Blasen in Quadraten
Diese Stücke drucken nicht mit, sie tragen keine Lettern, die sind dazu da, eine Druckform auszustopfen, die druckenden Teile zu umfassen und in der Form festzuhalten. Blindmaterial heißen solche Teile, weil sie im Druck nicht zu sehen sind, sie geben kein Bild. Diese beiden hier sind sogenannte Quadraten. Nicht Quadrate, sondern Quadraten. Der Singular ist allerdings fast unverändert: Quadrat. Allerdings sagen wir nicht das, sondern der Quadrat. Hat mit dem geometrischen nicht viel zu tun, die Seiten der großen Flächen sind nicht gleich lang. Vielleicht deshalb die sprachliche Unterscheidung: der Quadrat, die Quadraten. Und ich finde zwei, die haben einen Buckel. So etwas ist unbrauchbar, denn das Handwerk ist so genau, daß wir Setzer und Drucker mitunter Seidenpapier in die Druckformen einsetzen.
Da hat eine Schriftgießerei mal Ausschuß produziert. Und ich hab, weil die Dinger unbrauchbar sind, die Ahle genommen und die Furunkel aufgestochen. Reine Neugier.
Innen ist tatsächlich ein Hohlraum. Die beiden Quadraten kommen in die Zeugkiste zum Altblei.
tags: blindmaterial, letterpress, quadraten
Jeeves am 15. September 2009 # :
Mir ist nicht ganz klar geworden, wozu diese Dinger da sind. “Druckform ausstopfen” sagt mir nix; ich kann mir aber vieles vorstellen. Und wie groß oder klein sie sind, erkennt man auch nicht so recht; wenn ich die Größe dieser Ahle (einer Ahle überhaupt) kennen würde, wär’s womöglich einfacher. Ich weiß, es ist ‘ne laienhafte Anmerkung resp. Frage. Aber es gilt bestimmt: “wieso, weshalb, warum – wer nicht fragt bleibt dumm”. Drum: Danke.
Martin Z. Schröder am 15. September 2009 # :
Danke für die Anregung! Die Anregung dazu, das Setzen und “Ausschließen” demnächst genauer zu erklären. Zuvörderst ist dieses Blog für den Laien gedacht, deshalb ist die Frage also willkommen.
Jeeves am 16. September 2009 # :
Ich mag Menschen, die noch “zuvörderst” schreiben. Danke auch dafür!
Georg Kraus am 16. September 2009 # :
Das Hohlgießen von Quadraten und auch von Schrift-Lettern ab 20 p aufwärts findet sich immer wieder in alten Beständen. Eine Recherche der Schriften ergibt dann regelmäßig einen Erstguß zwischen 1916 bis 1924. Der Grund ist simpel: Aufgrund der Materialknappheit durch die See-Blockade des Deutschen Reiches durch die Engländer kamen findige deutsche Schriftgießer auf die Idee, z.B. bei Gemeinen, die ja auch auf Vollkegelhöhe gegossen werden müssen, jedoc im oberen Drittel des Letters kein Druckbild beinhalten, einen Platzhalter in die Matrize des gemeinen Letter einzubauen. Im Guß ergab sich daraus eine rechteckige Aussparung, flankiert von links und rechts befindlichen schmalen gegossenen Stegen, die die Schriftgröße einhielten.
Beim Blindmaterial, genauer, bei den Quadraten gab es aus den genannten Gründen unterschiedliche Vorgehensweisen. Es gab Hohlgüsse, wie sie der Kollege Schröder in den Abbildungen der Quadraten zeigt, Es gab aber auch Quadraten, die gar keine geschlossenen Ränder mehr zeigten, sondern auf einer Seite ist eine Art Raute gegossen, die einerseits Stabilität beim Setzen garantieren soll (was aber nicht so recht funktioniert), andererseits Material spart.
Die Schriftgießerei VEB TypoArt, Dresden, hat Quadraten ab 14 p bis 28 p bis zuletzt, also 1989(?) als Hohlguß produziert. Sicher auch, um Material zu sparen.