeint ist: bekannte) Leute machen gerühmtes Cover-Design einer Schallplatte, das mit Preisen anerkannt wird und nach zwei Tagen vergessen ist. Gerühmte Plakate, gerühmte Magazine, weltberühmte Langeweile. Die feine und vergnügliche Arbeit ist aber oft jene kleine, die nicht auf Bühnen gezerrt wird. Die ein Feinschmecker lächelnd oder mit einer Geste nur zur Kenntnis nimmt und nur dies mit einem Nicken oder dem Heben der Augenbrauen anzeigt, daß er es gesehen hat. Zu den schönsten Arbeiten von Jan Tschichold beispielsweise gehören vielleicht auch ein paar seiner Filmplakate. Aber die Meisterstücke sind neben den Büchern seine Akzidenzen für einen Pharmakonzern in der Schweiz. So sieht’s aus.

— Martin Z. Schröder

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Archimedes + Prägedruck = Feine Karte · 25. November 2009

Vor zwölf Jahren habe ich für Freunde die linke dieser beiden Karten gedruckt. Zweifarbig auf Bütten und anläßlich einer Hochzeit von Freunden meiner Freunde. Diese Karte gelangte mir zufällig wieder in die Hände, und mir gefiel die Idee ausnehmend gut. Nur mit dem Entwurf war ich nicht mehr so glücklich, in zwölf Jahren verändert sich eben die Sichtweise, und mir ist die Klarheit der Proportionen damals nicht so wichtig gewesen wie heute.

Nun habe ich den Text etwas verändert und eben auch den Entwurf und eine Klappkarte gedruckt, die Schrift vom Bleisatz (es ist die kursive Walbaum) im gewöhnlichen Buchdruck, die Weltkugel im Prägedruck, denn der Druckstock ist aus Messing. Und Messing hält viel Druck aus.

Der Karton kommt aus Amerika und besteht aus reiner Baumwolle. Er ist in der Papiermaschine nicht kalandriert worden, wurde also nicht durch Stahlwalzen geschickt und nicht geglättet. Dadurch hat dieser Karton ein viel höheres Volumen, als es für ein Gewicht von 300g/m² üblich ist. Und in dieses Volumen sinkt der Druckstock sehr leicht tief ein, was den Prägeeffekt ermöglicht. Und er schlägt auf die Rückseite nicht allzu stark durch. (Neuerdings wird für das Hochdruckverfahren namens Buchdruck auch in Deutschland der englische Begriff Letterpress verwendet, gerade wenn keine Lettern zum Einsatz kommen, sondern von Platten/Klischees ein Prägedruck gefertigt wird.) Zugleich nimmt der Karton aber die Druckfarbe sehr gut an und ist auch recht gut beschreibbar.

Der Satz enthält eine kleine Raffinesse. Der Text wurde erst mittig gesetzt, dann wurde jedes Wort etwas nach rechts verschoben, und zwar um einen Punkt (0,376 mm) gegenüber der darüberstehenden Zeile. So bekommt der Text einen leichten Drall und verliert die einem Satz auf Mittelachse eigene Strenge. Hier auf dem Bild vom Bleisatz kann man das recht gut sehen an den rechts und links unterschiedlich breiten Blindmaterial-Stückelungen. Mir war wichtig, daß der Winkel, der von Text und Linie gebildet wird, nicht zu streng wirkt durch eine echte Senkrechte, also der Text nicht lotrecht steht. Aber kippen wollte ich den Text auch nicht, die Zeilen sollten parallel zum horizontalen Papierrand stehen, damit sie nicht schief aussehen. Die Lösung fand ich also in der Verschiebung der Mittelachse.

Auf diesem Foto sieht man deutlich das kräftige Relief, das durch den Prägedruck entsteht. Ich werde in den nächsten Wochen eine Serie von Karten im Prägedruck oder auch Letterpress herstellen. Dies ist die erste, und für weitere haben vier Künstler und Designer schon zugesagt, Motive zu liefern. Sie werden in den nächsten Monaten erscheinen.

Hier zeige ich den Messingstempel. Er scheint schon etwas abgenutzt zu sein — schaut man genau hin, findet man eine feine Äquator-Linie, die zu flach gestochen ist, um im Druckbild erscheinen zu können.

Die Klappkarte ist geschlossen 105 × 148 mm groß, also DIN A6, damit sie in die Kuvertgröße DIN C6 paßt. Lieferbar ist das gute Stück im Online-Shop der Druckerey: LetterpressBerlin

— Martin Z. Schröder

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Digitaler Quark · 5. Juli 2009

Vor ein paar Tagen wurde in diesem Blog in einem Kommentar moniert, daß Schriften mit identischen Namen meistens nichts mit den Ursprungsschöpfungen zu tun haben. Schon zu Bleisatz-Zeiten gab es etliche Garamonds, denn auf einen klingenden Namen als Verkaufshilfe verzichtete man auch früher nicht. Schriften sind Medien, die gekauft und eingesetzt werden sollen. Und in der Reklame für Gebrauchsgüter ist man nie zimperlich gewesen. Es weiß auch jeder, daß er keine Originalschrift bekommt, wenn er heute eine digitale Garamond kauft. Oder eine Walbaum, hier im Bild: oben digital, unten vom Bleisatz gedruckt in der Fassung von Günter Gerhard Lange.

Das ist nicht gut, weil es unklar ist. Man mußte früher, und muß auch heute, immer den Hersteller dazu nennen und auch die Version, denn viele Schriften werden immer wieder überarbeitet und verbessert, heißen dann etwa nicht nur Minion, sondern Minion Pro. Was heißt eigentlich das Pro? Progressively?

Es handelt sich um die gewöhnliche (magere) Walbaum in 4 Cicero (48 Didot-Punkt). Es sind zwei verschiedene Schriften, zuerst fallen einem wahrscheinlich die Proportionen auf. Das p der Bleisatz-Walbaum hat eine größere Unterlänge als das digitale. Dann auch die Breite, die Bleisatzschrift ist weiter, die Punzen (geschlossenen Innenräume der Buchstaben) sind breiter. Auch die Serifen sind anders.

Links in der digitalen Fassung (mit dem Tintenstrahldrucker gedruckt) sind die Serifen dicker und gerade, rechts im Bleisatz sind sie feiner und etwas durchgebogen. Auch erkennt man hier, daß die Grundstriche etwas durchgebogen sind und die oberen Serifen Bewegung zeigen. Nicht allein durch den mechanischen Druck der gefärbten Lettern ins Papier — die Buchstaben sind anders gemacht.

Und man wird zugeben: Sie sind besser gemacht. Die Serifen dieser digitalen Schrift vergößern sich mit dem Schriftgrad. Im Bleisatz sind sie in jedem Schriftgrad fein. Sie werden zwar dicker, es sind keine Haarstriche in den großen Graden, es ist ja auch keine Bodoni, sondern eine Walbaum, die den Kontrast diffiziler, weniger schroff herstellt, aber die Serifen sind eben doch so fein, wie sie das klassizistische Bild verlangt. Es soll eine digitale klassizistische Schrift geben, die nicht nur zwei oder drei Varianten, sondern etliche für jede Größe anbieten, um das rechte Bild zu geben. Weiß gerade nicht, wie die heißt, ist mir entfallen, vielleicht weiß es ein Leser?

— Martin Z. Schröder

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Die Königin · 24. Februar 2009

Die Königin meiner Werkstatt ist die kursive Walbaum. Kaum eine Schrift ist stolzer und erhabener und auch schriller als diese. Ich habe schon ein paarmal dem im Doppelsinn schrägen Charme dieser kursiven klassizistischen Type gehuldigt und tue dies heute erneut. Ich durfte eine Visitenkarte setzen und drucken: Den Namen aus 10p Walbaum kursiv, darunter in einer durchgehenden Zeile die Adresse in 6p magerer Futura, Druck Rötlichblau mit einem Stritz Schwarz auf einen filzgenarbten Feinkarton in der Proportion 1:2 aus Italien in 300g/m². Günter Gerhard Lange hat die Schrift neu gezeichnet und dicht an Walbaums Vorlagen. Ich bin jedesmal fasziniert, wie schräg diese Typen stehen, wie sehr sich das A nach rechts lehnt (fällt es eigentlich nur wegen seiner Füße nicht?) und wie stur bei allen Buchstaben derselbe Neigungswinkel durchgehalten wurde. Wie grazil trägt das R Hosen mit Schlag und stellt das rechte Bein aus. Wie schlank sich das K macht und wie geschickt seine rechte Seite erfunden ist: nicht einfach nur ein angesetzter Arm und ein angehängtes Bein, es gibt einen kurzen Mittelsteg, der beide zusammenführt. Kurzum, ich bin immer noch hingerissen.

— Martin Z. Schröder

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Karte zum Jahreswechsel von 2008 zu 2009 (vergriffen) · 6. Oktober 2008

Die Karte zum Jahreswechsel ist fertig, alle fünf Farben sind gedruckt. Vier davon, nämlich ein leicht rötliches Blau, ein Purpurrot, Gold und auf der Rückseite das Impressum in dunkelbraun, sind nur sichtbar, denn unter das Gold der Sternchen wurde mit gelber Farbe vorgedruckt, damit die Metallpigmente der Goldbronze nicht ins Papier einziehen sondern ein bißchen glänzen. Gedruckt wurde auf eine Klappkarte aus Echt Bütten mit vierseitigem echten Büttenrand und in der Mitte einer Verdünnung im Papier, damit man die Karte klappen kann, ohne das Papier zu brechen. Papiergewicht: 225g/m², Papierfarbe: gebrochenes Weiß. Damenformat: geschlossene Karte: 90 × 175 mm; Kuvert 97 × 182 mm. Die Auflage dieser Neujahrskarte beträgt 500 Exemplare, sie wurden auf der Handpresse gedruckt.

Eine Karte kostet 2,60 Euro inklusive gefüttertes Kuvert aus Echt Bütten und inklusive Mehrwertsteuer, nur das Porto käme hinzu, wenn Sie unsere Werkstatt nicht selbst aufsuchen können. Wir liefern, solange der Vorrat reicht. Ein Nachdruck ist nicht vorgesehen, die Auflage ist also limitiert. Unter Kontakt (Leiste auf der linken Seite des Fensters, letzter Knopf) finden Sie die Adresse des Hauses.

Dieser Preis gilt auch für Wiederverkäufer. In meiner Werkstatt werden alle Produkte zum Herstellungspreis ohne Einzelhandelsspanne angeboten. Eine solche Karte findet für 5 bis 7 Euro in der feinen Papeterie ihre Käufer.

Die Karte ist 10 Cent billiger als jene im vergangenen Jahr, weil heuer die Auflage höher ist, was schwerer ins Gewicht fällt als die Anhebung der Großhandelspreise für Papier und der höhere Aufwand im Druck. So eine Karte zu fotografieren, ist nicht einfach. An den ähnlichen Bildern sieht man, wie der Lichteinfall die Oberfläche mal glättet, mal uneben wirken läßt.

Zu den Farben habe ich im Blog bereits etwas gesagt. Bildhafte Ideen in typografische Entwürfe umzusetzen, ist immer ein wenig heikel. Aber wer auf der Karte eine verzierte Brunnenschale entdeckt, der eine sich teilende Fontäne entspringt, hat eine mögliche Idee aufgegriffen. Ursprünglich wollte ich nur einen hübschen auf die Mitte gestellten Satz mit einem angenehm zu lesenden Zeilenfall haben. Der Rest ergab sich.

Ganz schwer zu fotografieren ist gedrucktes Gold. Damit keine falschen Erwartungen entstehen: der goldene Druck glänzt leicht golden, aber nicht wie Goldfolie, Hand-Bronzierung oder gar Blattgold. Wenn das Licht ideal fällt und man sich so einen Stern in der Vergrößerung anschaut, dann erkennt man deutlich den Farbauftrag und den Glanz der Metallpigmente.

In einem Teil der Auflage wurden vier Sterne der rechten Fontäne durch die Zahl 2009 ersetzt. Als Datum für eine nächste Zukunft, von der im Text die Rede ist. Diese Karten sind zwar vorderhand für den bevorstehenden Jahreswechsel gedacht, können aber auch zu Gratulationen für im Jahre 2009 statthabende Geburtstage verwendet werden. Bitte geben Sie bei einer Bestellung an, welche Variante in welcher Stückzahl geliefert werden soll.

Auf der Rückseite steht ein Impressum, gesetzt aus der 6p Walbaum gerade und kursiv. In der etwa dreifachen Vergrößerung des Fotos sieht der Satz viel unregelmäßiger aus als mit bloßem Auge am Original erkennbar.

— Martin Z. Schröder

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Melancholie / Majestät (Karte zum Jahreswechsel) · 2. Oktober 2008

Hier ist nun schon der ganze Text zu lesen, und er stammt aus dem Hyperion von Hölderlin. Aus der schönen Reprint-Ausgabe der Erstausgabe von 1797 (erster Band) und 1799 (zweiter Band) des Stroemfeld-Verlages von 1992. Deshalb das h in übermüthig. Der Text schließt an die Jahreswechselkarte mit dem Goethe an, die ich letztes Jahr druckte und die vorläufig noch hier zu sehen ist.

Ich wollte dieses Jahr eine gewisse Farbenpracht auf der Karte haben, zumal der Text sehr munter klingt. So griff ich also zu einem leicht warmen Blau für die kursive Walbaum und fügte die mittlere Zeile ein in halbfetten Walbaum-Versalien eines kleineren Schriftgrades in Purpurrot. Die hellere Farbe braucht etwas mehr Fläche, damit sie gegen das Blau bestehen kann. Jede Farbe hat eine bestimmte Helligkeit, in der sie ihre stärkste Sättigung erreicht. Gelb ist immer heller als Blau; Rot und Grün sind bei höchster Sättigung ähnlich hell. Wenn man eine satte Farbe dunkler oder heller macht, verliert sie nicht an Reinheit, sondern an Farbigkeit bis zum Schwarz oder Weiß. Man kann das auf Farbfächern sehen.

Blau und rot sind das Farbenpaar, das die stärkste Spannung unter allen Farben aufbaut. Hier das melancholische Blau, das man oft in mittelalterlichen Gebetsbüchern sehen kann im Kleid der Jungfrau Maria und natürlich auch auf Gemälden — die Madonnen von Raffael tragen oft blaue Umhänge. Purpurrot ist die Farbe der Königsmäntel.

Beide Farben auf der Karte sind einander angenähert, um eine Harmonie zu erzeugen. Das Blau wurde also erwärmt und hat einen Stich ins Rote, das Purpur ist ein kühles, also in Richtung Blau getöntes Rot. Man muß das so machen, um die Farben nicht auseinanderdriften zu lassen. Denn wenn wir zwei Farben zu gleicher Zeit sehen, treiben sie sich gegenseitig in die Richtung ihrer jeweiligen Gegenfarbe, also ein reines Rot wirkt in einer gelben Umgebung bläulich und in einer bläulichen Umgebung gelblich. Ein reines Blau darf nicht gegen ein reines Rot gestellt werden, wenn es nicht schrill wirken soll.

Der Stern auf der Karte ist in gelb gedruckt, wird aber so nicht bleiben. Zu Blau und Rot paßt ein goldener Stern am besten, aber Goldfarbe auf Echt Bütten gedruckt zieht sehr schnell ins Papier ein. Deshalb druckt man mit einer anderen Farbe vor, um die Poren des Papiers zu schließen und die Metallpigmente auf der Oberfläche zu halten, damit sie glänzen können. Man kann mit dem Unterdruck das Gold ein wenig zu tönen versuchen. Mir war aber nicht daran gelegen, ich habe deshalb mit der Farbe gedruckt, die dem Gold am nächsten kommt, also mit einem mit Orange abgetönten leicht flammenden Gelb (das zu Ocker und Braun wird, wenn man es dunkler macht).

Die Kombination der Farben geht auf alten Gebrauch zurück, wie man an diesem Bild (aus einem mittelalterlichen handgeschriebenen und reich illuminierten, mit ganzseitigen Bildern versehenen Stundenbuch) sehen kann. Damals wurde natürlich mit Blattgold gearbeitet. Die Walbaum habe ich für die Karte als Schrift der Zeit des Textes eingesetzt. Das ist vielleicht etwas gewagt, ich bin mir nicht ganz sicher, ob eine klassizistische Schrift den farbigen Reichtum der Renaissance richtig tragen kann. Wenn die Karte fertig ist, wird es sich erweisen. Anfang der kommenden Woche werde ich sie zeigen können. Auf die Rückseite kommt auch noch ein Impressum (braun zu drucken), so daß die Karte mit Rot, Blau, Gelb, Gold, Braun fünf Druckgänge durchläuft. Kleinauflagen werden so recht teuer, aber ich drucke 500 Stück, und so wird die Sache trotz des höheren Aufwandes nicht teurer als die Karte im letzten Jahr, die mit “nur” vier Druckgängen auskam.

— Martin Z. Schröder

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Schnellhase erledigt Schnellschüsse mit Nußknacker, Erdmöbel hörend · 30. September 2008

Auf dem Hof hinter der kleinen Druckerey steht ein hoher und breiter Walnußbaum. Heuer die beste Ernte seit fünf Jahren. Seit knapp zwei Wochen gehe ich täglich ein bißchen herum und klaube die Walnüsse aus dem Gras und dem Laub, währenddessen die mächtige Eiche daneben mit Eicheln und Zweigen schmeißt. Einige Nüsse muß man noch ein bißchen abpellen. Seltsam: Von diesen Nußumblätterungen bekommt man keine braunen Finger. Wenn ich früher mit meiner Tante auf die Nußbaumplantage ging, trugen wir Handschuhe. Manchmal kam der Saft durch, und die braunen Flecken bekam man tagelang nicht ab. Wenn ich nicht gerade Walnüsse einsammle, drucke ich. Dieser Tage ist sehr viel zu tun (wenig Zeit zum Bloggen), und es gereicht dem Schweizerdegen zum Vorteil, ein Schnellhase zu sein, um die Schnellschüsse abzuwickeln.

Den Begriff Schnellhase kannte ich bis gestern nicht. Ich war neugierig, ob der Schnellschuß, ein wohl bis heute gebräuchlicher Begriff, im Register meines Handbuchs für Schriftsetzer steht, dabei stolperte ich über den Hasen. An meinem großen Tiegel, der den historischen Spitznamen Nußknacker trägt, stehe ich als Rumpelkutscher, nun also am Setzkasten als Schnellhase.

Besuch

Gestern hatte ich schönen Besuch. Neulich suchte ich im Internet spaßeshalber nach Namen von Lehrmeistern und fand tatsächlich einen. Herrn Warmbier hatte ich nur manchmal in Vertretung als Lehrer im Bleisatz. Ich schätzte ihn sehr. Er war immer gutgelaunt und hatte keine Lust, faule Lehrlinge zu erziehen, das heißt er meckerte nie, strahlte aber derart Autorität aus, daß auch niemand wagte, ihm auf der Nase herumzutanzen. Wenn man etwas lernen wollte, konnte er es wunderbar erklären. Die Unterschrift von Herrn Warmbier steht auf meinem Gesellenbrief, er hat meine mündliche Prüfung abgenommen. Und gestern hat er mich besucht. Ein erfreuliches Wiedersehen nach 23 Jahren. Irre, so ein Zeitraum. Er hat sich wenig verändert, ich schon.

Was im Druck ist

Wie auch im vergangenen Jahr drucke ich wieder eine Karte zum Jahreswechsel. Satz aus Walbaum, gedruckt wird in einem sehr dunklen Blau, dazu kommt bläulichrot und gold. Auf nebenstehendem Bild sieht man oben das Druckbild der Walbaum nach dem Einrichten der Druckmaschine, darunter den ersten Abzug. Die Verantwortung für saubere Typografie liegt, wie man sieht, auch beim Drucker. Wenn die Walbaum mit Farbe zuläuft, verliert sie ihren Charme.

Der Text ist nicht vollständig, zwischen die beiden blauen Abteilungen kommt eine rote Zeile. Der Text ist 1799 in Tübingen erschienen. Wenn es nicht so einfach wäre mit digitalen Bibliotheken und dem Internet, könnte ich mal wieder ein Rätsel ausschreiben und die fehlende Textzeile und den Autor und den Werktitel erfragen. Aber das wäre wohl zu leicht recherchierbar. Und sowieso keine gute Frage. Wer merkt sich denn Romanzeilen? Allerdings könnte das pathetische Schwärmen auf einen Autor weisen … In den nächsten Tagen drucke ich die weiteren Farben ein und das Impressum.

Was die Presse meint

AD Architectural Digest listet den Atlas van de nieuwe Nederlandse vleermuizen von Max Goldt unter BEST OF GERMANY. Romantik & Härte — 101 deutsche Glanzlichter. Jetzt am Kiosk in der Oktober-Ausgabe.

Auf die Ohren

Läuft in der Druckerey eigentlich manchmal Musik? Vielleicht, wenn 500 Karten mit einem klassischen Text von 1799 zu drucken sind?

Aber ja:


erdmöbel: der weg nach mandalay from ekimas on Vimeo.

— Martin Z. Schröder

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Walbaum-Rätsel · 16. Juli 2008

Die Walbaum ist eine klassizistische Schrift, über ihre Herkunft habe ich bereits geschrieben. Auch über das Register am Fuß der Seite findet der Leser einige Einträge zur Walbaum.

An der Walbaum merke ich, wie geschult mein Auge langsam wird. Ich habe auf einem Bogen, den ich seit Jahren drucke, einen Fehler entdeckt. Auf dem Foto ist einer meiner Modell-Briefbogen zu sehen. Gesetzt aus Versalien der halbfetten Walbaum, darunter eine Englische Linie in rot, darunter die kursive Walbaum.

Ein Buchstabe auf diesem Briefbogen entstammt einem anderen Setzkasten. Ich mache es anfangs nicht leichter und gebe keine weiteren Anhaltspunkt, denn die letzten Rätsel wurden sehr schnell gelöst. Dafür zeige ich aber eine Vergrößerung. Im Original sind die Versalien aus 14p (Mittel heißt der Schriftgrad) gesetzt, die kursive Zeile aus 12p (Cicero). Auf Papier hatte ich den Spaß also nur halb so groß vor Augen. Und ich hatte gar nicht nach einem Fehler gesucht, ich war nur plötzlich irritiert, als ich den guten ersten Abzug aus der Presse zog und wußte nicht wovon. Begann aufmerksam zu schauen und dann …

Preis: Wer die Nuß auf Anhieb knackt (ich traue es meinen kundigen, adleräugigen Lesern zu), bekommt ein Postkarten-Set aus der Druckerey mit kurzen Texten von Gerhard Henschel zugesandt, handgesetzt und handgedruckt. Sobald ich Hinweise gebe, verfällt der Preis; dann geht’s nur noch um die Ehre.

Ein Hinweis für FeedReader-Verwender: Die Auflösung mit Foto erscheint nicht in einem neuen Beitrag, sondern in einer Auffrischung (Update) dieses Beitrages. Ich zeige dann das Foto des korrigierten Bogens dazu, er ist schon gedruckt.

Gestern habe ich die Druckbogen des Goldt-Buches in die Buchbinderei Ines Neumann in Berlin-Buchholz geschafft. Es ist ein seltsames Gefühl gewesen, die Kartons dort abzustellen und fortzugehen. Ein halbes Jahr lang habe ich gelesen, entworfen, skizziert, gesetzt und gedruckt. Nun war mir etwas wehmütig, die ganze Arbeit in fremde Hände zu geben. Aber bei der ausgesuchten Buchbinderei habe ich ein gutes Gefühl. Es ist eine mittelgroße und reine Handbuchbinderei, die auf kleine Aufträge spezialisiert ist. Sogar das Falzen der rund 5000 Druckbogen geschieht in Handarbeit. Jetzt suche ich noch einen braunen Faden für die Fadenknotenheftung. Werde morgen mal in der Änderungsschneiderei Kuglerstraße fragen …

Zuletzt verweise ich heute auf diesen Offenen Brief an Bundesministerin Schavan, den ich, zumal nach meinen jüngsten Erfahrungen mit Druckschülern, vernünftig finde und (ohne öffentliche Namensnennung) unterzeichnet habe.

Update 16. Juli 2008

Die Lösung: Es ist das Z. In der falschen Version, in beiden Bildern unten, steht das Z aus der mageren Walbaum in einer Zeile aus der halbfetten. An diesen Typen läßt sich sehen, wie geschickt der Schriftkünstler eine halbfette Variante geschaffen hat: nämlich nur teilweise durch einen stärkeren Strich, vor allem jedoch durch eine Verschmälerung der Buchstaben. Die Walbaum als klassizistische Schrift zeigt schon als magere den typischen Unterschied in den Strichstärken: fette senkrechte gegen zarte waagerechte Linien. Bei der halbfetten ging es darum, die Schrift dunkler und kräftiger, aber eben noch nicht fett erscheinen zu lassen. Dafür wurden die Proportionen verändert. Die Buchstaben wurden zusammengedrängt, also die waagerechten Linien verkürzt, und erscheinen so dunkler und kräftiger. Ich sehe jetzt erst in der Vergrößerung, daß die obere Serife vom halbfetten Z in einem schrägeren Winkel angesetzt wurde als im Z aus der mageren. Warum GGL das so gemacht hat? Wahrscheinlich, um den oberen Raum auch bei einer Verschmälerung offen zu halten. Die detektivische Vergrößerung bringt uns auf die Spur der Arbeit eines Schriftkünstlers und seine Überlegungen.

Wie fein tariert eine gute Schrift doch sein muß, angesichts dieser Bilder verneige ich mich vor der Kunst des Schriftzeichnens und -schneidens. Die gezeichneten Vorlagen mußten für den Bleisatz ja noch aus Stahl herausgeschnitten werden. Ein großes Handwerk, das aus der Welt verschwunden ist. Die neuen Schriftkünstler stehen allerdings nicht nach, auch digital werden Meisterwerke geschaffen. Nur öffentlich im Detail diskutiert werden sie leider nicht. Oder kennt jemand eine Quelle?

Man wird mir nun nachsehen, daß ich mir auf die Schulter klopfte, die falsche Letter mit bloßem Auge in einer 14p großen Zeile entdeckt zu haben. Das war nicht ganz einfach. Ich hatte also den ersten guten Druck in den Händen und wollte daran gehen, die Auflage zu drucken, als mich etwas störte. Zuerst war es der zu große Abstand zwischen dem letzten Buchstabenpaar, der mir bislang nicht aufgefallen war. Aber auch nach dieser Korrektur war ich unbestimmt unbefriedigt. Nach einigem Betrachten der Zeile unter verschiedenen Lichtquellen und Lichteinfallswinkeln und nachdem ich mich selbst überredet hatte, daß mein Gefühl mich doch immer seltener trügt, zog ich das Z aus der Zeile und verglich die Bleiletter unter der Lupe mit einem anderen Z aus dem Setzkasten. Ich verglich die Breite der Type, weil ich schon länger weiß, daß die Halbfette schmaler geschnitten ist. Die Lettern waren identisch. Ich wechselte das Z trotzdem aus. Vielleicht ist es nur zu sehr abgenutzt, dachte ich, und ich druckte erneut. Der Eindruck eines Fehlers blieb. Nun nahm ich ein Z aus der mageren und stellte fest, daß es identisch ist mit dem Z aus dem Kasten der halbfetten. Jetzt war ich schon etwas entnervt. Aber bevor ich fluchte, griff ich ein weiteres Z aus dem Kasten der halbfetten. Und nun war die Sache eindeutig. Das erste Ersatz-Z war ebenfalls ein Zwiebelfisch.

Die beiden Walbaum-Setzregale habe ich vor Jahren aus dem Bestand einer Universität übernommen; in den ersten Jahren hatte ich ständig Fische und Zwiebelfische in den Fingern, inzwischen sind die Kästen durch Gebrauch sauberer geworden. Aber in diesem Fall, nun ja. Ich setzte das richtige Z ein und war sofort zufrieden mit dem Druckbild.

So kann eine Stunde vergehen, auch eine zweite, bevor man dazu kommt, eine Auflage zu drucken. Mal werden lange die Buchstabenabstände immer wieder korrigiert, mal spielt einem der Druckfehlerteufel solche gemeinen Zwiebelfische in den Winkelhaken.

— Martin Z. Schröder

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Bleigefüllte Gummiroulade · 26. Mai 2008

Neulich wurde ich gefragt, ob ich mich durch die technischen Grenzen des Bleisatzes eingeschränkt fühlen würde. Ich antwortete darauf, daß der Bleisatz in den vergangenen Jahrhunderten den Reichtum seiner Möglichkeiten gezeigt hätte und auch mit dem Foto- und digitalen Satz die Schönheit der Werke von Gutenberg und Manutius nicht zu übertreffen seien.

Typografische Meisterschaft kann durch Reichtum technischer Möglichkeiten sogar erschwert werden. Wer nur eine Schrift zur Verfügung hat, wird sich auf das Studium dieser konzentrieren müssen und alle Möglichkeiten ihrer guten Anwendung aus ihr herauskitzeln. Die Vergangenheit des Bleisatzes hat es gezeigt, bis weit in unsere Zeit hinein, ich erinnere an Giovanni Mardersteig und seine Schrift Dante, deren Satz er zur Meisterschaft trieb.

Die berühmtesten mittelalterlichen Druckereien, in denen die Schrift auch geschnitten und gegossen wurde, verfügten nicht einmal über die Varianten der Werkstatt späterer Drucker, sie kamen mit einer Type in ganz wenigen Größen aus. Die Werke gelten bis heute als Meisterleistungen des “Designs”.

Die geläuterte reine Form eines klassizistischen Buchtitels ist ein größeres Ereignis als das Spiel mit den technischen Möglichkeiten. Aber vielleicht hilft mir dieses Spiel, eine klassische Form immer mehr zu schätzen. Die Möglichkeiten des Bleisatzes zu verspielten Formen sind keine geringen. Die Vielfalt der typografischen Formen wurde in den letzten Jahren, nach dem Vergehen des Bleisatzes, in der Qualität nicht vergrößert, nur quantitativ verbreitert; manche geübte Hand, das räume ich gern ein, hat mit digitaler Technik Meisterwerke geschaffen, die sich allerdings in der Konvention bewegen, denn Typographie braucht wenig Schöpfertum, weil sie eine konventionelle Handwerkskunst ist, die dem Leser dient und ihn nicht bevormundet. Im 21. Jahrhundert aber wurde noch kein Beitrag geleistet, der mir wesentlich das bisherige an dienender Leistung zu übertreffen scheint, und mit den Techniken der Fotografie und den Befreiungsströmungen der Kunst wurde schon im frühen 20. Jahrhundert schöpferisch alles geleistet, was bis heute denkbar ist. Mag die Brillanz von Wiedergabe sich verstärkt haben, das Spiel mit den Effekten fülliger geworden sein, meistens steht man bei dem, was heute Design geheißen wird, vor einem plattgedrückten Haufen Kehricht, der frech darum wirbt, um jeden Preis den Besitzer zu wechseln. Die Ausnahmen, die Perlen, die gut gemachten Bücher etwa oder auch Magazine, wie sie manche Verlage in zeitgemäßer und zugleich guter Manier herstellen, stellen schon eine Art Trotz dar, weil sie mangels breiter Wertschätzung, überhaupt der Fähigkeit dazu, nur wenig Würdigung finden.

Soviel zur Einleitung für die geduldigen unter den Lesern, die ich um Verzeihung für meine Anwandlung bitte. Jetzt zu einer technischen Spielart, die man meines Wissens bislang nirgends erklärend festgehalten hat:

Heute möchte ich eine selten eingesetzte Satztechnik zeigen: den Spiralsatz. Während man eine Kreisform auch mit gebogenen Metallregletten bauen kann, wenn die vorgefertigten Blei- und Messingformen nicht zur Verfügung stehen, ist man beim Spiralsatz mit mehr Flexibilität besser bedient. Ich setze dafür Gummiregletten ein, die ich vor Jahren erwarb bei der heute nicht mehr bestehenden Schriftgießerei und Messinglinienfabrik Wagner, die sich später Letternservice Ingolstadt nannte und auch Werkzeug verkaufte. Den Umgang mit diesen Gummiregletten, die von der Rolle auf das erforderliche Maß zugeschnitten werden, habe ich erfunden, weil ich solcherlei weder in meiner Lehrzeit lernte noch Anweisungen dazu in Büchern fand.

Zuerst lege ich die gesetzte Zeile aus dem Winkelhaken auf einer Holzleiste ab, daneben lege ich das Gummiband aus. Es muß deutlich länger sein als die Zeile, weil sich beim Einrollen die Zeile verlängert durch die vielen spitzen Winkel der eingedrehten Lettern. Von der Leiste wird die Zeile auf die Gummireglette geschoben. Mit der rechten Hand drücke ich die Zeile gegen die Rollrichtung, mit der linken rolle ich eine Roulade. Es wird mit ruhiger Hand aber zügig gerollt, wobei auf die Parallelität zu achten ist. Die fertige Rolle wird gesichert, am besten mit einem Gummiband, und in die Schließform gestellt. Wenn sie von Satzelementen eng umschlossen ist und unter leichtem Schließen der Form, kann das Halteband entfernt werden. Dann werden die verbleibenden Räume mit Blindmaterial, also allem, was nicht druckt, so geschlossen, daß die Form Halt hat.

Im nächsten Schritt müssen die Buchstaben einzeln ausgerichtet werden. Da sie sehr fest stecken, geht das nur mit einer kleinen Pinzette. Man muß fest und mit Gefühl zugreifen, damit die Pinzette nicht abrutscht und die Schriftbilder nicht zerkratzt. Winzige Kartonspäne geben den Buchstaben halt und bestimmen den Drehwinkel der einzelnen Letter. Auf dem Foto mit der Spiralform sind die Kartonspäne vom Abwaschen der roten Druckfarbe eingefärbt. Die Doppelseite zeigt das druckreife Bild mit der eingebauten Spriale. Diese Arbeit ist sehr langwierig. Man könnte es bis zur Perfektion treiben und jeden Buchstaben exakt ausrichten, ich finde ein bißchen Unordnung in einer solchen eingedrehten Lockenzeile aber recht charmant.

Hier ist die rote Seite an ihren Platz neben die schwarze eines früher gedruckten Bogens gelegt zu sehen. Das folgende Foto zeigt: Auf der linken Seite stehen einige Zeilen aus der Schrift Solemnis, die ich hier bereits ausführlich besprochen habe. Im Katalog der Schriftgießerei Berthold wurde die Solemnis zur Walbaum gestellt, diese Schriftmischung und auch die Farbkombination schwarz/rot habe ich im „Atlas van de nieuwe Nederlandse vleermuizen“ von Max Goldt wiederholt. Links Solemnis in rot, rechts Walbaum schwarz gedruckt. Eine optimale Schriftmischung mit der Solemnis ist nur durch weitere Kontraste zu erreichen, also das Stellen in eine zweite Farbe, einen deutlichen Unterschied der Schriftgröße und einen räumlichen Abstand. Hier also links freigestellt in rot Solemnis, rechts der Fließtext dazu in schwarz. Darunter ein Foto aus dem Schriftmusterbuch der Gießerei Berthold. Beide Schriften, sowohl die Walbaum als Nachschnitt als auch die Solemnis als neue Schöpfung, sind von Günter Gerhard Lange, über den ich hier ebenfalls schon Mitteilungen gemacht habe, gezeichnet worden.

Nicht vorenthalten wollte ich meinem verehrten Publikum den Probetext aus dem Schriftmusterbuch über den Vorzug „sehr“ verschiedener Tische, den wichtigsten und gefragtesten Möbelstücken – im Sonderangebot!

— Martin Z. Schröder

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Andruck des Haupttitels · 4. Mai 2008

Diese Bilder zeigen den ersten Andruck des Haupttitels: “Atlas van de nieuwe Nederlandse vleermuizen”. Als ich den gestern aus der Maschine gezogen, die Druckform herausgenommen und gereinigt hatte, hab ich die Korrekturen für den nächsten Tag angezeichnet, das Licht ausgemacht und bin gegangen. Wenn man müde wird, arbeitet sich sowieso nicht gut. So mies sieht das also aus, was ohne jede Einstellung und unkorrigiert aus der Presse kommt. Jetzt beginnen erst die Satzkorrekturen, dann die Zurichtung der Druckform und die Einstellung der Farbe. Der eiserne Rahmen mit dem Schriftblei und den Eisen- und Bleistegen wiegt an die zehn Kilo und muß etliche Male rein in die Maschine und wieder raus aus der Maschine. Etliche Male wird die Form mit dem eisernen Schlüssel geöffnet und wieder geschlossen, wird gebürstet und werden mit dem Klopfholz alle druckenden Elemente auf eine Höhe geklopft. Etliche Male wird das Schwungrad angezogen und stellt sich der Drucker auf das Pedal. Allein das Einrichten der Form für zwei Buchseiten kann sich mit so alter Technik stundenlang hinziehen und die Arme lang machen, wenn es sich um eine komplizierte Druckform handelt.

Hier muß erst einmal der Setzer noch einiges tun. Der Titel ist zweifarbig angelegt, schwarz und rot, in der Form sind aber noch alle Elemente enthalten. Was später rot gedruckt wird, entferne ich aus der Druckform, wenn typografisch alles steht, wo es stehen soll. Die Typographie des Titels erkläre ich, wenn er zweifarbig gedruckt vorliegt. Das zweite Bild zeigt die auszuführenden Korrekturen auf dem Haupttitel: Der Raum zwischen Rahmen und erster Zeile wird um 2 Punkt (= 2 × 0,376 mm) verringert, dieser Raum wird wie angegeben im Text verteilt. Die zweite (kursive) Zeile des aus der Walbaum gesetzten Titels muß noch fertig ausgeglichen werden. Auf dem dritten Foto ist die Buchstabenfügung LA zu sehen und welch große Lücke diese Letternfolge in die Zeile reißt. Das Foto danach zeigt das Wort VAN; hier ist der Raum zwischen V und A der natürliche im Bleisatz, kein Spatium liegt dazwischen. Und zwischen A und N liegen 2 Punkt. Geringer als mit 2 Punkt zwischen zwei Lettern mit geringem Weißraum kann ich also nicht ausgleichen; das wollte ich erst prüfen, um sicherzugehen, daß die Zeile nicht zu breit wird und mein Entwurf hinfällig.

Auf dem Foto BERLIN | MMVIII ist ein druckerischer Mangel zu sehen im Bild der Linie. Der Linienrahmen ist aus Teilen zusammengesetzt, die freilich bei geringsten Verkantungen nicht gut ausdrucken. Die erste Maßnahme wird sein, die Linien noch einmal gründlich auf Höhe zu klopfen, wobei oben erwähntes Klopfholz aufgelegt und mit einem Hämmerchen leicht beklopft wird. Bedeutende Gefühlssache, der Spaß, denn Klopfen kann auch in der Form an anderer Stelle Buchstaben hoch- und Zeilen auseinandertreiben. Die Form muß leicht geschlossen werden, also seitlich unter Druck gesetzt, damit das nicht passiert. Wird schon zu kräftig geschlossen, erbringt das Klopfen nichts. Auch wird der Drucker die geschlossene Form anheben und auf der Unterseite nachschauen, ob kein Krümel ein druckendes Element unzulässig anhebt.

Dieses Foto zeigt einen sogenannten Spieß. So nennt man das Druckbild von Spatien, also den kleinen Teilen zwischen den Wörtern, die eigentlich nicht mitdrucken sollen, das aber doch tun. Da muß der Drucker hergehen und das Teil herunterdrücken, möglichst mit dem Fingernagel; wenn die stählerne Ahlenspitze eingesetzt wird, dann mit Feingefühl. An diesem Spieß ist zu sehen, daß zwischen den Wörtern mehr als nur ein Spatium liegen muß. Die Wortzwischenräume der Zeile wurden erweitert, um genau die typografische Form zu erhalten, die nun auf dem Abzug steht. Auch die linke Seite, im Büchlein wird es die Seite 30, bekommt eine rote Ergänzung.

Jetzt fehlen noch vier Druckgänge, davon zwei in rot, dann wird der Inhalt des Büchleins fertig gedruckt vorliegen, die Arbeit an den beiden Umschlägen wird dann beginnen.

Eingetroffen sind die neulich angekündigten Anstecker in dunkelblau und orangerot mit dem großen Eszett und dessen Code im digitalen Setzkasten. Sie stecken in Tütchen, damit die Oberfläche vor Kratzern bewahrt wird. Eines ist für 4 Euro inkl. Briefversand (innerhalb Deutschlands) zu haben. Solange Vorrat reicht.

— Martin Z. Schröder

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Zwei gebrochene Schriften · 5. April 2008

Auf diesem neuen Druckbogen des Atlas van de nieuwe Nederlandse vleermuizen von Max Goldt, der die Seiten 5 und 26 trägt und den ich am Freitag gedruckt habe, sind zwei gebrochene Schriften zu sehen, die ihre Bezeichnung den eckig statt rund wechselnden Schreibzügen verdanken. Links die Sinkwitz-Gotisch in 2 Cicero (24 Punkt), rechts die Unger-Fraktur in Korpus (10p) zusammen mit vier Graden der lichten Futura und vier Buchstaben Walbaum-Antiqua in Borgis (9p).

Die linke Seite des Druckbogens zeigt die Seite 26 des Büchleins, wo sich nur ein Teil des gesamten Textes findet, der später auf Seite 27 fortgesetzt wird. Die Sinkwitz-Gotisch wurde 1942 von der Schriftguß AG Dresden erstmals gegossen und später von der DDR-Firma VEB Typoart geliefert. Paul Sinkwitz (1899–1981) hat sie geschaffen. Diese Schrift zeigt nicht die Merkmale der brachial “versachlichten”, charakterlosen, schwunglosen, klobigen Gotischen, die das gebrauchsgrafische Bild des Nationalsozialismus geprägt haben und von den Schriftsetzern “Schaftstiefelgrotesk” genannt wurden, weil sie bildlich nichts anderes vermochten als zu stampfen. Sinkwitz, Dresdner Maler, Grafiker, Holzschneider, war stärker an religiösen Themen als an Propaganda interessiert. Aber auch seine Interpretation einer gotischen Schrift zeigt moderne Züge, ohne daß die Schrift dadurch häßlich werden mußte. So wie Sinkwitz oder Zeitgenossen wie Georg Trump mit der Trump-Deutsch (1936/37), E.R. Weiß mit der Weiß-Gotisch oder Rudolf Koch 1931 mit der Peter-Jessen-Schrift oder Ernst Schneidler mit der Ganz groben Gotisch (1930) und zvor Heinrich Wieynck mit der Wieynck-Gotisch (1926) konnte man es eben auch machen, wenn man eine Gotische neu und zeitgemäß formen wollte.

Wenn die Sinkwitz-Gotisch allein in einer kurzen Zeile steht, verströmt sie wenig Reiz. In der Kolumne aus mehreren Zeilen entsteht ein dunkles holzschnittartiges Bild, dessen Starrheit durch kalligraphische Zierden fließender wird, beispielsweise in der Minuskel a. Einige sonst in gebrochenen Schriften üblichen Ligaturen fehlen, beispielsweise ff, sind aber auch nicht nötig wegen der schmalen Formen.

Auf der rechten Seite wollte ich meinem Spieltrieb keine Zügel anlegen. Das Bild illustriert den Text. Der Bus stammt aus einer Sendung meines Lieferanten, die erst vor wenigen Tagen eingetroffen ist. Dieses Zeichen wurde früher für den Satz von Fahrplänen verwendet. Die Kreise und Linien sind Lettern aus der Lichten Futura, und den Windzug darüber habe ich aus einem bleiernen Federzug eingefügt. Auf den beiden Fotos von Druck und Druckstock sind die Beschädigungen zu sehen, die der Bleiguß erlitten hat (bevor er in meinen Besitz gelangt war). Ich habe dieselbe Form zwar noch als unbeschädigten Druckstock, aber satztechnische Patina hat auch ihren Reiz. Kreise und die baumstammbildende Linie sind also Typen aus der Schrift. Schrift besteht aus Formen, die in anderen Zusammenhängen keine Buchstaben mehr sind. Eine Schrift ohne Serifen und mit gleichbleibender Strichstärke verliert, aus dem Zusammenhang genommen, schnell die Merkmale einer Schrift. (Gelesen wird sie als Bild übrigens dennoch.) Der holprige Waldboden, über den der Bus fährt, besteht aus Teilen einer Schmucklinie, aus der gewöhnlich Rahmen gebaut werden. Daß die Linienstücken so schlecht ausdrucken, ist ihrem Alter geschuldet. Ich habe absichtlich darauf verzichtet, das Druckbild durch Zurichten zu verbessern, also beispielsweise Seidenpapier unter den Fuß der Lettern zu heften, weil mir die Unregelmäßigkeit passend erschien. Das Bild hätte man noch ausbauen können. Punkte und Kommas beispielsweise hätten hinter dem Bus zu einem Wölkchen angeordnet werden können. Die Phantasie stößt nur an technische Grenzen …

Auf der Seite kommen drei Schriften zusammen. Die Blickfänge sind aus der lichten Futura gesetzt, die einen größtmöglichen Kontrast zur Unger-Fraktur bildet. In der Abkürzung ÖPNV, auf dem Foto zu sehen, ging es nicht zum Kontrastbildung, sondern um Lesbarkeit. Selbst wer Fraktur flüssig liest, wird bei reinem Versalsatz in Stolpern geraten. Deshalb ist die Abkürzung aus einer Antiqua gesetzt. Mit der klassizistischen Unger-Fraktur harmoniert die klassizistische Walbaum-Antiqua.

Das letzte Bild zeigt den in Blei gegossenen Blumenschmuck, den ich zur Sinkwitz-Gotisch gestellt habe. Woher weiß man, welches Ornament zu welcher Schrift paßt? Für alle Elemente, ob Schrift oder Zierstück, gilt immer: entweder im Duktus bleiben oder deutliche Kontraste setzen. Blumenschmuck in der gotischen Kirche ist ein deutlicher und schöner Gegensatz.

— Martin Z. Schröder

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Schmalhalbfette durchrütteln · 28. März 2008

Wieder zwei Seiten Max Goldt gedruckt: Die Überschrift des Textes, dessen Gestalt zu entwerfen war, forderte heraus: „Das Unverrüttelbare“. Ich habe den Text aus der schmalhalbfetten Futura gesetzt, als Block mit drei verschiedenen Satzbreiten, dann die Zeilenzwischenräume entfernt, ihn also kompreß gesetzt (im Gegensatz zu splendid). Der Block steht auf einer Linie, diese balanciert auf einem Kreis, siehe Foto. Daneben eine zeigende Hand, die es im Bleisatz in verschiedenen Größen gibt und in verschiedenen Ausführungen der zahlreichen Gießereien, welche dieses Symbol für den Fingerzeig im regelmäßigen Angebot führten. Die beiden comic-artigen gerundeten Strichlein neben dem Kreis sind Klammern von zwei Graden der dreiviertelfetten Futura. Schließlich habe ich den Text ordentlich durchgerüttelt, denn was ist schon unverrüttelbar? Hoffentlich ist der Autor nicht gekränkt! Zwecks Durchrütteln habe ich innerhalb des Textes Blindmaterial zwischen die Zeilen gestopft, einige Quadraten in der Stärke von ein und zwei Punkt und etwas Ausschluß aus dem Setzkasten, nur die erste und letzte Zeile habe ich nicht angerührt, um die Blockform in den Umrissen nicht zu beeinträchtigen. Am besten erkennt man die Technik des Durchrüttelns, wenn man sich die Druckform von unten anschaut, also die Füße der Lettern.

Einst als Lehrlinge haben uns die Bezeichnungen der Schriftschnitte amüsiert, wir haben sie auf Menschen angewendet: gewöhnlich, mager, zart, schmalmager, halbfett, schmalhalbfett, dreiviertelfett, schmalfett, fett, extrafett, breit, breitfett usw. Kennt jemand ungewöhnliche deutsche Bezeichnungen von Schriftschnitten?

Die zweite Seite ist Teil eines doppelseitigen Textes, der erst im Ganzen funktioniert, ich zeige auf dem Foto nur einen kleinen Ausschnitt des Satzes aus der Walbaum, ein besseres Foto gibt es sicherlich später von der wirklichen Doppelseite im fertigen Buch. In den Ostertagen konnte ich endlich eine Menge Satz ablegen, also Druckformen auseinandernehmen und die Lettern zurück in ihre Setzkästen sortieren. Und nach Ostern prasselten wie nach Verabredung lauter eilige Druckaufträge herein. Deswegen bleibe ich dieser Tage etwas wort- und bildkarg.

— Martin Z. Schröder

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Eine klassische Geburtsanzeige · 1. März 2008

Die schönste Familienanzeige ist die einer Geburt: freuderfüllte Eltern geben offiziell den Namen und das Datum eines neuen Menschen bekannt. Das verheißt Freude und Hoffnung.

Die stärkste Kraft entfaltet die bloße Mitteilung dieses Ereignisses, und so ist der dem Geschmack verpflichtete Typograf und Drucker gehalten, diese frohen Botschaft in eine Form zu geben, die sich nicht vor die Mitteilung selbst drängt. Die Anzeige sollte kein Füllhorn bilden, das mit Dank, Freude und Hoffnung zum Überlaufen gebracht wird. Allein der Name des Kindes, ein nur kurze Zeit zurückliegendes Datum bilden schon ein Versprechen. Und gibt ein zurückhaltender Entwurf dem Empfänger des Sendschreibens nicht erst den nötigen Raum, eigene Hoffnungen und Phantasien zu entwickeln?

Früher, als es noch keine Copy-Shops gab, geschweige Computer zu Hause, bot jede Akzidenzdruckerei einen Standardentwurf an. Der Setzer änderte nur noch Namen und die Maßangaben des Babys. Der Kunde war dem Geschmack des Druckers ausgeliefert, wenn er nicht nach einem eigenen Entwurf arbeiten lassen wollte.

Diese Tradition lassen wir wieder aufleben. Unsere Kunden können sich unseren Vorstellungen von einer klassischen Geburtsanzeige ausliefern. Ich würde allerdings für einen so klassisch geratenen Entwurf jederzeit ein Geschmackssicherheitszertifikat ausstellen.

Der Entwurf: Die erste Zeile mit den Namen der anzeigenden Personen, welche in der Regel die Eltern sind, wurde aus Versalien der Schrift Walbaum gesetzt, die 1803 erstmals gegossen wurde. Schriftgrad: Korpus (10p). Justus Erich Walbaum hat sie entworfen, sie zählt zu den schönsten klassizistischen Schriften und erfreut sich bis heute auch in digitaler Form großer Beliebtheit.

Das figürliche Ornament hat mein Kollege, der Grafikdesigner Frank Ortmann gezeichnet. Wir haben überlegt, was ein klassisches Symbol für ein mitteleuropäisches Kind sein könnte. Klappern, Rasseln, Teddybären wurden wegen zu starker Verniedlichung verworfen, denn kleine Kinder sind zwar sehr niedlich, aber die Anzeige soll nicht mit dem Baby in quietschende Konkurrenz treten. (Ratsam ist es, der Sendung zwecks originaler Niedlichkeit eine Fotografie des Kindes beizufügen, dafür sollte allerdings ein paar Tage gewartet werden, sofern das Kind zu der großen Zahl Menschen gehört, die etwas zerknittert auf die Welt kommen, sich aber schnell glätten bis zum Mattglanz.) Das Schaukelpferd wird von Mädchen wie Jungen gern in Dienst genommen, und es erfreut sich seit langem großer Beliebtheit. Wie kunstvoll gedrechselt sind Schaukelpferde gelegentlich in Museen zu bestaunen! So fiel unsere Entscheidung. Nur auf die Stupsnase unseres gezäunten jungen Pferdchens als Zugeständnis an die Niedlichkeit bestand Herr Ortmann gegen meine Einwände. Recht hat er! Von der Reinzeichnung wurde eine Magnesiumätzung angefertigt, die sich zusammen mit der Schrift drucken läßt.

Der Name wurde aus der Walbaum im Schriftgrad Mittel (14p) gesetzt, die Angaben darunter aus der Walbaum kursiv Borgis (9p). Wer es für indiskret hält, die Daten zur Berechnung des Body-Mass-Index’ des Kindes zu vervielfältigen, kann an diese Stelle ebenso einen Spruch, einen Psalm, ein freundliches Wort setzen. Unten links in einer Zeile wurde eine Adresse für Glückwünsche aus der Walbaum Petit (8p) hinzugefügt.

Wenn Sie eine Klappkarte oder einen eigenen Entwurf bevorzugen oder gedruckte Kuverts (von denen Sie für weiteren Gebrauch kostengünstig eine größere Anzahl drucken lassen könnten), unterbreiten wir Ihnen gern ein Angebot.

Das Pferdchen läßt sich in einem gesonderten Druckgang auch farbig zum Text stellen. Und dann kann man damit sogar ein wenig prägen, weil Magnesium ein widerstandsfähiges Metall ist.

— Martin Z. Schröder

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Walbaum & Grandezza aus wippender Klapp-Bewegung · 23. Januar 2008

Gestern habe ich wieder einen Bogen für das neue Büchlein von Max Goldt gedruckt. Eine sehr klassische Arbeit diesmal, ganz in schwarz nämlich und typografisch konservativ. Jeder Druckbogen besteht aus zwei Buchseiten, diesmal also links Teil 1 eines Textes im Dramensatz in der Schrift Walbaum, rechts ein abgeschlossener Text aus der Grandezza gesetzt.

Die Walbaum entstand um 1800 und lag spätestens 1803 vor; die Grandezza wurde 1904 erstmals gegossen. 100 Jahre liegen also zwischen diesen beiden Schriften. Ich habe an anderer Stelle schon über die Walbaum geschrieben, das läßt sich im Register am Fuß dieser Website finden. Ich gebe nur noch einmal meiner Bewunderung Ausdruck: Die zarte, zurückhaltende Vornehmheit der mageren Walbaum und die Eleganz und der leicht spielerische Charakter der Kursiven lassen mich immer wieder den Atem anhalten, wenn ich den ersten guten Bogen aus der Maschine nehme. Und eine Buchseite, ein längerer Text gibt einen ganz anderen Eindruck als eine Akzidenz. Hier gelangt eine Schrift erst zu ihrer Bedeutung als Trägerin von Gedanken. Sie zeigt, wie sie einen Lesefluß entstehen lassen kann, wie sie das Auge führt, wie sie hinter den Gedanken zurückzutreten vermag, um ihm durch stilles Wirken Kraft zu verleihen. Die Walbaum ist in dieser Funktion viel weniger zurückhaltender als eine Renaissance-Schrift, also beispielsweise die Garamond, die wir aus Büchern kennen, oder die Times, die am Computer oft benutzt wird, weil sie in Textverarbeitungsprogrammen als Standardschrift eingestellt wurde. Renaissance-Schriften strahlen keinen solchen Stolz aus, sie sind nicht hochfein und erhaben. Die Walbaum hat eine enorme gebieterische Kraft, die sie aus ihren schlichten geraden und scharfen Grundformen schöpft. Im Buchdruck mit Bleilettern wird dieser Eindruck verstärkt, gerade wenn die Buchstaben nicht mehr perfekt sind. Ich habe darauf verzichtet, Typen mit abgebrochenen Serifen auszuwechseln, die Schrift ist eben schon sehr alt und wurde viel benutzt. Aber wie der Ruine eines Tempels vermag der Zahn der Zeit die Strahlkraft einer Walbaum nicht zu mindern. Eher heischt sie noch mehr Bedeutung. Beurteilen kann man das anhand der Fotos, hier zumal nur in Ausschnittvergrößerungen, kaum. (Auf dem vergrößerten Foto des sauberen Druckes erscheinen sogar Zurichtungs-Schwächen der Schrift wie der zu weite Abstand zwischen den Buchstaben a und ß in dem Wort Daß. In der Originalgröße fällt das nicht auf.)

Diese Buchseite in ihrer Schlichtheit und Unaufdringlichkeit und ihrem Stolz ist jetzt gerade meine liebste. Ich habe die Seite aufwendig zugerichtet für ein gleichmäßiges Druckbild. Eher etwas zu wenig Farbe als zu viel, so daß sie drucktechnisch wirklich einem alten Buch gleicht. An dieser Stelle erwähne ich als Drucker noch einmal das Papier von Arjowiggins: das Popset ist nicht gerade spiegelglatt, es hat kaum Glanz auf der Oberfläche, aber es bedruckt sich phantastisch. Für den Buchdruck muß ein Papier eine gewisse Glätte und eine gewisse Weiche haben. Die Typen sollen gleichmäßig die Farbe auftragen ohne zu prägen, damit der sogenannte Widerdruck (der Druck der Rückseite) nicht durch Prägespuren beschädigt wird. Ich bin froh, daß ich bei diesem Papier geblieben bin, auf dem schon das erste Buch von MG vor zehn Jahren entstanden ist.

Auf dem Foto mit den Korrekturen sieht man einen Ausschnitt der zweiten Seite desselben Textes. Im Dramensatz habe ich die Namen der sprechenden Personen aus Versalien der kursiven Walbaum in Petit (8p) gesetzt, die Regieanweisungen in kursiver Borgis (9p) und den eigentlichen Text, das gesprochene Wort, in Korpus (10p).

Die Grandezza, die im fertigen Buch durch die Bindung nicht neben der Walbaum stehen wird, auch wenn sie zusammen mit ihr gedruckt wurde, entstammt einem gänzlich anderen Gedanken. Sie ist sicherlich nicht für längere Texte geschaffen worden. Es ist vielleicht eine Schrift für Verlobungsanzeigen, überhaupt für heitere feierliche Anlässe mit ihren übermäßig, fast affig verschnörkelten Versalien und ihren ungewöhnlich zierhaften Kleinbuchstaben wie dem f und dem s, die durch ihren runden Kopf wie Hirtenstäbe aussehen. Ihren Reiz bezieht sie heute vor allem aus ihrer Geschichtlichkeit. Während die einhundert Jahre ältere Walbaum aus dem Grafikdesign unserer Zeit nicht wegzudenken ist und man ihr getrost eine lange Zukunft prophezeihen kann, bleibt die Grandezza eine barock aufgebrezelte Modeschrift einer kurzen aber kräftigen Epoche des Späthistorismus. Wir nehmen sie viel stärker als historisch war als etwa die Walbaum, die doch die ältere der beiden ist. Die Grandezza verleiht jedem Text ihre eigene Note, sie tritt nicht hinter den Text zurück. Wenn man eine Lesung dieses Büchleins in der Beletage eines Gründerzeithauses veranstalten möchte, kann man die Einladung stilecht aus der Grandezza setzen. Deshalb ist sie übrigens auch für diesen einen Text des Goldt-Büchleins so gut geeignet. Die Sprache, die Max Goldt hier als Kunstmittel einsetzt, wirkt schon überkommen, obwohl sie noch in Gebrauch ist.

In ihrem Duktus ist sie eine kunsthandwerklich gut gemachte Schrift. Sie wirkt auf dem Druckbogen im längeren Text gleichmäßig, die Schnörkel der Versalien sind so fein, daß sie sich ausgezeichnet in das Gesamtbild einfügen und nicht etwa als Kleckse hervortreten. Die Zurichtung, also die Festlegung der Abstände zwischen den einzelnen Buchstaben, ist ausgewogen. Die Ligaturen hat man mit Zartgefühl an die Zurichtung angepaßt. Ich habe schon viele gebrochene Schriften gesehen in weniger guter Qualität. Die Grandezza ist also heute ein vor allem historisches Schmuckstück, sie hat historischen und handwerklichen Wert, künstlerisch ist sie lapidar und wird keine Renaissance erleben, wenn nicht eine Mode sie eines Tages aufgreift. Einen sehr hübschen und auch passenden Namen hat sie freilich.

Das Drucken ist übrigens wirklich schweißtreibend. Für einen Bogen muß ich fünfmal das Pedal treten, so lange braucht die Presse für einen Druckgang. Dabei bewege ich, unterstützt vom sausenden Schwungrad, einige hundert Kilo Eisen, die über Zahnräder und Wellen eine wippende Klapp-Bewegung ausführen. (Das nebenstehende Foto von Rijko L. Jeschke ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht anderweitig verwendet werden. Alle anderen Bilder hier, das sei bei dieser Gelegenheit angemerkt, sind unter einer Creative Commons-Lizenz lizenziert.) Für 600 Bogen habe ich genau eine Stunde gebraucht, mal mit rechts tretend, mal mit links. Alle 100 Bogen ungefähr habe ich den Farbauftrag korrigiert und einen Stapel weggetragen, damit kein zu hoher Druck im Stapel entsteht und Farbe nicht auf die Rückseiten abzieht. Ein Liter Mineralwasser ging drauf, den muß ich noch in die Preiskalkulation einarbeiten!

— Martin Z. Schröder

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Dem König wahrhaft untertan · 28. November 2007

Kommt ein Herr in die Offizin. (Das Wort Offizin kommt von „opificina“, dem Ort, „wo die Werke gemacht“ werden. Erhalten hat sich der Begriff für Apotheken und Druckwerkstätten.)

„Guten Tag!“

„Guten Tag!“

„Bitte drucken Sie mir eine Visitenkarte. In die Mitte hätte ich gern meinen Namen. Ihre Schrift Walbaum, die ich im Internet entdeckte, gefällt mir ausnehmend gut.“

„Gern.“

„Darunter meine Adresse und so weiter. Die Ziffern dieser Schrift, die wie heißt …?

„Garamond.“

„… also der Garamond, die hier gerade meinem Auge schmeichelt, erscheinen mir so recht hübsch und zierlich und besonders geeignet, meine Handynummer sowohl schmuckvoll als auch gediegen und lesbar darzustellen, bitte verwenden Sie diese Schrift.“

„Mein Herr, gestatten Sie mir den Hinweis, daß diese Schriftmischung ungeeignet ist. Während die Garamond als eine Mediäval-Antiqua das geschriebene oder gemeißelte Vorbild nachzuahmen versucht, zeigt die Jahrhunderte später entstandene Walbaum die Zeichen der vollständig gravierten Type. Freilich ergeben sich gelegentlich Möglichkeiten für eine schöne Verbindung dieser beiden Stilprinzipien, beispielsweise indem ein großes Initial oder Monogramm aus der geschnittenen Form einem Text aus der geschriebenen beigesellt wird. Aber zwei Zeilen einer Visitenkarte können wir auf diese Art kaum vereinen.“

Diese Art von Gespräch führe ich gelegentlich. Der Drucker muß darauf achten, den Ruf seiner Werkstatt nicht durch Willfährigkeit zu schädigen. Das unterwürfige „Wir machen es so, weil der Kunde es so will.“ ist kein Zeichen von Dienstbarkeit gegenüber dem Auftraggeber, sondern von Gleichgültigkeit gegen die eigene Tätigkeit und weist auf kurzsichtige Gewinnsucht hin, den Nachteil des Kunden hinnehmend. Denn es würde die Drucksache weitergetragen und könnte in die Hände eines Menschen mit kundigem Auge gelangen. „Wo haben Sie DAS denn drucken lassen!“ riefe dieser aus, und der Name des Druckers würde mit Recht als beschmuddelt gelten, unser Kunde wäre als Ahnungsloser bloßgestellt und käme nie wieder zu solch einem Speichellecker von Drucker. (Das Foto zeigt eine Schriftmischung aus Figaro und Legende mit, und das “geht eigentlich nicht”, Englischer Linie. Die Dogmen für Schriftmischung sind streng, und sie werden hier doch eingehalten, weil die Gesamtwirkung stimmt. Die Kontraste sind deutlich und konkurrieren nicht diffus: Serifenbetonte große Type gegen kleinen Pinselstrich gegen Federzug einer Linie. Nicht zur Pinselschrift passen würde beispielsweise die zur Linie gehörende Englische Schreibschrift, die auch mit der Spitzfeder geschrieben wird.)

Den Kunden als König anzuerkennen heißt auch, sein Minister, sein Ratgeber, sein Butler und Kammerherr zu sein und ihn vor dem Sturz in die Stilfalle zu bewahren. Verläßt er unter diesen Umständen das Territorium, war es kein König, sondern ein Diktator.

Das Neinsagen dient nicht nur einem Kunden, sondern allen. Es stützt den Ruf einer typografischen Werkstatt: Hier kann jeder jeden Wunsch frei äußern – solange der Typograf ihm folgt, wird kein Stil gebrochen sein und darf sich der Auftraggeber in geschmacklicher Sicherheit wiegen.

Das Neinsagen ist manchmal nicht einfach. Ich übe mich in diplomatischen Wendungen und versuche, den pädagogischen Ton kontrolliert zu halten. Man hört sich in einer Welt, in der die Belehrung als Zumutung empfunden wird, rasch wie ein Oberlehrer an. Binsenweisheitsmäßig ist Unwissen kein Makel, aber die Art, wie wir das Halten von Schule gewohnt sind aus der Institution Trichterschule, die mehr für die eigene Prüfung unterrichtet als im Sinne von Bildung, verunglimpft das Lernen und Lehren; dabei ist Belehrung auch eine der unterhaltsamsten Formen von Konsum.

Das Neinsagen wird von Handwerkern, die auf sich halten, seit jeher geübt. Albrecht Dürer schrieb an den Nürnberger Ratsherrn Michel Behaim einen undatierten Brief auf die Rückseite eines für ein Wappen benutzten Holzstockes, nachträglich datiert auf vor 1511 (in diesem Jahr starb Behaim), folgenden Wortlauts: „Lieber Herr Michell Behaim. Ich schick Euch dies Wappen wieder. Bitte lassts also beleiben, es würd Euchs so Keiner verbesseren, denn ich habs mit Fleiss künstlich gemacht. Dorum die’s sehen und verstehn, die werden Euch wol Bescheid sagen. Soll man die Läuble auf dem Helm uber sich werfen, so verdecken sie die Binden. Euer unterthäniger Albrecht Dürer.“ (Text aus „Albrecht Dürers schriftlicher Nachlass“, Julius Bard, Berlin 1908; Bildquelle: Zenodot Verlagsgesellschaft mbH)

— Martin Z. Schröder

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Heitere Ehrerbietung (vergriffen) · 23. November 2007

Gelegentlich sucht man nach einer Karte, um etwas festlicher einzuladen: Zum Schmausen oder weil im ehemaligen Rauchzimmer der China-Schrank mit den Spirituosen fast birst und leergetrunken werden MUß. (Dieses ß ist eine typolitische Demonstration, deren Transparente hier zu lesen sind.)

Oder man sucht nach einer Karte, um sich für eine Einladung zu bedanken, weil es so ein ausnehmend freundlicher Abend war. Oder man hat die Kur in Bad Wörishofen oder anderswo mit ganz reizenden Menschen verbracht und möchte ihnen dafür noch postalisch ein Kompliment übermitteln.

Was liegt näher, als Goethe zu befragen, der für all diese Anlässe freundlicherweise einen so reizenden Satz in seine “Wahlverwandtschaften” geschrieben hat, daß ich nicht widerstehen konnte, daraus eine Karte zu fabrizieren: Eine Klappkarte in Echt Bütten im Diplomatenformat, also etwas größer als die gewöhnliche Postkarte, bedruckt mit einem floralen Ornament und dem Dichter-Zitat aus der kursiven Walbaum, womit ich die neulich bereits annoncierte Schriftprobe gebe.

Eine “Lieblingsschrift” habe ich nicht. Aber jede Schrift löst andere Empfindungen aus, rührt an eine eigene Saite. Die kursive Walbaum ist eine überaus zierhafte, eigenwillige, elegante, manchmal leicht verschrobene, energische, stolze Type des Klassizismus. Der Pfarrerssohn und gelernte Konditor und spätere Notenstecher Justus Erich Walbaum, der von 1768 bis 1837 auf Erden wandelte, schuf sie, nachdem er 1796 in Goslar eine Schriftgießerei gegründet hatte. Mit dieser zog er 1803 nach Weimar. 1836 erwarb die Schriftgießerei Brockhaus die Originalmatritzen, welche 1918 in den Besitz der H. Berthold AG übergingen. Sie ist bis heute international verbreitet. In Berlin ist sie einem größeren Publikum durch ihren Einsatz in der Berliner Zeitung bekannt. Allerdings sind die digitalen Züge vom Original noch entfernt, so schön wie hier ist sie also auf Drucksachen der Gegenwart selten zu besichtigen.

Ich habe nur eine kleine Auflage gedruckt, 200 Stück, eine Nachauflage wird es nicht geben. Die Farben sind von Hand gemischt: ein dunkles Braun zu einem rötlich angehauchten dunklen Blau. Das Farbverhältnis habe ich aus der Farbenlehre von Paul Renner geklaut, die ich hier im Blog am 16ten Oktober erwähnte (auch im Stichwortverzeichnis am Fuß der Seite unter farbenlehre zu finden).

Auflage: 200 Stück AUSVERKAUFT

Preis pro Karte: 2,45 Euro inkl. Kuvert Echt Bütten mit grauem Seidenfutter und inklusive gesetzl. MWSt., zuzügl. Versand

Bestellung: per Brief oder E-Mail an eine der unter Kontakt angegebenen Adressen.

— Martin Z. Schröder

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Beinahe unterwürfig · 19. November 2007

Auch heute eingangs ein Hinweis: Dem Text Eine Klingelleiste ins Mittelalter vom 4. November hat mein Bleisatz-Lieferant einen lesenswerten Kommentar angefügt. Ich empfehle den Blog-Abonnenten, auch die Kommentare zu abonnieren.

Manchmal kommen Besucher in meine Offizin und fragen gezielt:

Haben Sie die Times? Haben Sie die Arial? Haben Sie eine venezianische Antiqua mit einer deutlich geschwänzten Majuskel R?

Könnt ich sagen: Nein, nein, nein! Aber ein Dienstleister quält sich, wenn er dieses Wort sagen soll. Also erkläre ich, vielleicht etwas umständlich, wie so eine Bleisetzerei funktioniert:

Schauen Sie, diese Regale dort tragen die Setzkästen. Kommen Sie ruhig näher, nur bitte nichts anfassen ohne zu fragen, man kann hier viel unbeabsichtigt einreißen. Also in so einem Setzkasten liegt eine Schrift. Wenn ich eine Schrift sage, meine ich hier: Eine bestimmte Schrift in einem bestimmten Schnitt in einem bestimmten Grad. Also hier beispielsweise Garamond (in der Klassifikation von Schriften nennt man sie nach ihrer Herkunft französische Renaissance-Antiqua) mager (im Unterschied zu fett) in Korpus (das ist der Name für den Schriftgrad von 10 Punkt). Und in diesem Regal sind ungefähr 15 Setzkästen. Darin liegt dieselbe Schrift in anderen Größen: Garamond mager Petit (8p), Garamond mager Cicero (12p) usw. Und in einem weiteren Schnitt, dem kursiven.

Garamond in halbfett und fett habe ich nicht, weil es in der Renaissance keine fetten Schriften gab und ich die später in fett geschnittenen Typen dieser Klasse nicht für gelungen halte.

Hier stehen zwei Regale, darin liegt nur Walbaum. In mager, kursiv und halbfett in diversen Größen. Es gibt Schriften, die haben deutlich mehr Schnitte. Beispielsweise die Futura. Ich habe nur einige Schnitte in ausgewählten Größen: schmalmager, mager, Buch, schmalhalbfett, dreiviertelfett. Halbfett und Fett und die breiten Schnitte fehlen bislang. Dafür sind zwei Raritäten vorhanden: die Steile Futura und die lichten Versalien.

Sie sehen also, wieviel Platz ich für eine Schrift benötige. Dazu hindert auch der Preis an uneingeschränkter Beschaffung. Bleischriften kauft man nach Gewicht. Ein Kilo Neuschrift kostet knapp 100 Euro. In einem Setzkasten können bis zu 15 Kilo Schrift liegen. In einem Regal können bis zu 15 Setzkästen stecken mit liegender Schrift und 15 weitere sogenannte Steckschriftkästen (für größere Grade), die schwerer sind, deren Inhalt aber einen geringeren Kilopreis hat.

Während ich so spreche, rechnen meine wirtschaftskundigen Besucher im Kopf mit und erkundigen sich, wie lange eine solche Schrift denn hält. Darauf kann ich wenig erwidern, denn es kommt auf den Gebrauch an und wie man mit der Schrift umgeht. Man kann sie sicherlich einige Jahrzehnte gut einsetzen.

Jetzt geht den Besuchern auf, wie wenig großen Reichtum an Schriften sie hier vorfinden. Aber bedeutet das auch Armut in den Entwürfen?

Im Frühjahr 2006 schwärmte das Fachmagazin „Publishing Praxis“ nach Besichtigung meiner Arbeiten: „Und wenn man die Entwurfsvielfalt sieht, mag man wirklich kaum glauben, dass hier niemand mit der »Gold-Edition« von Linotype zugange war.“

Einschub 1: Die Gold-Edition der Foundry (engl. Gießerei) Linotype enthält knapp 4000 Schriften und kostet etwas mehr als 7000 Euro.

Einschub 2: Der 1854 in Hachtel (Württemberg) geborene Uhrmacher Ottmar Mergenthaler erfand in Amerika die erste Setzmaschine, die 1886 fertig war. 1890 wurde die „Mergenthaler Linotype Company“ in New York gegründet. Heute vertreibt die Firma digitale Schriften.

Weiter im Text: Ich erkläre meinen an der Schriftenvielfalt berechtigt zweifelnden Besuchern, daß ich aus jeder von mir für wichtig gehaltenen Stilepoche eine der schönsten Schriften im Bestand habe und darüber hinaus einige Zierschriften, beispielsweise Federzug- und Pinselschreibschriften. Der Eindruck der typografischen Vielfalt wird durch im wesentlichen fünf Schriften hergestellt, gelegentlich ergänzt durch zwei bis drei weitere und selten ergänzt durch einen Bestand von über 20 Ausnahmeschriften, dazu durch Druckfarben und Papiere. Entscheidend wirkt die Typographie, der Entwurf, also das Format einer Drucksache und die Stellung und der Satz des Textes darauf. Nicht mehr als das tägliche Brot des Schriftsetzers.

Und dann könnte ich noch darauf hinweisen, daß jede Schrift aus zwei Alphabeten besteht, den großen und den kleinen Buchstaben (Versalien & Gemeine oder Majuskeln & Minuskeln). Und daß die Schriftgröße als wichtiges Merkmal der Unterscheidung von Inhalten dient. Die Entscheidung für die Schrift Garamond mager enthält also noch Differenzierungen in die beiden Alphabete sowie die Größe. So entwickeln sich, schaut man genau hin, aus gering scheinenden Mitteln umfangreiche Möglichkeiten für den Entwurf einer Drucksache. Und gerade die Beschränkung auf wenige Schriften übt die sparsame, effiziente Differenzierung.

Zugleich entsteht ein enges Verhältnis des Typografen zu seinen Schriften. Nach meiner Erfahrung benötige ich etwa zwei Jahre, um mich mit einer neuen Schrift vertraut zu machen. Nicht jeder Auftrag bringt alle Eigenheiten einer Schrift ans Licht. Wenn man beispielsweise erst nach drei Jahren einmal den Ortsamen Wegfurt in kursiver Schrift setzt, wird man auch erst dann sehen, wie sich die Unterlängen des g und des f zueinander verhalten. Da kann nämlich eine unschöne Lücke entstehen durch Kollision der Unterlängen, die in entgegengesetzte Richtungen aufeinander treffen. Kommt dann mal ein Herr in die Werkstatt, der seinen Namen Siegfried aus kursiver Garamond wünscht, kann man ihn gleich richtig beraten, ihm eine andere Schrift empfehlen oder zeigen, wie der Name in Versalien aussieht.

Während sich ein enges Verhältnis zwischen Schriftsetzer und Schrift bildet, werden nicht nur die Schwächen einer Schrift deutlich, auch ihre Schönheit vermittelt sich oft erst allmählich. Schrift ist zwar auch an sich schön, ein einzelner Buchstabe kann für sich allein dem Kundigen das Wasser der Rührung in die Augen treiben. Seit ich bei Axel Bertram gelesen habe, daß die geraden Linien in der Didot leicht durchgebogen sind, nur um noch gerader zu erscheinen, schaue ich auch einzelne Buchstaben genauer an.

Aber wirklich erhebend ist für mich eine Drucksache wie das Zertifikat, das ich einmal für einen Berliner Geigenbaumeister gedruckt habe. Der Mann baut Geigen nach traditionellen italienischen Vorbildern und wollte diesen Instrumenten, an denen er sehr lange arbeitet, auch Urkunden beifügen, in denen ihre Eigenheiten genau beschrieben werden. Ich hatte also ein Formular zu entwerfen und zu drucken, das den Charakter der Instrumente unterstreicht. Ich habe diesen Vordruck aus der Walbaum gesetzt, die zwar eine deutsche Type ist, aber als solche doch die Antwort auf die italienische Bodoni, und zwar eine der schönsten und zudem leichter lesbar. Dazu sparsam zeitgenössischer Zierrat im Federzug-Duktus aus der Zeit um 1800. Gute Typographie hat hier absolut dienende Funktion. Der Typograf muß fast unterwürfig denken: Wie kommt der Inhalt zum Tragen, der Zweck des Unternehmens, und wie bringe ich die Schriftkunst am angenehmsten zur Geltung, so daß der Unkundige sie nicht als aufdringlich bemerkt und der Kenner ihrem visuellen Piano mit Vergnügen folgen kann. Seit dieser Drucksache zähle ich die Walbaum, die eine mitunter störrische Schrift ist, zu meinen Lieblingen. Ich werde in den nächsten Tagen eine Arbeit zeigen, in der ich sie eingesetzt habe.

Und dann war es ja (jetzt muß ich noch einen Absatz verplaudern) ein Vergnügen, die Herren Geigenbaumeister und Bogenbaumeister in der Werkstatt zu haben. Als wir drei da so standen, alle noch nicht alt und in den besten Jahren des Handwerkens und Wirkens, jeder an seiner Stelle in seinem Fach, da beschlich mich eine Ahnung davon, was das Handwerk einmal für eine herrliche Macht gewesen sein muß, und zwar nicht in Hinsicht auf Zünfte und Kammern, ich habe für solche Verwaltungseinheiten nichts übrig, sondern durch das Gefühl von Könnerschaft, das man teilt, jeder als ein Berufener in seinem Beruf: Es ist die Macht über sich selbst, die freiwillige Unterordnung unter ein Handwerk, das man so lange ausübt, dessen Gesetzen man sich unterwirft bis man beginnt es zu beherrschen und seine Kraft und Herrlichkeit als Diener einer Tradition zu verwalten und zu entwickeln. Bevor mich jetzt ein Herzkasper beherrscht, verwickelt und entwaltet und ich pathetisch dahinscheide, scheide ich für heute von den Tasten.

— Martin Z. Schröder

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Walbaum analog und digital · 22. Oktober 2007

Gestern hat jemand, der sich Amateur nennt, einen interessanten Kommentar geschrieben, der Einfachheit halber hier zitiert:

Sehr geehrter Herr Schröder, wahre Worte schreiben Sie da. Der Walbaum wurde viel Leid bei der Digitalisierung angetan. Ich musste schmunzeln, als ich den Dateinamen ihres digitalen Schriftschnippsels sah: “[…] typischdtp […]”. So einfach ist es aber nicht. Denn von der Walbaum existieren einige Digitalisierungen, die von sehr unterschiedlicher Qualität sind. Ihr Beispiel wird vermutlich eine Adobe Walbaum sein, digitalisiert 1988-1991. Nicht nur die Zurichtung unterscheidet sich enorm, auch die optische Achse unterscheidet sich zum gezeigten Bleisatzbeispiel und erst die Anstriche. Kurzum: Viel Leid, sehr viel Leid.

Ich will Ihnen ein anderes Beispiel zeigen (die untere Zeile): Die Digitalisierung von Agfa Monotype aus dem Jahre 1995: Ja, auch hier ist die Zurichtung “glatter” (wobei ich, mit Verlaub, diese fast als angenehmer empfinde, dies liegt wohl am gewohnten Seh- und Leseverhalten, das Alter, Herr Schröder, das Alter ;-)). Aber es kommt näher an das “Original” heran, wirkt zwar gedrungener aber geht auch mehr in Länge.

Eine Frage hätte ich da noch: Existieren Unterschiede zwischen den einzelnen Schriftgraden der Walbaum in ihrer Bleiform? Ich habe noch nie eine Walbaum in Blei gesehen, daher rührt mein Interesse.

Aber mit Wehmut muss ich schließen: Sie haben recht.

Ihr Amateur

Vielen Dank für diesen schönen Brief!

In der Tat kommen wir der Bleisatz-Walbaum so, also mit dem unteren Schriftzug, näher; diese Digitalisierung kannte ich bislang nicht und danke für die Aufklärung. Nein, ich jaule nicht wegen der vergangenen Zeiten, dazu lese ich doch zu viele Bücher über dieselben. Und ich habe auch nichts gegen die neue Technik, es gibt ja heute ganz ausgezeichnete Arbeiten und mehr gute Typografen als je zuvor. Daß Digitalisierungen erneuert werden, spricht für die Zeitgenossen.

Zur Frage von, hüstel, Amateur: Ja, die Bleisatz-Schnitte unterscheiden sich, sogar kräftig. Mein Lieblingsschnitt ist der in Borgis (9p), da fällt die Walbaum viel weicher als in der Nonpareille (6p), wenn man der Schrift mal mit einem textur-nahen Begriff näher kommen möchte. Borgis bis Cicero (12p) sind deutlich lesefreundlicher geschnitten, die kleinen Grade wurden in den meisten Schriften etwas weiter geschnitten, damit die Punzen, also die innenliegenden nicht druckenden Teile des Buchstabens, also vor allem etwa der Kopf vom e oder die untere Schleife des g, nicht mit Druckfarbe zuliefen und als Fläche im Druckbild erschienen. Vielleicht ist die Zurichtung auch etwas weiter, das habe ich mir noch nicht angesehen. Der kleine Grad, den ich da fotografiert habe, läuft recht holperig und wäre als Leseschrift vielleicht zu munter, das ist keine Altersfrage. Die ganz großen Grade, also ab Mittel (14p) mag ich in meinem eigenen Bleisatz weniger, weil meine Schrift so stark abgenutzt ist, hier sind viele Serifen platt gequetscht oder gar angebrochen, es dauert lange, bis ich eine vernünftige Zeile gesetzt habe. Ich übernahm die Schrift in diesem Zustand. Bei nächster Gelegenheit werde ich ein paar Bilder zeigen von anderen Graden der Walbaum kursiv, auch mit etwas Text.

Bei Digitalisierungen muß man sich vermutlich heute auch fragen, wie es der erfindende Schriftkünstler denn heute machen würde. Und so sind sicherlich Verbesserungen der Zurichtung zu rechtfertigen, wobei ich kein Freund von der Angewohnheit bin, kleine Typen unter das T zu schieben (wie das y in Typografie), als gehöre der Weißraum im T nicht zum Buchstaben. Man sieht das leider häufig, wie Buchstaben dem T unters Dach gestellt werden.

— Martin Z. Schröder

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Der feine Unterschied · 21. Oktober 2007

Buchdruck (der Druck mit bleiernen Lettern) oder Offset, gibt’s da einen Unterschied, den man sieht? Oder ist das wie bei silbernen Kragenstäbchen: Nur der Benutzer weiß, was in seinen Hemdkragenspitzen steckt.

Woran erkennt man den Einsatz des Buchdruckverfahrens?

Vielleicht an der Prägung?

Man kann den Unterschied sehen und manchmal fühlen, aber an einer kräftigen Prägung erkennt man meistens nur den unsachgemäßen Druck. Wir Drucker sagen, wenn wir so etwas in die Hand bekommen: “Das ist nicht gedruckt, das ist gequetscht.” Und wir wissen, daß dieser Kollege gleichgültig ist gegen die Schrift, denn diese ist ja aus Blei, und solches ist weich. Ohnehin leidet die Schrift immer ein wenig, nutzt sich beim Drucken ab, aber man muß streng achten, daß sie nicht stärker beansprucht wird als wirklich notwendig ist für ein gutes Druckbild. Der feinste Druck ist der, den man an der Schattierung kaum sieht. Die Schattierung sollte man nur auf der Rückseite erkennen, wenn Licht in einem möglichst spitzen Winkel auf das Papier fällt. Dann wird sich bei dünnem Papier eine Schattierung, also eine Spur des mechanischen Drucks, nicht vermeiden lassen. Selbst bei Karton, wenn er eine unglatte Oberfläche hat und die Bleilettern tiefer eingedrückt werden müssen für ein sattes Schriftbild.

Auch andere Merkmale sind so fein, daß sie erst unter der Lupe kenntlich werden. Auf dem Foto ist eine 6p-Schrift zu sehen (Schriftsetzer sagen zu dieser Größe Nonpareille), die Walbaum in kursiv und gewöhnlich. Das große T hat eine Höhe von knapp 2 mm.

Derart stark vergrößert sieht man am Druckbild den leichten Schmitz (die Farbe war recht flüssig, aber nicht so flüssig, daß ich sie mit Bologneser Kreide verdicken wollte), der entsteht, wenn die Walzen einen Teil der Farbe am Rand der Letter abstreifen. Man sieht auch die Unregelmäßigkeit der Typen, die in Jahrzehnten verschieden abgenutzt wurden. Außerdem erkennt man den Bleisatz an der Form der Buchstaben. Die Walbaum von heute, aus dem Computer, sieht anders aus. Sie hat deutlich von ihrem ursprünglichen Charakter eingebüßt. Die originalen Matrizen wurden um 1800 geschaffen. Die Versalien sind breiter und kräftiger gehalten als die Gemeinen (Kleinbuchstaben, Minuskeln) und wirken fast halbfett. Die Schrift weist in der Zurichtung eine gewisse Munterkeit auf, d.h. die Buchstaben stehen nicht alle gleich eng nebeneinander, sondern es entstehen Lücken. Das kleine r beispielsweise ist auf einen so breiten Kegel gesetzt, daß man den Wortzwischenraum etwas mindern kann, wenn es am Schluß eines Wortes steht. Nun, und das kleine f in der Kursiven hat zwar einen Überhang, also die Type
ragt etwas über den Kegel hinaus, aber es trägt Sorge für eine gewisse Luftigkeit, während in der digitalen Variante alle Räume so stark harmonisiert wurden, daß die Schrift weniger lebendig wirkt. Im Bleisatz-Foto ist übrigens eine fi-Ligatur zum Einsatz gekommen, aber anders als in anderen Schriften sind der obere Tropfen des f und der i-Punkt nicht miteinander verschmolzen. Die kursive Bleisatz-Walbaum hat enorme charakterliche Kraft, die digitale zeigt bislang kaum etwas davon, aber vielleicht wird sie einmal ergänzt durch eine Type, die näher am Vorbild steht.

Es sind solche Details, an denen sich die Qualität einer Drucksache vom Bleisatz zeigt, ihr lebendigeres Bild, die leichten, munteren Unregelmäßigkeiten, die dem Bleisatz eigen sind. Es sind nicht die unsaubere Farbe und der schwere Druck. Wer dafür einen Blick entwickelt, zeigt sich als Connaisseur.

— Martin Z. Schröder

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Ein Telefon aus Blei · 9. Oktober 2007

Besonders reizvoll am Buchdruckverfahren ist die Lebendigkeit des Druckbildes. Jede Type hat ein Eigenleben. Immer wieder werden die Lettern gesetzt, gedruckt und wieder in den Setzkasten abgelegt. So trägt jede Letter mit den Jahren eigene Spuren davon. Buchstaben werden zu Persönlichkeiten. Bleischriften können, je nach Gebrauch, über 100 Jahre alt werden. Dieses Telefonsymbol (rote Druckform) ist noch jung, etwa seit fünf Jahren in Gebrauch. Die drei w und die Ziffern (hier aus der klassizistischen Walbaum von 1803) aber haben schon einige Jahrzehnte auf dem Korpus, an denSerifen (Füßchen) der “w” kann man es erkennen; die Ziffern haben sich noch gut gehalten. Man könnte nun, wenn sich dieses Bild aus dem Setzkasten verallgemeinern ließe, spekulieren, daß die Schrift kaum für Akzidenzen wie Visitenkarten eingesetzt wurde, also Postleitzahlen und Telefonnummern selten gesetzt wurden. So lernt noch der Setzkasten zu sprechen.

— Martin Z. Schröder

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