Locken drehen
Etwas langsamer fließen die Beiträge in diesen Wochen ins Blog — es ist viel in der Werkstatt zu tun. Viel Satz, viel Druck. Aber auch die Arbeit an der Druckermarke mit dem Bären erweist sich als umfangreicher als gedacht, genauer: die Umsetzung vom Holzstich in die Ätzung. Deren Vorlage wiederum in einem nächsten Schritt in Messing gefräst werden wird.
Aber noch ist die Vorlage nicht fertig. Die vierte Ätzung kam heute aus der Klischeeanstalt, und die neue Retusche verbessert das Bild deutlich. Ich muß tatsächlich jede Locke im Bärenfell nachzeichnen. Wenn man von einer Druckform im Buchdruck druckt, wird der Abdruck immer etwas kräftiger im Strich sein als die Vorlage. Der Abdruck ist kein Spiegelbild des Druckstockes, sondern immer etwas fetter durch die Quetschung der Ränder. Die Vorlage, der Druck vom Holz, der hier gescannt wurde, ist auf hochglattem Papier mit feinstem Prachtdruckschwarz und ganz wenig Preßdruck gefertigt worden. Aber die Ätzungen, die von dieser Aufnahme gefertigt werden, sind zu dunkel.
Hellt man das Bild nun auf, brechen auch feinste schwarze Linien weg. Nach dem Aufhellen muß also nachgearbeitet werden. Teilweise genügt das Aufhellen aber gar nicht, weil feine weiße Linien mit Farbe zulaufen. Hier muß also beherzt in die Zeichnung eingegriffen werden. Es ist eine enorme Fummelei, die Retusche entsteht an einer vielfachen Vergrößerung pixelweise am Bildschirm. Vor Augen habe ich dabei unter der Lupe den besten Abzug vom Holzstock und den des jeweils letzten Magnesiumklischees.
Dies ist der Abzug eines frühen Scans.
Und hier der gestern vom frischen, retuschierten Klischee abgezogene Bär. Die am rechten Arm herabhängenden Zotteln, die Krallen im linken Fuß, die Abgrenzung der Sohle im rechten Fuß sind drei deutlich sichtbare Unterschiede im Vergleich mit obenstehendem Bären.
Die Buchseite des Buches in der Bärentatze ist etwa 2 mm hoch. Links Ätzung Nr. 1, rechts Ätzung Nr. 4. Ich taste mich langsam heran, denn ich weiß nicht immer, wie weit ich die weißen Linien öffnen muß, damit sie tief genug geätzt werden, um im Druckbild sichtbar zu werden. Die feinen Details, die hier allmählich verbessert werden, beeinflussen die Gesamtfigur stark. Durch das mehrfachre Reproduzieren sind scharfe Kanten rund und spitze Winkel stumpf geworden. Dies rückgängig zu machen, braucht Zeit.
Auch die drei Buchstaben habe ich nachgearbeitet. Ausschlaggebend ist der Holzstock. Der Abdruck der Ätzung muß dem Abdruck des Stiches so weit wie möglich gleichen. Nur der Stich zeigt die Absicht des Künstlers. Auf diesem Bild ist oben die erste, unten die vierte Ätzung zu sehen. In den Füßen ist die Bearbeitung besonders deutlich zu erkennen.