Das Testen alten Fettes
Zur Schuber-Edition der Max-Goldt-Tetralogie wird eine Beilage angefertigt. Ein Faltblatt (auf Feinkarton gedruckt) mit einem Text von Max Goldt. Es handelt sich dabei um einen Reklametext für eine Altfettentsorgungsanlage.
Ich habe mich eine ganze Weile mit Entwürfen befaßt, aber immer wieder verworfen. Bis der Architekt Robert Patz, der letztes Jahr diese schönen Bilder in meiner Werkstatt gefunden hat, meinte, es müßten unbedingt Fettflecken auf dem Druck zu sehen sein. Das leuchtete mir gleich ein, und ich sah den Entwurf schon vor mir: zarte klassizistische Schriften auf Mitte gestellt, und zu dieser Vornehmheit der Fettfleck. Hier sieht man den Satz der Titelseite aus halbfetter Walbum und Unger-Fraktur.
Herr Patz setzte mich auch gleich auf die rechte Spur, welches Fett zu verwenden sei, denn es darf ja nicht die danebenliegenden Bücher angreifen.
Firnis gibt einen Fettfleck, der fest wird und nicht mehr abzieht. Ob das Drucköl auf Leinsamenbasis diese Stabilität auch hat, muß nun getestet werden. Immerhin ist es 1986 abgefüllt worden, und 27 Jahre altes Öl kann schon als altes Fett durchgehen. Das Faltblatt wird, wenn ich dieses Öl verwende, selbst zu einer Altfettentsorgungsanlage.
Ob und wie stark Firnis verdünnt wird, beeinflußt das Fließverhalten und so die Form des Fettflecks.
Vielleicht ist es auch gut, das flüssige Fett zu tönen, mit Farbe oder etwas Dreck.
Die Marmorpapierschuber sind derweil fertig. Ich habe mal drei Stück aus der Lieferung von Buchbinder Christian Klünder gegriffen für ein Foto. Sie sind aber noch nicht bestellbar.
Wenn die Beilage fertig ist, werde ich die Schuber füllen und fotografieren. Es gibt ja von jedem Design zwei Exemplare, also werde ich 25 Fotos für den Online-Shop machen, denn von jedem Design soll mindestens eines in den Handel. Es wird sicherlich noch einige Wochen dauern, weil das Fett so gründlich getestet werden muß. Und das Faltblatt enthält einen längeren Text, der ja von Hand gesetzt wird, auch das braucht etwas Zeit.
tags: christian klünder, marmorpapier, max goldt
Christian L. am 2. Mai 2013 # :
Oh, die sehen fein aus, Herr Schröder.
Heike Sommerfeld am 6. Mai 2013 # :
Bedenken hätte ich hinsichtlich des Plans, Fettflecken in direkten Kontakt zu Papier zu bringen, das fettfleckfleckfrei bleiben sollte. Ich weiß nicht, wie sicher man sich hinsichtlich der Stabilität und des Verbleibens von Fetten auf dem dafür vorgesehenen Bogen sein kann. Irgendjemand steckt es als Lesezeichen in eins der Bücher, dann wird es mal wärmer (Sommer im ungenügend gedämmten Dachgeschoss oder Ofennähe), womöglich fängt das Fett an zu wandern, was es gern tut, und das wäre unerfreulich. Aber Sie machen vorher sicher einige Testreihen, und hoffentlich ist Ihr Fett sehr träge.
Das war eine kleine Anmerkung aus der papierrestauratorischen Ecke (die Kolleginnen freuen sich vielleicht schon auf die Arbeit),
mit herzlichen Grüßen
Martin Z. Schröder am 6. Mai 2013 # :
Sehr herzlichen Dank für zwei wunderbar seltene Sätze:
“… womöglich fängt das Fett an zu wandern, was es gern tut, und das wäre unerfreulich.”
“… hoffentlich ist Ihr Fett sehr träge.”