Butterstullenwerfen mit Messinglinien
Hat man so was schon gesehen? Ich glaube, man hat so etwas in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts gesehen, den strömungsreichen, als Jugendstil und Bauhaus ineinanderflossen und alles erlaubt war, was interessant erschien.
Die Überschrift wurde aus der halbfetten Walbaum gesetzt, die Reime aus der kursiven.
Sechs Druckgänge hat die Karte durchlaufen. Vier Blautöne, dazu Gelb und für den Text Braun. Ein kleines Impressum steht auf der Rückseite.
An solchen grafischen Arbeiten zeigen sich die technischen Spuren. Nicht nur in der leicht abgenutzten Schrift. Die kursive Walbaum ist noch ganz gut in Schuß.
Die Flächen sind aus Messinglinien zusammengesetzt, und diese Linien zeigen auch im Druckbild deutliche Abnutzungsspuren. Es gibt etliche Tricks, wie man die Flächen gleichmäßig füllen und die Lücken schließen kann, aber diese Störungen machen die Fläche erst lebendig. Auch diese Karte ist in der Fontane-Abteilung des Online-Shops erhätlich.
Das Testen alten Fettes
Zur Schuber-Edition der Max-Goldt-Tetralogie wird eine Beilage angefertigt. Ein Faltblatt (auf Feinkarton gedruckt) mit einem Text von Max Goldt. Es handelt sich dabei um einen Reklametext für eine Altfettentsorgungsanlage.
Ich habe mich eine ganze Weile mit Entwürfen befaßt, aber immer wieder verworfen. Bis der Architekt Robert Patz, der letztes Jahr diese schönen Bilder in meiner Werkstatt gefunden hat, meinte, es müßten unbedingt Fettflecken auf dem Druck zu sehen sein. Das leuchtete mir gleich ein, und ich sah den Entwurf schon vor mir: zarte klassizistische Schriften auf Mitte gestellt, und zu dieser Vornehmheit der Fettfleck. Hier sieht man den Satz der Titelseite aus halbfetter Walbum und Unger-Fraktur.
Herr Patz setzte mich auch gleich auf die rechte Spur, welches Fett zu verwenden sei, denn es darf ja nicht die danebenliegenden Bücher angreifen.
Firnis gibt einen Fettfleck, der fest wird und nicht mehr abzieht. Ob das Drucköl auf Leinsamenbasis diese Stabilität auch hat, muß nun getestet werden. Immerhin ist es 1986 abgefüllt worden, und 27 Jahre altes Öl kann schon als altes Fett durchgehen. Das Faltblatt wird, wenn ich dieses Öl verwende, selbst zu einer Altfettentsorgungsanlage.
Ob und wie stark Firnis verdünnt wird, beeinflußt das Fließverhalten und so die Form des Fettflecks.
Vielleicht ist es auch gut, das flüssige Fett zu tönen, mit Farbe oder etwas Dreck.
Die Marmorpapierschuber sind derweil fertig. Ich habe mal drei Stück aus der Lieferung von Buchbinder Christian Klünder gegriffen für ein Foto. Sie sind aber noch nicht bestellbar.
Wenn die Beilage fertig ist, werde ich die Schuber füllen und fotografieren. Es gibt ja von jedem Design zwei Exemplare, also werde ich 25 Fotos für den Online-Shop machen, denn von jedem Design soll mindestens eines in den Handel. Es wird sicherlich noch einige Wochen dauern, weil das Fett so gründlich getestet werden muß. Und das Faltblatt enthält einen längeren Text, der ja von Hand gesetzt wird, auch das braucht etwas Zeit.
Kommentare [3]
Blaue Blume
Mein lieber Kollege Helmut Bohlmann, Schriftsetzer in Hamburg, schenkte mir vor mindestens einem Jahr, vielleicht sind es schon zwei, dieses kleine Klischee. Das mir immer vielversprechend erschien, aber mir fehlten bis jetzt Zeit und Gelegenheit, den Druckstock in die Presse zu spannen. Nun wurde er also aufgeklotzt und gedruckt, und er erscheint mir noch viel hübscher als in der Ansicht der Platte.
Diese Hübschigkeit entsteht vor allem durch die eindeutige grafische Handarbeit. Nicht immer diese in Bogen glattgezogenen kalten Bezierkurven, dieser ganze starre Vektorkram, den wir unentwegt von Mousepad-Grafikern vorgesetzt kriegen. Diese Geradheiten sind ermüdend. Wie lebendig ist doch diese Zeichnung, auch der eben nicht ganz gerade Rand.
Dazu gibt es ein Kuvert, in demselben Blau wie die Karte, ausgeschlagen mit einem weißen Seidenfutter, das beim Aufreißen des Umschlages hübsche weiße Fransen geben wird. Die Karte kann man kaufen im Online-Shop der Werkstatt. Für alle schönen Anlässe geeignet.