Workshop Bleisatz und Buchdruck, auch Letterpress genannt · 2. Oktober 2014
Gelegentlich werde ich gefragt, manchmal bekomme ich Briefe: »Wann bieten Sie mal wieder einen Workshop an? Setzen Sie mich doch bitte auf Ihre Warteliste, vielleicht finden sich noch 3 Leute, das könnten Sie ja mal auf Facebook posten. Bitte denken Sie unbedingt an mich, wenn sich die Gelegenheit bieten sollte. Ich möchte unbedingt einen Kurs mitmachen.«
So poste ich also nun hier und (automatisch) auch dort. Der Workshop wird im Online-Shop für vier Personen und vier Stunden mit 300 Euro brutto inkl. MWSt. angeboten. Ich habe auch schon Workshops für sechs Personen gegeben, die über sechs Stunden gingen. Für sechs Stunden und sechs Personen läge der Preis bei 460 Euro brutto. Das ist pro Nase etwas billiger.
Was findet da überhaupt statt? Jeder bekommt einen Winkelhaken in die Hand und stellt sich damit an den Setzkasten. Der Schriftsetzer zeigt, wie es geht, und dann kann man ein Gedicht oder eine Visitenkarte oder eine Briefkarte setzen. In den sechs Stunden sind ein bis zwei kleine Drucksachen in kleinen Auflagen zu machen. Nach dem Setzen richte ich die Druckform ein und den Boston-Tiegel, und dann drucken die Teilnehmer ihre Akzidenzen selbst auf dem etwa hundert Jahre alten kleinen Handtiegel.
Nach Absprache kann man auch andere Dinge tun, Holzbuchstaben drucken, eigene Linolschnitte mitbringen zum Drucken oder auf dem Trödelmarkt erworbene Klischees. Das kann aber einen eigenen Aufwand erfordern, es wäre zu besprechen.
Wer sich dafür interessiert, daß ich ihn mit anderen Interessenten zusammenbringe für einen solchen Workshop, möge mir bitte eine Nachricht per E-Mail senden.
— Martin Z. Schröder
Schöner Quittieren · 21. August 2014
Meike Wander von der Berliner Papeterie R.S.V.P. – Papier in Mitte und ich haben sechs Motive für Abreißblöcke entwickelt. Das Format weicht vom Üblichen ab, die DIN-Formate mögen Vorteile für das genormte Büro haben, aber das kann man ja alles im Bürobedarf kaufen. Wir wollten etwas herstellen, das auch den Ansprüchen an einen mit schönen Dingen bedeckten Schreibtisch genügt. Der erste Schwung davon ist nun fertig. Hier werden die sechs Motive vorgestellt, allesamt gedruckt auf ein blaues Papier in 120g/qm:
Quittungsblock, auch für Selbständige geeignet, die nicht mehrwertsteuerpflichtig sind. Format: 130 × 90 mm. 40 Blatt im Block.
Schriften: Die Englische Schreibschrift »Gracia« mit der klassizistischen »Prillwitz« von Ingo Preuß.
Notizblock mit Akroterion, Format: 130 × 90 mm. 40 Blatt im Block.
Einkaufszettel. Schrift: Bickham-Script. Format: 130 × 90 mm. 40 Blatt im Block.
Auftragsliste für Kinder, Ehegatten oder WG-Mitglieder. Kalligrafiertes Herz: Frank Ortmann. Schrift: Poppl-Exquisit. Format: 130 × 90 mm. 40 Blatt im Block.
Notizblock mit Segelschiff (historische Zeichnung). Format: 130 × 90 mm. 40 Blatt im Block.
To-do-list. Satz aus »Caslon«. Format: 130 × 90 mm. 40 Blatt im Block.
Allesamt im Buchdruck (Letterpress) gedruckt auf dem Heidelberger Tiegel und in Handarbeit zu Blöcken mit Kartonrückwand verleimt. Erhältlich bei R.S.V.P. und LetterpressBerlin.
Ein Hinweis auf die Presse von morgen: Das Feuilleton der Süddeutschen Zeitung bringt am Freitag eine Heldengeschichte über den großen Buchkünstler und Gebrauchsgrafiker Werner Klemke.
— Martin Z. Schröder
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Viel Papier · 28. Juli 2014
Manch gute Idee kann einer allein nicht verwirklichen. Und da die Berliner Papeterie R.S.V.P. und ich schon lange und gut zusammenarbeiten, haben wir uns zusammengetan für eine Serie neuer Produkte. Ich will den Freunden nicht die Überraschung klauen und verrate deshalb noch nicht, was wir uns ausgedacht haben. Es ist die größte Auflage, die ich bislang überhaupt gedruckt habe. Für unsere Idee erreichen wir mit einer kleineren Auflage einfach keinen günstigen Verkaufspreis.
Auf diesem Bild sieht man links neben dem Tiegel 23 Ries Papier à 100 Bogen in 70 mal 100 Zentimeter. Aus einem solchen Bogen lassen sich neun Druckbogen schneiden, insgesamt sind es 20.700 Druckbogen, die der Heidelberger theoretisch in sieben Stunden bedruckt, wenn man ihn mit 3000 Druck pro Stunde laufen läßt. Aber zwischendurch hält man ihn immer wieder an: um die bedruckten Bogen aus der Maschine zu nehmen und neues Papier vorzulegen, um kleine Korrekturen vorzunehmen und um Störungen zu beseitigen, die vor allem am Anfang im Papierlauf auftreten, bis man alle Einstellungen im Papierlauf optimal justiert hat.
Dickeres Papier und vor allem die ganz dicken Kartone bis 700g/qm lasse ich langsam durch die Maschine laufen, aber unsere blauen Bogen von Carta Pura sind mit 120g/qm gut zu handhaben und können recht zügig durchgelassen werden. Am zweiten Tag lief die Maschine dann so ruhig (beinahe in stoischer Gelassenheit), daß ich nebenher auf dem zweiten Tiegel noch etwas anderes drucken konnte. Weil ich meistens nur kleine Auflagen drucke, kommt es sehr selten vor, daß beide Maschinen zugleich arbeiten, weshalb ich diese Harmonie im Film festgehalten habe:
Es wird noch ein paar Tage brauchen, bis die Drucke zu Produkten verarbeitet sind, die ich dann natürlich hier vorstelle und die bei RSVP und LetterpressBerlin erworben werden können.
— Martin Z. Schröder
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Ermäßigt durch alle Lebenslagen · 2. August 2013
Nun ist der schöne Ermäßigungsausweis fertig. Für das Dienstsiegel habe ich in meinem Fundus diesen Stempel aus Bleisatz und Messingkreisen gefunden. Ich habe ihn schon so lange, daß ich mich seiner Herkunft nicht entsinnen kann. Nur, daß er aus einem Berliner Betrieb kommt, weiß ich noch. Mit einer ganzen Sammlung solcher Sätze, deutsch und russisch.
Und hier ein Abdruck in ganzer Schönheit, denn auf dem Ausweis ist nur ein Ausschnitt sichtbar. Von einer des Russischen Kundigen erfuhr ich die Übersetzung: Veterinarnii Braz heißt Veterinärarzt. (Korrektur nach Kommentar: Weterinarnij Wratsch) Es ist der Stempel eines Tierarztes namens Nikolai Jakowlewitsch Melnik.
Und dies ist nun das gute Stück. Handgesetzt, dreifarbig gedruckt auf dem Heidelberger Tiegel, zugeschnitten und geöst. Die Ausweise sind numeriert. Eine genaue Beschreibung dieses begehrenswerten Dokumentes habe ich im Online-Shop notiert, wo man den Ermäßigungsausweis kaufen kann.
— Martin Z. Schröder
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Eine Ermäßigungserschleichungsdrucksache · 31. Juli 2013
Auf Wunsch des Zeichners und Comicduomitglieds Elias Hauck von Hauck & Bauer fabriziere ich dieser Tage einen Ausweis, der überall eingesetzt werden kann, wo es etwas zu erschleichen gibt. Das Dokument von der Deutschen Ermäßigungsanstalt wird im Handsatz hergestellt, die vielsprachige Kurzübersetzung links unten ist gesetzt aus schmalmagerer Futura in Nonpareille (6 Punkt), das Dienstsiegelfeld aus magerer Futura in Nonpareille, der Haupttext aus Schreibmaschinenschrift in Petit (8p) und die Überschrift aus dreiviertelfetter Futura in Korpus (10p), die dem Desktop-Schriftsetzer übrigens immer noch nicht zur Verfügung steht.
Ein kleines Zählwerk aus serifenloser breiter Schrift, damit jeder Ausweis ein Unikat ist.
Mit roter Farbe wurden beide Druckformen eingerichtet.
Dann wurde zuerst der rote Querstrich gedruckt.
Und darüber in schwarz der Textsatz. Nun folgt noch der Eindruck des Dienstsiegels, denn die Ermäßigungsanstalt kann nicht jeden Ausweis von Hand stempeln, weil sie ihr Personal gegen Null ermäßigt hat. Danach wird der Ausweis zugeschnitten und bekommt dann noch eine Öse links oben. Einfach beim nächsten Kinobesuch ausprobieren. Demnächst im Shop zum mäßigen Preis zu haben. In meinem Unternehmen wird der Ermäßigungsausweis nur willkürlich anerkannt, also fast nie.
— Martin Z. Schröder
Flimmerkasten · 21. Mai 2013
Für das Berliner Design-Studio Stahl-R durfte ich diese flimmernde Grafik drucken (und mit freundlicher Genehmigung fotografieren), zweifarbig auf 600g/qm schweren Baumwollkarton. In einem nicht unmilden Grün und einem flammenden Neonrot. Dieses Bild zeigt die beiden Farbformen.
Wenn man die Karte so in der Hand hält, kann man das Wort kaum entziffern.
Bei solchen Drucksachen entstehen auch interessante Fehldrucke, unvermeidbar beim Einrichten der Maschine.
Ich habe die Karten in die kleine Galerie am Eingang gestellt. Dabei stellte ich dann fest, daß die Karten mit etwas Abstand wirken wie ein Kasten, in dem es flimmert. Sie wirken dreidimensional und bewegt. Als ob man hineingreifen könnte. So etwas habe ich noch nie zuvor gedruckt. Ich danke Stahl-R für die interessante Arbeit.
— Martin Z. Schröder
Visitenkartenmuster · 9. Mai 2013
Die meisten davon gehören zur Mustermappe der Druckerey. Herzlichen Dank für den kleinen Filmausschnitt dem vielseitigen Robert Patz.
— Martin Z. Schröder
Farbschnitt an der Graupappe und ein bedeutendes Loch · 21. Januar 2013
Die kleine Karte aus Graupappe, über die ich hier vor ein paar Tagen ausführlicher sprach, hat nun einen Farbschnitt in Englischrot bekommen und ist fertig.
Zu einem ersten Erfolg ist die gemeinsame Arbeit mit den Künstlern Hauck & Bauer gelangt. Das unterfränkische Comic-Duo (seit 1978) muß geahnt haben, wie groß meine Sehnsucht nach Bedeutungsaufladung war und fertigte ein Kunstwerk an, das diesen Mangel beseitigt.
Die gezeigte Postkarte habe ich an dieser Stelle beschrieben und mich dabei so verausgabt, daß ich hier kein weiteres Wort verlieren kann.
— Martin Z. Schröder
Zu Gast bei Fedrigoni Berlin · 22. April 2012
Vergangenen Donnerstag hielt ich auf Einladung des Feinpapierherstellers Fedrigoni einen kleinen Vortrag mit Fotos in den Räumen des Berliner Showrooms von Fedrigoni am Hackeschen Markt, um geladenen Gästen den immer häufiger nur noch unter dem englischen Namen Letterpress bekannten Buchdruck nach der Manier Gutenbergs und die heutigen Möglichkeiten zu erklären.
Hier eine Auswahl von den Bildern. Ich erklärte kurz das traditionelle Bleisatzverfahren, zeigte den Winkelhaken und …
Und ich zeigte ein paar Bilder von den speziellen Kästen mit Schmuck und Linien.
Wenn die Druckform fertig ist, gleich ob aus Blei oder aus geätzten Platten, wird die Druckform geschlossen.
Zwei Keilschlösser halten die Form fest.
Hier sind Holzlettern zu sehen.
Und hier ein Klischee mit kyrillischer Schrift. (Die Druckerey lieferte kürzlich zum ersten Mal nach Moskau.)
Geprägt in einen weichen und dicken Karton.
Im Bleisatz ist so feiner Schmuck kaum noch gut erhalten zu bekommen.
Da kann man froh sein über das digitale Angebot.
Das mit dem Drucktiegel in herkömmlicher Weise verarbeitet wird.
Zu denen auf dieser Skizze mit Handabdrücken eine passende Bleiletter gesucht wurde.
Dieser Karton wurde mit einem dunklen auf der Rückseite kaschiert. Dieselbe Farbe kann durch unterschiedliche Farbmenge in der Druckmaschine unterschiedlich wirken.
Nach dem Bildervortrag wurde eine Mappe mit Druckmustern aus der Druckerey verteilt, und ich habe zu allen ein paar Erklärungen gegeben.
Hier beispielsweise ist ein dunkelbrauner Karton aus der Fedrigoni-Kollektion Sirio zu sehen, rechts mit einem gründlichen Weiß bedruckt, links mit einem silbernen Überdruck.
Farben werden in der Werkstatt herkömmlich gemischt, ich halte nicht viel von einem Lager mit Hunderten von Dosen. Man kann fast alles mischen.
Hier noch einmal der Heidelberger Tiegel in ganzer Schönheit.
Gerillt werden Auflagen bis 500 Stück von Hand und Fuß an dieser kleinen und einfachen und sehr alten Maschine.
Und mit dem Schiebedeckel-Etui aus Kirschbaumholz ausgeliefert, das auch im Online-Shop der Druckerey erhältlich ist.
— Martin Z. Schröder
Puzzle »Heads & Hats« · 18. Januar 2012
Graupappe ist für den Feinpapierhändler eine so minderwertige Angelegenheit, daß er sie nicht bogenweise abgezählt und in Packpapier gehüllt abgibt, sondern in 25-Kilo-Portionen in Banderolen. Und das an feinstes Material gewöhnte Messer der Schneidemaschine wird in Kürze stumpf, wenn es Graupappe unter die Schneide gelegt bekommt. In den letzten Monaten habe ich mehrere Visitenkarten auf Graupappe drucken dürfen, und nun wollte ich das Material auch einmal anders verwenden. Je glatter und leuchtender die Taschentelefone werden, je mehr sie trällern und strahlen, desto sehnsüchtiger wird der Mensch nach den einfachen Dingen, deren Sinn unmittelbar einleuchtet.
Solch ein Ding zu erfinden, damit ich es aus Graupappe in der Druckpresse herstellen kann, habe ich die Spiele-Erfinderin Anja Wrede gebeten. Sie hatte die schöne Idee, ein Puzzle anzufertigen. Und damit es rechtzeitig zur heute eröffnenden Messe “Bread & Butter Berlin” fertig wird, haben wir uns sehr beeilt. Anja Wrede mit der Zeichnung, während ich schon die Rückseiten (digital) setzte und druckte.
Dies hier ist es also. Es besteht aus vier Teilen, die so groß sind wie klassische Memory-Karten, nämlich 60 × 60 Millimeter.
Und man kann damit einiges anstellen, nämlich es in diversen Varianten zusammensetzen. Also so.
Es sind insgesamt acht Teilköpfe und dazu mehr oder weniger passende acht Kopfoberteile, die aus Ohren, Fellen, Hörnern, Hüten, Mützen und Haaren bestehen. Wem das in der gedruckten Form nicht farbig genug ist, der kann die Karten bunt ausmalen. So wie ich das hier, bestens unterhalten, tat.
Wenn man die Karten koloriert hat, wirken die willkürlichen Zusammensetzungen noch besser.
Ich nehme den ersten Schwung der Spiele auf die Messe mit, und wenn diese wilde Aktion vorbei ist (ich werde berichten, ob meine alten Oberhemden dem Anspruch der weltgrößten Messe für Streetwear standhalten können), biete ich das Spiel auch im Online-Shop der Werkstatt an, was ich dann auch hier mitteilen werde.
— Martin Z. Schröder
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Manufakturen auf der Messe »Bread & Butter« in Berlin · 13. Januar 2012
Auf der Messe Bread & Butter Berlin wird sich die kleine Druckerey mit einer kleinen Handpresse zeigen. Wir sind fünf Handwerker und Manufakturen und stellen aus in der Halle »L.O.C.K. Manufactory, Made in Germany«: Schuh-Bertl aus München, Merz b. Schwanen aus Berlin, J.R. Ledermanufaktur aus Berlin, Edsor Kronen, auch aus Berlin, und die Berliner Druckerey. Dazu der Händler Uwe van Afferden aus Düsseldorf.
Die Messe beginnt am Mittwoch, dem 18. Januar, um 10 Uhr und endet am Freitagabend. Wir produzieren auf der Messe Visitenkarten und bieten einen Teil der Artikel aus der Produktion an, nicht ganz so viel wie im Online-Shop.
Freilich ist furchtbar viel vorzubereiten, zuletzt war ich vor über zehn Jahren mit einem Stand auf einer Messe und erstelle seit ein paar Tagen Listen. Es wäre zu blöd, wenn einem das entscheidende Werkzeug fehlt.
Die heute gezeigten Fotos sind von einer Karte, diese hat Frank Ortmann in Windeseile entworfen und mit der Spitzfeder den Schriftzug gezeichnet, sie wurde heute erst gedruckt.
Auf der Messe selbst werden wir aber zu zweit den Bleisatz zeigen. Zwei Setzkästen kommen mit und eine kleine Abziehpresse.
Was der Buchdruck mit einer Modemesse zu tun hat? Das kann ich Ihnen vielleicht nach der Messe sagen, jetzt weiß ich es auch noch nicht. Mir gefällt die Idee der Zusammenführung von Handwerken in einem Raum im Flughafen Tempelhof auf dieser riesigen Messe für Alltagskleidung.
Ich gebe dem Zufall eine Chance, das Auftragsbuch zu überfüllen — das ist der Zweck von Handelsmessen.
— Martin Z. Schröder
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Ein Briefbogen für James Joyce · 15. Dezember 2011
Für die Mustermappe der Druckerey wollte ich einen geprägten Briefbogen austauschen und mit einem Druck ergänzen. Bis der Vorrat verbraucht ist, liegt der Mappe nun also dieser Briefbogen bei oder eine graue Variante, die nicht mit Gold, sondern mit roter Farbe bedruckt ist. Briefpapier ist schon ein recht teures Vergnügen, zumal wenn man Kuverts und Karten dazu bedrucken läßt. Schwarz auf Weiß kann größten Luxus vermitteln, hier zeigt sich die Kunst der Typografie für den Kenner.
Wer den Aufwand nicht scheut, kann mit geprägten Motiven und Goldfarbe repräsentieren.
Das kleine blindgeprägte j ist aus der Schrift Akko von Akira Kobayashi, das so schön geschwungene versale J entstammt einer der Versal-Varianten der Schreibschrift Adana von Andreas Seidel.
Gold und Blindprägung sind schon für sich nicht leicht in ein Foto zu fangen, aber nun beides abzubilden, will mir nicht ganz gelingen. Seinen Reiz empfängt der Bogen aus dem Wechselspiel von Schatten und Reflexion, Blindprägung und Metallfarbglanz.
— Martin Z. Schröder
Digitales Design im Buchdruck · 7. Juli 2010
Der gute alte Buchdruck setzt sich als Letterpress wieder in den Vordergrund der Aufmerksamkeit von Designern. Sowohl der echte Bleisatz ist gefragt als auch die Umsetzung von digitalen Vorlagen, was gezeichnete Digitalisierung via Scannen einschließt. Man kann aber für gute Ergebnisse nicht wie für andere Druckverfahren Vorlagen erstellen. Auch für den Offsetdruck sind technische Gegebenheiten zu beachten, vor allem hinsichtlich der Farben. Jeder Offsetdrucker kann ein Lied davon singen, wie man ein sattes Gelb druckt und durch welche Beigabe ein Schwarz Tiefe gewinnt und daß viele Offsetkunden das nicht wissen. Die Rasterauflösung muß aufs Papier abgestimmt werden, und für beste Ergebnisse wird vor der Produktion ein Proof hergestellt. Die Erfordernis der technischen Aufbereitung ist auch im Buchdruck gegeben; der Designer muß sich für gute Ergebnisse auf die Tücken des Verfahrens einlassen. Für die meisten ist der Buchdruck im technischen Detail unbekannt, wodurch auch die Möglichkeiten nicht voll ausgenutzt werden. Zum Beispiel kann in der Ätzung nach digitaler Vorlage nur eine bestimmte Strichfeine dargestellt werden, etwa 0,2 mm. Wenn es feiner wird, etwa in Serifen klassizistischer Schriften, können sich interessante Effekte ergeben. Man kann sogar eine Bleisatzschrift imitieren, weil die feinsten Linien im Metallklischee ungesteuert wegbrechen, was dann im Druckbild wie eine abgenutzte Bleisatzschrift aussieht. Drucksachen im Vintage-Style! Die passende Visitenkarte zu den zerfetzten Jeans! Ich habe einige Hinweise zur Produktion aufgeschrieben. Das PDF Hinweise für Designer steht zum Download bereit. Buchdrucker-Kollegen und Designern bin ich dankbar für Hinweise auf fehlende Themen.
Das obige Bild zeigt Messinglinienformen. Und ist ein Hinweis auf den Fundus einer Druckerei mit Bleisatz, der für Designer eine Fundgrube von Ideen darstellt. Design für Drucksachen kam schließlich einige Jahrhunderte ohne Computer aus und hat vieles hinterlassen, das sich heute neu anwenden läßt, mit einer Schreibmaschinenschrift im Bleisatz und einem abgenudelten Kupferstich-Imitat habe ich schon in kürzester Zeit auf Papierresten höchst originelle Einladungen gedruckt, es gibt so viele Möglichkeiten …
— Martin Z. Schröder
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Letterpress in Cranelettra 600g/m² · 6. Juli 2010
Im Auftrag der Berliner Agentur H2D2 habe ich eine Einladung für das Modehaus Yalook gedruckt. Im Beratungsgespräch in der Werkstatt empfahl ich den amerikanischen Karton Cranelettra, weil ein Stoff mit einer strukturierten Haptik gewünscht wurde.
Cranelettra ist ein sehr weiches Material, das eigens für den Buchdruck (engl. letterpress) entwickelt wurde und aus reiner Baumwolle besteht. Das Material ist mit 600g/m² (Duplex der ebenfalls lieferbaren 300er Grammatur) nicht nur sehr schwer, es hat auch ein hohes Volumen, in das sich sogar mit Bleilettern eine Prägung einbringen läßt, ohne daß die Typen Schaden nehmen, zumal dieses Papier außerordentlich weich ist. Ich kenne keines, das luftiger ist als Cranelettra, das so flockig und flaumig ist (der Hersteller nennt es fluffy, — und trifft es genau). Man meint, enorm gestärkten Stoff in den Händen zu halten.
Wenn Designer im Buchdruck arbeiten lassen, müssen sie sich auf ungewohnte technische Bedingungen einstellen. Das gelingt nicht immer, manchmal macht es aber auch mir richtig Spaß. Wenn ich an einen Designer wie Markus Remscheid von H2D2 gerate, darf ich schöne Überraschungen erwarten. Schon als ich den Entwurf sah, habe ich mich gefreut, weil sich hier ein Könner auf das Medium Buchdruck eingelassen und eine Darstellungsform gefunden hat, welche die Möglichkeiten des Buchdrucks auf einen so weichen Karton ausschöpft.
Für die Titelzeilen wurden die Buchstaben als genäht dargestellt (für ein Fashion-Label eine schöne Idee), und durch die Prägung verdeutlicht sich diese Wirkung.
Wenn das Licht in einem anderen Winkel auf die als Anhänger konzipierte Karte fällt, scheint die Naht erhaben auf dem Karton zu liegen, jedenfalls auf diesem Foto.
Der Faden wird auf der Rückseite weitergeführt.
Auch hier verändert das Licht die Wirkung. Natürlich sind die gedruckten Partien auch fühlbar.
In den Vergrößerungen ist die Prägung genauer zu sehen. Die Linie versinkt in dem weichen Material ohne die Fasern zu brechen. Auf den Fotos sieht die Oberfläche beinahe hart aus, aber Haptik kann man leider nicht fotografieren.
Ich danke für die freundliche Genehmigung von Markus Remscheid, unser Produkt hier zeigen zu dürfen.
? Crane Lettra ist in Europa in zwei Weißtönen lieferbar und als Karton in den Grammaturen 300 und 600 g/m².
— Martin Z. Schröder
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Um etwas einzulegen · 1. März 2010
Ein Gutschein ist so ein angenehmes Geschenk: Gutscheine für Konzerte, den Kinobesuch, ein Reisegutschein. Man möchte also einen Gutschein verschenken, aber so ein getippter Zettel aus dem Computer sieht kaum festlich aus. Ein bißchen Drumrum wäre nett. Wie stünde es mit einer Klappkarte wie dieser? Mein Kollege, der Kalligraf Frank Ortmann, hat mir den Wunsch erfüllt und das Wort Gutschein mit der Spitzfeder geschrieben.
Vom originalen Federzug wurde eine Magnesium-Ätzung reproduziert, wie man sie im Buchdruck auch für Bildmaterial verwendet.
Mit einem kühlen, also etwas bläulichen Rot habe ich das Motiv auf einen hellgrauen Feinkarton (glatt, 250g/m²) gedruckt.
Vor der Reproduktion wurden diesmal die Unebenheiten der Schriftzüge, wie sie in Handarbeit entstehen, nicht in Bezierkurven übertragen und geglättet, wie man es für Satzschriften gewöhnlich macht oder auch für Monogramme und Initale aus englischer Schreibschrift. In der Vergrößerung sind die natürlichen Linien der handgeschriebenen Anglaise gut zu erkennen.
Die Klappkarte wird mit einem passenden hellgrauen Kuvert mit Seidenfutter geliefert.
Preise und Lieferung: Direkt im Online-Shop der Druckerey: LetterpressBerlin
— Martin Z. Schröder
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Neue Berliner Märsche · 27. Januar 2010
Diese drei Herren habe ich anno 2001 verschenkt, mir die Zeichnung nun ausgeliehen und scannen lassen sowie die Handschrift der Zeichnung ersetzt mit der Erika-Mono-Fraktur von Andreas Brietzke (2006), der in Potsdam als Design-Student zu jenen Bleisatzschülern gehörte, die als fortgeschrittene Typografen auf angenehmste Art gesprächsfähig waren. Diese Fraktur-Schreibmaschinenschrift ist in dem Buch Fraktur mon Amour von Judith Schalansky veröffentlicht worden. Hat es so etwas als Bleisatzschrift gegeben? Auch Judith Schalansky war übrigens im Potsdamer Bleisatz-Kurs und war mir mit ihren Kenntnissen schon damals bei der Identifikation einer verzierten Gotischen behilflich. Das war ein kompetenter Kursus, eine Wohltat für Lehrer, die gerne selber was lernen.
Auf der Rückseite sind die Unger-Fraktur und die Prillwitz in der excellenten Digitalisierung von Ingo Preuß zu sehen. Die Rückseite dieser DIN-lang-Karte ist als Postkarte mit Adreßfeld gestaltet. Gedruckt wurde auf 350g/m² Old Mill bianco von Fedrigoni (Italien).
Die drei Herren eignen sich auch sehr gut dazu, sie mit Buntstiften oder anderen Hilfsmitteln auszuformen. Ich mag ja die pure Form sehr gern, aber ausgemalt ist das auch nicht übel, oder?
Und man kann auch, wenn man eine Katze so ausgezeichnet abbilden kann wie ich (die Katze hat steife Vorderbeine, es ist nicht, daß ich keine sitzende Katze malen könnte, diese sieht wirklich so aus), eine Katze dazu malen. Käuflich ist der Spaß im Online-Shop der Druckerey: LetterpressBerlin
— Martin Z. Schröder
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Semjon wirft Netze aus · 3. Dezember 2009
Was ist denn das? Spinnweben in der Morgenröte?
Während ich mich freute, daß mir der Künstler H.N. Semjon ins Netz gegangen ist für die Serie der Karten im Prägedruck, hat er seinerseits ein Netz gezeichnet.
Die zweite Karte der Prägedruck-Serie ist fertig. Es handelt sich um die Reproduktion zweier eigens angefertigter Bleistift-Zeichungen von H.N. Semjon.
Zum Einsatz kam wieder das weiche, handschmeichlerische Baumwollpapier aus Amerika mit der Haptik eines textilen Stoffes, dessen Volumen die Prägung des in Metall geätzten Druckbildes tief aufnimmt.
Semjons Netze können in der Druckerey erworben werden, aber auch in Berlin-Mitte im Installationsgeschäft des Künstlers, dessen Besuch ich sehr empfehle. Steht man eine Weile in dem Laden, befällt einen das merkwürdige Gefühl, in der Vergangenheit, einem Traum oder einer Filmkulisse herumzuspazieren, weil alle Wirtschaftsgüter dieses Tante-Emma-Ladens (Zwieback bis Waschpulver) mit leuchtend weißem Wachs überzogen sind.
Xmas Shopping @ KSb
Samstag und Sonntag, 12. und 13. Dezember
(3. Adventswochenende)
von 14 bis 19 Uhr
und nach Vereinbarung
KioskShop berlin (KSb)
Installation auf Dauer
von H. N. Semjon
mit Multiple-Shop
Schröderstraße 1
10115 Berlin-Mitte
Kioskshop
Die Klappkarte ist geschlossen 105 × 148 mm groß, also DIN A6, damit sie in die Kuvertgröße DIN C6 paßt. Lieferbar ist das gute Stück im Online-Shop der Druckerey: LetterpressBerlin
— Martin Z. Schröder
Archimedes + Prägedruck = Feine Karte · 25. November 2009
Vor zwölf Jahren habe ich für Freunde die linke dieser beiden Karten gedruckt. Zweifarbig auf Bütten und anläßlich einer Hochzeit von Freunden meiner Freunde. Diese Karte gelangte mir zufällig wieder in die Hände, und mir gefiel die Idee ausnehmend gut. Nur mit dem Entwurf war ich nicht mehr so glücklich, in zwölf Jahren verändert sich eben die Sichtweise, und mir ist die Klarheit der Proportionen damals nicht so wichtig gewesen wie heute.
Nun habe ich den Text etwas verändert und eben auch den Entwurf und eine Klappkarte gedruckt, die Schrift vom Bleisatz (es ist die kursive Walbaum) im gewöhnlichen Buchdruck, die Weltkugel im Prägedruck, denn der Druckstock ist aus Messing. Und Messing hält viel Druck aus.
Der Karton kommt aus Amerika und besteht aus reiner Baumwolle. Er ist in der Papiermaschine nicht kalandriert worden, wurde also nicht durch Stahlwalzen geschickt und nicht geglättet. Dadurch hat dieser Karton ein viel höheres Volumen, als es für ein Gewicht von 300g/m² üblich ist. Und in dieses Volumen sinkt der Druckstock sehr leicht tief ein, was den Prägeeffekt ermöglicht. Und er schlägt auf die Rückseite nicht allzu stark durch. (Neuerdings wird für das Hochdruckverfahren namens Buchdruck auch in Deutschland der englische Begriff Letterpress verwendet, gerade wenn keine Lettern zum Einsatz kommen, sondern von Platten/Klischees ein Prägedruck gefertigt wird.) Zugleich nimmt der Karton aber die Druckfarbe sehr gut an und ist auch recht gut beschreibbar.
Der Satz enthält eine kleine Raffinesse. Der Text wurde erst mittig gesetzt, dann wurde jedes Wort etwas nach rechts verschoben, und zwar um einen Punkt (0,376 mm) gegenüber der darüberstehenden Zeile. So bekommt der Text einen leichten Drall und verliert die einem Satz auf Mittelachse eigene Strenge. Hier auf dem Bild vom Bleisatz kann man das recht gut sehen an den rechts und links unterschiedlich breiten Blindmaterial-Stückelungen. Mir war wichtig, daß der Winkel, der von Text und Linie gebildet wird, nicht zu streng wirkt durch eine echte Senkrechte, also der Text nicht lotrecht steht. Aber kippen wollte ich den Text auch nicht, die Zeilen sollten parallel zum horizontalen Papierrand stehen, damit sie nicht schief aussehen. Die Lösung fand ich also in der Verschiebung der Mittelachse.
Auf diesem Foto sieht man deutlich das kräftige Relief, das durch den Prägedruck entsteht. Ich werde in den nächsten Wochen eine Serie von Karten im Prägedruck oder auch Letterpress herstellen. Dies ist die erste, und für weitere haben vier Künstler und Designer schon zugesagt, Motive zu liefern. Sie werden in den nächsten Monaten erscheinen.
Hier zeige ich den Messingstempel. Er scheint schon etwas abgenutzt zu sein — schaut man genau hin, findet man eine feine Äquator-Linie, die zu flach gestochen ist, um im Druckbild erscheinen zu können.
Die Klappkarte ist geschlossen 105 × 148 mm groß, also DIN A6, damit sie in die Kuvertgröße DIN C6 paßt. Lieferbar ist das gute Stück im Online-Shop der Druckerey: LetterpressBerlin
— Martin Z. Schröder
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Krümelstechen · 21. November 2009
Bis der erste gute Druck aus der Maschine kommt, kann einige Zeit vergehen. Die Zurichtung der Druckform kostet Zeit, ebenso das Ausgleichen der Versalien und andere feintypografische Korrekturen.
Neu im Bestand der Druckerey ist die Kupferstich-Antiqua, zuerst gegossen in der Schriftgießerei Ludwig Wagner in Leipzig anno 1905, die ich in sieben Graden (Größen) via Preußisches Bleisatz-Magazin von der Eremiten-Presse übernommen habe. Gestern habe ich sie einmal für eine Briefkarte gesetzt, hier in 8 Punkt.
Und da sehe ich im A des Andrucks einen merkwürdigen Punkt. Nicht nur einen Fussel, sondern einen gedruckten Punkt. Da hat sich ein Krümel in der Letter festgesetzt. Die Schrift hatte ich vorher schon mit Waschbenzin gebürstet, also mußte hier scharfes Werkzeug ran, denn auswechseln wollte ich den Buchstaben nicht. Man darf nicht wegen eines Krümels einen schönen Buchstaben wegwerfen. Die Letter mußte ausgestochen werden.
Hier sieht man, worum es sich handelt. Ein festsitzender Krümel.
Die Schrift ist sehr klein, Schriftgrad Petit (8p), also muß unter der Lupe gearbeitet werden.
Ausgestochen wird nicht mit der Ahle, sie ist zu groß und ihre Spitze zu dick, sondern mit einer Nadel, deren Ende ich mit Papier umwickelt habe, um sie sicher halten zu können. Gleitet die Stahlnadel ab, ist der Buchstabe kaputt.
Und siehe, es ist gut gegangen, das A druckt sauber aus. Die Letter ist gerettet.
— Martin Z. Schröder
Ein wirklich stattlicher Mann gibt ein Preisrätsel auf · 4. November 2009
Soeben bei SuKuLTuR erschienen ist dieses Heftchen namens “Wenn ein wirklich stattlicher Mann Studenten unterrichtet” mit einer den regelmäßigen Blog-Lesern bereits bekannten, nun kräftig überarbeiteten Geschichte, das (also das Heftchen, welches) eine eigene Geschichte hat, welche (also wiederum diejenige, welche eben) der (jener) Heftchen-Verleger Marc Degens aufschrieb. So wirr ist das Heftchen nicht geschrieben! Viel besser ist es, natürlich.
Die Titel-Grafik ist vollständig im Bleisatz entstanden. Das Zierstück, auf das die erhobene Hand weist, entstammt dem Material der Eremiten-Presse, dessen Übernahme ich schon mehrfach erwähnte. Der Kopf des Mannes ist eine gedrehte Letter, ein Ö. Und die Zuhörer dieses Lehrers, die ihn da von unten anglotzen, sind Ä, Ö und Ü aus verschiedenen Schriften. Es sind sieben Lettern aus sechs Schriften.
Hier der fotografische Beweis. Wobei “Bleisatz” die Verwendung von Messinglinien in Armen und Beinen nicht ausschließt.
Ü, Ö, Ä, Ö. Vier verschiedene Schriften auf diesem Foto.
Neben dem Reproabzug für die Titel-Illustration sind auch zehn Abzüge auf Echt Bütten (Rundsieb-Bütten von Zerkall mit vierseitigem Büttenrand) im Format 113 × 175 mm entstanden. Von diesen Abzügen sind fünf für den Verkauf vorgesehen, einer kostet 20,00 Euro. Signiert und numeriert.
Zwei Abzüge aber bilden zwei Preise des Preisrätsels, nämlich für die Absender der ersten beiden richtigen Antworten auf die Preisfrage: Wie heißen die sechs verschiedenen Schriften? Oder ist die Frage abstrus schwer? Nur was für Experten? Ja. Ist doch auch mal schön, eine Preisfrage nur für Experten. (Lösung am Ende des Eintrages, ganz unten.)
Das Heftchen ist in der Druckerey zu bekommen.
Auch das nebenstehend abgebildete mit dem Titel “Rausrieselnde Holzwolle”, das 2005 erschien, ein paar Text-Miniaturen von mir enthält und das Barbara Wrede illustriert hat. (Barbara Wrede stellt zur Zeit in Ingolstadt aus, der Kulturkanal sprach mit der Künstlerin, und direkt zum MP3 der Sendung geht es hier.)
Verkaufspreis je Heft: 1 Euro. Versand: 1 Euro für ein Heft, 1,55 für zwei. Vorkasse. Diese Kleinigkeiten sind wohl am besten zu ordern als Beilage zu einer anderen Bestellung. Man kann die Heftchen aber auch am Automaten ziehen.
Nachtrag Das Rätsel ist gelöst und der Preis geht an PB in S. und FH in B. — Wie heißt es auf einer Postkarte, die ich einst mit Texten von Max Goldt bedruckte, welcher neue Sprüche für Poststempel vorschlug: “Schließe deine Wissenslücken an der Uni von Saarbrücken!”
— Martin Z. Schröder
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Mark Twain grüßt aus Heidelberg · 2. November 2009
In der Mustermappe der Druckerey lag bisher ein Kartenmodell Truman Capote, das dem neuen typografisch gleicht. Nur das Kuvert hat einen zusätzlichen Schnörkel bekommen. Und das neue Modell ist auf einem anderen Karton gedruckt. Nämlich “Crown Mill Pure Cotton” (also ganz von Baumwolle gemacht) aus der belgischen Papiermühle Pelletier.
Gesetzt wurde aus der halbfetten Walbaum, links in Versalien der Name, rechts in gewöhnlicher Schreibung der Ort mit einem Komma. Klassische Briefkarte. Wenn man sie einmal hat, mag man sie nicht mehr entbehren für die stilvollen Kurznachrichten.
Mark Twain, gelernter Schriftsetzer, äußert sich in seinen Reisebeschreibungen begeistert über Heidelberg. Er war zwar auch einige Monate in Berlin, aber in Berlin bin ich ja schon, das muß ich nicht immerzu drucken. Heidelberg klingt außerdem sehr gemütlich.
Heidelberg in Walbaum-Antiqua halbfett, Petit (8 Punkt).
Ich hab’ mein Herz in Heidelberg verloren, / in einer lauen Sommernacht, / ich war verliebt bis über beide Ohren / und wie ein Röslein hat ihr Mund gelacht. / Und als wir Abschied nahmen vor den Toren / beim letzten Kuß, da hab ich’s klar erkannt: / daß ich mein Herz in Heidelberg verloren. / Mein Herz, es schlägt am Neckarstrand.
Der Baumwollkarton ist mit der Feder sehr gut beschreibbar.
Und der Schnörkel unter den Initialen auf der Klappe des Kuverts gehörte zum Bestand der Eremiten-Presse (ich berichtete.)
Das Muster-Kuvert ist mit rotem Seidenpapier gefüttert, lieferbar sind die Kuverts auch mit dunkelgrünem und dunkelblauem Futter; für größere Mengen (ich glaube, schon ab 1000 Stück) gibt es eine große Auswahl von Futterfarben. Ob es sich hierbei um eine Geschenkidee handeln könnte? Weil Weihnachten naht? Wohl!
Allerdings kann man eine solche Anfertigung nicht selber behalten, weil ja der Name des zu Beschenkenden drauf gedruckt wird. Gleich zwei Aufträge zu platzieren, kommt billiger, weil ich weniger Aufwand habe mit der Maschineneinrichtung.
— Martin Z. Schröder
Locken drehen · 24. Oktober 2009
Etwas langsamer fließen die Beiträge in diesen Wochen ins Blog — es ist viel in der Werkstatt zu tun. Viel Satz, viel Druck. Aber auch die Arbeit an der Druckermarke mit dem Bären erweist sich als umfangreicher als gedacht, genauer: die Umsetzung vom Holzstich in die Ätzung. Deren Vorlage wiederum in einem nächsten Schritt in Messing gefräst werden wird.
Aber noch ist die Vorlage nicht fertig. Die vierte Ätzung kam heute aus der Klischeeanstalt, und die neue Retusche verbessert das Bild deutlich. Ich muß tatsächlich jede Locke im Bärenfell nachzeichnen. Wenn man von einer Druckform im Buchdruck druckt, wird der Abdruck immer etwas kräftiger im Strich sein als die Vorlage. Der Abdruck ist kein Spiegelbild des Druckstockes, sondern immer etwas fetter durch die Quetschung der Ränder. Die Vorlage, der Druck vom Holz, der hier gescannt wurde, ist auf hochglattem Papier mit feinstem Prachtdruckschwarz und ganz wenig Preßdruck gefertigt worden. Aber die Ätzungen, die von dieser Aufnahme gefertigt werden, sind zu dunkel.
Hellt man das Bild nun auf, brechen auch feinste schwarze Linien weg. Nach dem Aufhellen muß also nachgearbeitet werden. Teilweise genügt das Aufhellen aber gar nicht, weil feine weiße Linien mit Farbe zulaufen. Hier muß also beherzt in die Zeichnung eingegriffen werden. Es ist eine enorme Fummelei, die Retusche entsteht an einer vielfachen Vergrößerung pixelweise am Bildschirm. Vor Augen habe ich dabei unter der Lupe den besten Abzug vom Holzstock und den des jeweils letzten Magnesiumklischees.
Dies ist der Abzug eines frühen Scans.
Und hier der gestern vom frischen, retuschierten Klischee abgezogene Bär. Die am rechten Arm herabhängenden Zotteln, die Krallen im linken Fuß, die Abgrenzung der Sohle im rechten Fuß sind drei deutlich sichtbare Unterschiede im Vergleich mit obenstehendem Bären.
Die Buchseite des Buches in der Bärentatze ist etwa 2 mm hoch. Links Ätzung Nr. 1, rechts Ätzung Nr. 4. Ich taste mich langsam heran, denn ich weiß nicht immer, wie weit ich die weißen Linien öffnen muß, damit sie tief genug geätzt werden, um im Druckbild sichtbar zu werden. Die feinen Details, die hier allmählich verbessert werden, beeinflussen die Gesamtfigur stark. Durch das mehrfachre Reproduzieren sind scharfe Kanten rund und spitze Winkel stumpf geworden. Dies rückgängig zu machen, braucht Zeit.
Auch die drei Buchstaben habe ich nachgearbeitet. Ausschlaggebend ist der Holzstock. Der Abdruck der Ätzung muß dem Abdruck des Stiches so weit wie möglich gleichen. Nur der Stich zeigt die Absicht des Künstlers. Auf diesem Bild ist oben die erste, unten die vierte Ätzung zu sehen. In den Füßen ist die Bearbeitung besonders deutlich zu erkennen.
— Martin Z. Schröder
Der Druckerey-Bär bezieht die erste Höhle · 15. Oktober 2009
Und diese Höhle ist hier. Heute abend wurde der Bär in sein Amt eingeführt, diesem Blog seine freundliche Würde zu leihen. Und angesichts der uns umfangenden Kühle des Frühwinters auch seine Wärme.
Dieser Image-Wandel berührt mich doch etwas wehmütig. Zwar bin ich entschlossen, mich vom Greifen, dem allgemeinem Druckerwappen, als meinem Firmenzeichen zu verabschieden, aber wenn ich dann so die neuen Drucksachen sehe, merke ich, wie sehr ich mich an ihn gewöhnt habe. Ich meine aber auch, daß der Wechsel richtig ist, weil der Bär, den Hans-Joachim Behrendt für mich in Holz gestochen hat, meiner Werkstatt und meiner Arbeitsweise näher steht. Weil er das Image meiner Werkstatt genauer abbildet (Imago, lat. Bild). Er ist viel weniger schroff und abweisend als der Greif. Herr Petz kommt als freundlicher Zeitgenosse des Weges. Handwerklich ist er viel schöner gearbeitet als der gedruckte Drucker-Greif. Der digitale Greif, den mein Kollege Dieter Keller vor vielen Jahren für mich neu gezeichnet hat, ist zwar besser ausgeführt, er hat an Humor gewonnen, ein wenig Kindlichkeit in den dicken Pfoten und im etwas tapsigen Schritt, aber er kann die Wärme, die Meister Petz mitbringt, nicht ausstrahlen. Herr Greif ist ein recht abstraktes Fabel- und Wappen-Wesen.
Meister Petz dagegen: ein Märchenprinz im Pelz, ein Connaisseur: Honigkenner ersten Ranges, als klassisches Kuscheltier und Teddy ein Freund der Kinder und überhaupt die allgemeine Verkörperung von Wohligkeit. Für einen Dienstleister also ein guter Führer. Er kann, so sagt Wikipedia über den Braunbären, bis zu 50 Kilometer pro Stunde rennen. Paßt auch zum Drucker. Man muß gelegentlich sehr schnell sein.
— Martin Z. Schröder
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Zahlenkreuzung · 30. September 2009
Auf eine Karte war ein Datum als Ornament zu setzen, die Form war mir vorgegeben worden. Im Entwurf meiner Kundin standen die Ziffern eng. Wie man im Bleisatz sieht, kann man die Ziffern nicht ganz eng stellen. Um die Ziffer 0 herum ergibt sich durch Ober- und Unterlänge des Buchstabenkörpers nicht zu verkleinernder Raum.
Die Schrift: Es ist die Garamond von Typoart in Petit (8 Punkt). Hier im Bild stark vergrößert.
— Martin Z. Schröder
Vom Schrott · 27. September 2009
Vor zehn oder fünfzehn Jahren, weiß nicht mehr, zeigte mir ein Freund einen Schrotthaufen, den er für mich vom Schrottplatz “gerettet” hätte. Ich freute mich darüber, packte die Kleinteile in Papier und verfrachtete den flüchtig mit Öl betupften Schrott aus Mecklenburg in meinen Berliner Keller.
Kürzlich war dieser Keller zu entrümpeln. Ich bat die beiden Entrümpelungsjungs, den Schrotthaufen in meine Werkstatt zu bringen. Nun liegt der Schrott in der Druckerey. Ein Haufen Gußeisen mit ein paar gedrehten eisernen Wellen.
So trostlos, wie es aussieht, ist es gar nicht. Der Rost hat sich nicht eingefressen, mein Keller war immer ein trockener Kohlenkeller, den die Ausflüsse aus den gelegentlichen Rohrbrüchen nie erreicht hatten.
Die Maschinenfabrik Rich. Otto Krüger, vormals Krüger & Pohl, Berlin hat vor über 100 Jahren diesen Boston-Tiegel gebaut. Die Laufräder der Walzen liefen auf Lederriemen. Ich schätze, die Maschine wurde deutlich vor 1900 gebaut, vielleicht hat sie mehr als 120 Jahre auf dem Buckel. Jetzt mache ich mich daran, sie zu reinigen, zu ölen und zusammenzubauen. Dann werde ich sehen, welche Teile fehlen. Die Walzenspindeln fehlen, und wenn die Maschine drei Walzen hatte, fehlen auch zwei Laufräder und zwei Walzenhalter mit Federn. Eine Schraube im Tiegel ist abgebrochen. Und ich werde entscheiden, ob es sich lohnt, diese Teile vom Schlosser anfertigen zu lassen, um die Presse wieder in Betrieb zu nehmen. Oder ob ich sie als Schaustück weggebe. Ob ich mit auf Lederriemen laufenden Walzen gute Druckergebnisse hinbekomme, bezweifle ich. Aber eine Maschine aus Berlin in der Berliner Druckerey wäre doch hübsch. Mal sehen, was daraus wird. Schrott ist das nun jedenfalls nicht mehr.
— Martin Z. Schröder
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Gebürsteter Schmuck · 24. September 2009
Zu der kürzlich erneut erwähnten Lieferung gehörte auch dieser große Einzelbuchstabe. So nahm ich ihn aus dem Kasten. Er ist wohl lange nicht eingesetzt worden.
Diese Zahnbürste hatte mir mein Zahnarzt empfohlen. Hat sie mehr Borsten als andere Modelle? Ist sie etwa die Zahnbürste mit den meisten Borsten? Sie entfernt Beläge wirkungsvoll. Nicht nur Zahnbeläge, auch Buchstabenbeläge.
Ein Schweizerdegen nimmt selbstverständlich eine Schweizer Zahnbürste mit Rekordborstenmenge, um seine Buchstaben von Belägen zu befreien. CURAPROX! Mit 5460 Borsten, Durchmesser jeder Borste: 0,1 mm.
Ist so ein sauberer Buchstabe nicht ein erquickender Anblick?
Das wird wohl ein H sein, oder ist es ein F? Könnten die schriftkundigen Leser mir bitte, bitte sagen, wofür sie diese Letter halten?
— Martin Z. Schröder
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Z wie Zuversicht, Neujahrskarte 2010 · 21. September 2009
Es herbstet, und der Drucker bereitet sich auf den Bedarf an stilvollen Glückwunschübermittlungen vor. Neulich berichtete ich vom Erwerb von Zierversalien aus dem Bleisatz-Magazin von Georg Kraus, die er von der 1949 in Frankfurt gegründeten Eremiten-Presse übernommen hatte.
Die Idee zu dieser Karte habe ich geklaut, und zwar aus einem Buch von Hans-Joachim Schauß. (Unten mehr dazu.) Freilich ist die Ausführung dann doch ganz anders, wieder einmal mit dem Farbschnitt, hellgrün zum kräftigen Rot des Kartons.
Hier ist das Initial in der Druckform zu sehen.
Der Anblick einer solchen Skulptur gehört zu den Freuden und Erhebungen des Drucker-Lebens.
Dazu habe ich als glatte Type die Futura gesetzt, die beiden Z aus dreiviertelfetter, den Rest aus magerer.
Preise Die Karte ist zu haben für 2,20 pro Stück. Ab 10 Stück: 1,80 per Stück. Auf Wunsch mit gefüttertem Kuvert, dann 2,40 Euro per Set. Oder ab 10 Stück: 20,00 Euro. Alle Preise inklusive 19% Mehrwertsteuer zuzüglich Versand.
Geklaut? Es ist in der Gebrauchsgrafik gar nicht unüblich, daß man gute Ideen weiterträgt. In der Buchausstattung ist fast alles schon einmal dagewesen. Ob es sich um den Satzspiegel oder das Initial handelt, man erfindet nichts, wenn man Bücher macht. Aber auch in Akzidenzen, Kleindrucksachen, gibt es Beispiele für berühmte Diebereien wie das Exlibris von Valter Falk, das Jan Tschichold mit neuer Schrift nachgesetzt hat. Ich hab es dann dem Tschichold geklaut, wieder in einer anderen Schrift. Ach, hatte ich ja erst im Juni hier erzählt.
Die Abbildung der Karte von Gerd Haubner (über die Suche in der Allianz Deutscher Designer zu finden) entnahm ich dem bei Faber & Faber erschienenen (und leider überall vergriffenen) Buch “Pünktliche Pointen” von Hans-Joachim Schauß, einem prägenden Gebrauchsgrafiker der DDR, der über 800 Büchern ein Gesicht gegeben hat, vorrangig für den Verlag der Nation in Berlin, dessen Künstlerischer Leiter er viele Jahre lang war.
Der Dichter Jürgen Rennert schrieb über den Grafiker Hans-Joachim Schauß diese rhythmischen Zeilen:
Die feinnervigen Magier wie Schauß
Stehen im Dunkel
Stets überschlagnen Impressums und hüten,
Behutsam Schatten verteilend das Licht …
Vor sieben Jahren habe ich ein ebenfalls längst vergriffenes Buch von Schauß besprochen (PDF).
Die Designer-Schelte in diesem Text würde ich heute nicht mehr aufrechterhalten, ich kenne inzwischen auch eine ganze Reihe junger Gebrauchsgrafiker, die bewundernswerte Arbeiten machen. Und ich würde auch nicht mehr behaupten, daß serifenlose Schrift besser lesbar sei als eine Schrift mit Serifen. Man lernt glücklicherweise nie aus.
— Martin Z. Schröder
Blasen in Quadraten · 15. September 2009
Diese Stücke drucken nicht mit, sie tragen keine Lettern, die sind dazu da, eine Druckform auszustopfen, die druckenden Teile zu umfassen und in der Form festzuhalten. Blindmaterial heißen solche Teile, weil sie im Druck nicht zu sehen sind, sie geben kein Bild. Diese beiden hier sind sogenannte Quadraten. Nicht Quadrate, sondern Quadraten. Der Singular ist allerdings fast unverändert: Quadrat. Allerdings sagen wir nicht das, sondern der Quadrat. Hat mit dem geometrischen nicht viel zu tun, die Seiten der großen Flächen sind nicht gleich lang. Vielleicht deshalb die sprachliche Unterscheidung: der Quadrat, die Quadraten. Und ich finde zwei, die haben einen Buckel. So etwas ist unbrauchbar, denn das Handwerk ist so genau, daß wir Setzer und Drucker mitunter Seidenpapier in die Druckformen einsetzen.
Da hat eine Schriftgießerei mal Ausschuß produziert. Und ich hab, weil die Dinger unbrauchbar sind, die Ahle genommen und die Furunkel aufgestochen. Reine Neugier.
Innen ist tatsächlich ein Hohlraum. Die beiden Quadraten kommen in die Zeugkiste zum Altblei.
— Martin Z. Schröder
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Die Druckerey empfiehlt sich · 12. September 2009
Wie zuletzt berichtet ist einiger neuer Schmuck in der Druckerey angekommen. Meine Partner R.S.V.P. — Papier in Mitte hatten darum gebeten, einige meiner Visitenkarten in ihrem hübschen Geschäft in der Berliner Mulackstraße zu deponieren, um Anfragen ihrer Kunden angemessen beantworten zu können — nicht mit handgeschriebenen Zetteln.
Mir erschien es naheliegend, meinem Lieblingspapierladen eigene Karten zu drucken, wozu einige der neuen Schnörkel zur Anwendung kommen sollten.
Gekrönt wird der Textsatz mit einem Einzelstück.
Der die Kolumne schließende Schmuck ist aus vier Teilen zusammengesetzt.
Ich hatte anfangs etwas mehr eingebaut, gewissermaßen eine Aufhängung für diesen Kronleuchter. Links die gedruckte Form, rechts eine der Testformen. Links wurden der Durchschuß (Zeilenzwischenraum) verringert und der Schmuck reduziert.
Denn nach einigem Ausprobieren — ich kenne den neuen Schmuck ja noch nicht und muß die Figuren erst einmal drucken — schien mir doch Maßhalten geboten. Zumal die Form des Satzes selbst schon eine ornamentale ist.
Das Klappkärtchen (Hochformat im Goldenen Schnitt) wurde mit einem roten Farbschnitt ausgestattet. Der Druck ist dunkelblau.
— Martin Z. Schröder
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Neuer Zierrat · 9. September 2009
Am 23. Juni hat Georg Kraus in seinem Blog über die Übernahme von Setzmaterial aus der Düsseldorfer Eremitenpresse berichtet. Vor ein paar Tagen kam die erste Lieferung, denn ich habe mich mit Erfolg um die Übernahme einiger Stücke beworben.
Diese erste Lieferung enthält Buchschmuck und Initiale (Singular die Initiale, Plural die Initialen — Singular das Initial, Plural die Initiale).
In diesen Kuverts fand ich gußfrische kleine Aldusblätter.
Sicherlich wird für die nächste Buchproduktion einer dieser prachtvollen Buchstaben gedruckt werden.
Und das A nach der Reinigung mit Waschbenzin und einer weichen Bürste.
Hübsches Rahmenmaterial habe ich bekommen.
Endlich habe ich auch Schmuck für klassizistische Schriften.
Dieser Schmuck hat meistens sehr zarte Linien, und er wurde im 20. Jahrhundert wenig eingesetzt, deshalb ist wenig erhalten.
Wenn man Hintergrundflächen und Rahmen setzen möchte, braucht man Schmakazien, wie wir Setzer unseren Zierrat scherzhaft nennen, in größeren Mengen.
Ich bin mit der Lieferung sehr froh, und eine Drucksache ist schon in Arbeit, ich zeige sie demnächst.
— Martin Z. Schröder
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Schriftzeichen basteln · 6. September 2009
Nicht jedes Schriftzeichen findet der Schriftsetzer in den 125 Fächern des Setzkastens. Für die Visitenkarte eines Nautikers war eine Ortsbestimmung zu setzen, für die ein Gradzeichen benötigt wird. Für das Minutenzeichen läßt sich in der Futura auch das Apostroph einsetzen, aber woher ein Gradzeichen nehmen? Ich habe keinen Kasten für Formelsatz mit entsprechenden Sonderzeichen. Mal hier und mal da findet sich das ein oder andere, aber ein Gradzeichen suchte ich vergeblich. In größeren Schriftgraden könnte man sich mit einer Mediäval-Null oder einem Buchstaben o aus einer geeigneten Schrift behelfen, aber ich hatte die Position aus 8p magerer Futura zu setzen.
Ich fand einen Kreis, der auf ein Nonpareille-Geviert, also ein 6p-Geviert gegossen war. Der Kreis paßte, aber die Letter, auf der er saß, war zu groß. Also nahm ich erst das Schnitzmesser und dann die Feile.
Das dauerte eine ganze Weile. 6p sind 2,26 mm. Und von denen war ein Sechstel zu entfernen, das ist eine rechte Fummelei.
Aber am Ende konnte ich die passend gemachte Letter einsetzen. Man muß sich zu helfen wissen. Zwar hätte ich auch ein Klischee des gesamten Satzes anfertigen lassen können, aber mein Kunde wünschte sich den Satz komplett aus Blei, und diesen Wunsch habe ich gern erfüllt.
Empfehlung: Gutes Design zeigt die Seite Public School
— Martin Z. Schröder
Aufwendige Visitenkarten · 4. September 2009
Wer grafisch am Computer arbeitet, entwickelt oft ganz andere Entwürfe als ein Akzidenzsetzer wie ich, der Typografie gewissermaßen aus dem Setzkasten heraus denkt. Designer wie Patrick O. Wodtke erinnern mich aber trotzdem an früher. Als ich noch angestellter Schriftsetzer in einer Akzidenzsetzerei war, bekamen wir von Gebrauchsgrafikern Skizzen, die wir nachbauten. Axel Bertram war in der Buchdruckerei Rapputan in der Berliner Friedrichstraße dafür bekannt, besonders enge Wortzwischenräume im Satz zu bestellen, anders als wir es gewöhnlich handhabten.
POW wünschte sich Visitenkarten, die auf einer Seite mit einer Farbfläche im Beschnitt bedruckt waren, darin negativ eine Grafik, auf der Rückseite eine digital gesetzte Schrift. Beides war also nicht vom Bleisatz zu drucken, sondern vom Klischee. Die Karten sollten mit einem Farbschnitt ausgestattet werden. Als Farbangaben wurden mir Nummern aus dem HKS-Farbfächer genannt. Ich danke Herrn Wodtke für die freundliche Genehmigung, die von ihm entworfenene, gesetzte und gezeichnete und von mir ausgeführte Arbeit hier zeigen zu dürfen.
Das Klischee mußte also größer angelegt werden als das Format der Karte, um den Schnitt in die Farbfläche hineinsetzen zu können.
Das Papierformat brauchte einen Rand über die Druckfläche hinaus, damit es in der Maschine befestigt werden konnte. Gewöhnlich drucke ich auf das Endformat und setze den Farbschnitt vor dem Druck an.
Die dunkelbraune Farbe habe ich von Hand gemischt. Selbst wenn ich die entsprechende HKS-Farbdose im Regal hätte: Im Buchdruck ist der Farbauftrag höher als im Offset, mit dem der Farbfächer gedruckt ist. Das Papier mit der filzmarkierten Oberfläche und die Farbfläche des Druckbildes brauchen einen extra hohen Farbauftrag.
Eine Farbe aus der Dose würde dadurch dunkler scheinen als die Vorlage auf dem Farbfächer. Dem müßte also durch Aufhellen der Farbe entgegengewirkt werden. Dann mische ich lieber gleich. Hier also ein dunkles Braun, dazu ein Löffelchen kaltes Rot, eine Messerspitze Orange und ein Stritz Schwarz.
Nach dem Drucken und dem Beschnitt sowie dem Anschleifen der Schnittflächen wird die Farbe auf die Schnittflächen aufgetragen. Auch diese Farbe ist von Hand gemischt nach Angabe einer HKS-Farbe. Nach dem Auftragen wird die Farbe poliert und mit einem dünnen Lack überzogen.
Vor dem Schneiden wurden die Drucke mit dünnem Papier durchschossen. Der Preßbalken und das Messer in der Schneidemaschine üben einen so hohen Druck aus, daß die Farbe der Farbfläche unweigerlich auf der Rückseite der nächsten Karte abziehen würde. Außerdem wird der Papierstapel für den Farbschnitt sehr hohem Preßdruck ausgesetzt. Nach dem Schneiden habe ich die recht fest haftenden Zwischenlagen abgezogen, aber für das Verpacken zwischen den Karten gelassen, denn auch Abrieb in einem festen Päckchen wäre unschön.
Immer wenn sich ein Designer mit einer Anfrage meldet, bekomme ich es erst einmal ein wenig mit der Angst zu tun. “Designer” ist keine geschützte Berufsbezeichnung, und auch wenn es das wäre, gibt so ein Wort noch keine Garantie für typografisches Verständnis. Aber bislang hatte ich Glück mit meinem Designer-Kunden. Typografisch ist auch an diesem Entwurf von Patrick O. Wodtke nichts auszusetzen, der Schriftsatz in der PDF-Vorlage, die ich für die Klischeeherstellung benötige, war einwandfrei. Von Designern dieser Güteklasse kann ich lernen, und sie fordern mich technisch heraus: Die Kombination von Farbfläche im Beschnitt, zweiseitigem Druck und Farbschnitt erfordert genaue Planung.
— Martin Z. Schröder
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Einfach auf den Kopf drehen · 28. August 2009
Das Telefon klingelt um 16 Uhr.
“Könnten Sie bis morgen früh um 10 noch ein Ergänzungskärtchen zu unserem Programm drucken? Spielkartengröße, einfarbig zweiseitig, fünfzig Stück, Text kommt heute abend, aber nicht vor 8.”
“Hm. Es ist dann morgen noch nicht trocken. Und für den zweiten Druckgang muß die erste Seite trocken sein.”
“Wir brauchen es erst in zwei Tagen, wir nehmen die feuchten Drucke im offenen Karton mit und stellen sie ins Auto. Die Rückseite mit dem Signet könnten Sie doch heute noch drucken, das Klischee haben Sie ja. Ginge das?”
Unmögliches möglich zu machen, bereitet dem Handwerker immer besonderes Vergnügen. Das kitzelt den Ehrgeiz. Und was das alte Handwerk vermag, das holt man auch vergnügt aus ihm heraus.
Sobald der Hörer, in den ich noch meine Zusage gesprochen hatte, auf der Gabel lag, wurde die laufende Arbeit unterbrochen, die Maschine umgerüstet, und anderthalb Stunden später war die erste Seite gedruckt. Am nächsten Morgen stand ich ein paar Stunden eher als gewöhnlich am Setzkasten, der Text war am späten Abend per E-Mail eingegangen und wurde nun in den Winkelhaken gesetzt. Der Schöndruck vom Vorabend war trocken genug, um den Widerdruck anzugehen.
Mein Kunde strahlte, als er Stunden später die Karten (mit eingeschossenem Papier, um das Abliegen der Farbe durch Hin- und Herrutschen zu verhindern) in Empfang nahm — und das sieht der Handwerker allzu gern.
Ein Vorzug des Handsetzens gegenüber anderen Satztechniken ist, daß der Setzer jedes Teil (jede Letter und jeden Raum zwischen Buchstaben und zwischen Zeilen) in die Hand nimmt und dabei die Regeln der Feintypografie gewissermaßen automatisch anwendet. Auch ein paar Tricks gehören dazu.
Zwischen Versalien (Großbuchstaben, auch Majuskeln) stehen Zeichen, die auf die Mitte der Minuskelhöhe (also die Höhe der Kleinbuchstaben) gestellt sind, meistens zu tief. Es sind nicht viele, nämlich das Divis (Bindestrich), der Gedankenstrich, der auch für “bis” steht, und der auf Mitte stehende Punkt. Bei vielen Schriften kann man diesem Mangel abhelfen, indem man das Zeichen auf den Kopf dreht. Auf nebenstehenden Foto sieht man es: Oben auf der Karte steht der Strich besser als in der unteren Zeitangabe, wo ich ihn für das Foto noch mal zurückgedreht habe. Die Unsauberkeit ist eine des Andruckes, den ich schon in den Fingern hatte. Im Auflagendruck wurde Farbe reduziert und wurde auch das “Tanzen” der Lettern, also die zu hoch stehende 9 in 1904, korrigiert. Das Foto zeigt eine stark vergrößerte, im Original 12p große Schrift. 12 Punkt (Cicero) = 4,5 mm, das Maß bezieht sich auf den Metallkörper, auf dem der Buchstabe sitzt. Die Versalzeilen mit den Namen sind aus einer 8p (Petit) schmalmageren Futura gesetzt.
Die kleine Rille am Fuß der Letter ist die Signatur. Der Schriftsetzer achtet beim Setzen darauf und dreht die Letter so, daß die Signatur im Winkelhaken, wo die Lettern auf dem Kopf stehen, damit man die Spiegelschrift von links nach rechts setzen kann, nach oben zeigt, also sichtbar ist und sich als Rille durch die Zeile zieht. An der Signatur kann er in vielen Schriften auch falsche Buchstaben aus anderen Schriften erkennen, die sogenannten Zwiebelfische. Manche Schriften haben zusätzliche Signaturen, selten sogar auf beiden Seiten, und in jeder sitzt sie auf einer etwas anderen Höhe und hat eine etwas andere Größe. Die hier aus dem Satz gezogene Letter steht auf dem Kopf, die Signatur zeigt es an. Es gibt auch Setzkästen, in denen liegt eine Schrift aus zwei Gießerei-Lieferungen mit verschiedenen Signaturen. Dann hilft die Signatur nicht viel, Zwiebelfische zu erkennen.
Im digitalen Satz wird meistens der Text in eine Form gebracht, und dann bringt der gewissenhafte Setzer Zeile für Zeile die Details in Ordnung. Steht er unter Zeitdruck, kann ihm manches durch die Lappen gehen. Der Handsetzer wendet die Regeln und Tricks immer an, es gehört zu seiner Routine und geschieht unabhängig von der Eiligkeit eines Auftrags. Und während im Offset erst eine Druckplatte angefertigt werden muß, ist der fertige Bleisatz schon die Druckform. Bei so kleinen Sachen, 50 Karten wie die gezeigte, kann der Offset mit der Geschwindigkeit kaum mithalten, da spielt der Buchdruck (der englische Begriff Letterpress verbreitet sich inzwischen auch hierzulande, vor allem bei meinen Kunden, die Designer sind) beinahe in der Digitaldruck-Liga.
Was ich im Bleisatz leider nicht konnte: Antonín Dvo?ák seine tschechischen Akzente lassen.
— Martin Z. Schröder
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