Zuerst wurde die Frau gemacht, der Mann folgt später · 27. September 2011
Ob man sich eine Frau backen kann? Ich bin Drucker! Also wenn man sich eine drucken will, benötigt man Deckweiß, Knallrot und Blau. Deckweiß und Rot zu Rosa, und damit es keine Barbiepuppe wird, kommt eine Winzigkeit Blau hinein.
Es sieht dann erst einmal aus wie die Masse, mit der Abgüsse vom Kauorgan gemacht werden, aber das sind nun mal die Zutaten für eine Frau.
Die fertige Paste kommt in die Presse.
Das ist der Heidelberger Tiegel ohne Farbe.
Und hier läuft langsam das kalte Rosa ein. Schwer zu fotografieren, wenn es noch so dünn im Farbwerk steht.
Dieser weibliche Kopf ist relativ einfach. Man kann ihn auch gleich mit einem Hütchen ausstatten, damit die Frau geputzt ist, wenn sie uns vor die Augen tritt.
Während der Kopf inklusive Hut nur aus drei Teilen besteht (unter uns: Neuroanatomie wird etwas überbewertet), wird es darunter aufwendiger. Aber einen Homunculus macht selbst ein alter Drucker nicht en passant, auch wenn es sich dabei doch um eine Akzidenz handelt.
Hier ist der Operationstisch zu sehen. Haupt noch vom Rumpf getrennt, kurz vor der Montage.
Auf diesem Bild sieht man die Rückseite der fertig zusammengefügten Frau.
Und wenn sich dann alles zusammengefunden hat, die Mechanik und die Chemie in glückliche Verbindung getreten sind, dann ist da die Frau. Also: Backen weiß ich nicht, Drucken: ja.
Als nächstes kommt aus der dadaistischen Abteilung meiner Offizin der Mann. Der Mann wirkt hier noch etwas durcheinander. Der Männerkopf hat mit Hut auch doppelt soviel Teile wie das weibliche Haupt. Möglicherweise werde ich die beiden hier abgebildeten Kopfhälften gegen den besser zu konstruierenden Frauenkopf auswechseln. Das überlege ich mir, wenn Blau gedruckt wird.
Ja ja, dieses Paar ist nicht neu. Nur ist die erste farbige Auflage bald alle, ein paar gibt es noch im Online-Shop. In der nächsten Auflage wird der Text auch etwas anders gestellt werden, und das Paar wird geringfügig anders arrangiert.
— Martin Z. Schröder
Geliftet · 27. August 2011
Weil es mit dem nächsten Büchlein von Max Goldt noch etwas dauert, übe ich mich mit Text-Inszenierungen auf kleinerem Format. Am Anfang dieses kurzen Textes über eine Beobachtung im Lift von M.G. stand eine Ideenskizze. Zettel, Bleistift.
Der Skizze folgte der Bleisatz und der Bau der Form. Auf diesem Bild steht das Grundgerüst des Fahrstuhls, die Schaltung fehlt noch.
Hier sind die Knöpfe außerhalb des Lifts montiert, die Steuerung innen steht noch außerhalb der Form.
Hier sieht man die montierte Steuerung, die später auf die andere Seite verlegt wurde.
Die Druckform wurde ausgefüllt.
Und im Schließrahmen für den Heidelberger Tiegel geschlossen.
Der Satz ist aus der Schrift Volta.
Aber noch nie zuvor habe ich Spiegelschrift gesetzt. Digital ist es ja einfach, eine Schrift zu drehen, aber Spiegelschrift in Blei wird fast nie benötigt und wurde deshalb auch kaum gegossen. Ich hatte Glück und konnte eine Spiegelschrift in zwei Graden erwerben. Auf dem Bild ist es eine Serifenlose in 2 Cicero, also 24p.
Meine Finger sind nicht so dick, sondern die Ziffern wirklich so klein, nur 6p stark sind diese Gevierte, also knapp 2,3 mm hoch und breit.
Und ich habe im Waschraum der Druckerey ein Foto vor dem Spiegel gemacht, damit man die Schrift einmal richtig sieht. Wahrlich keine Schönheit.
So sieht der Betrachter die Karte ungespiegelt.
Mit dem Bleistift auf die Ziffern gedeutet. So klein sie sind, so scharf drucken sie doch aus.
Als schwarze Farbe im Tiegel lief, druckte ich zuerst das Impressum auf die Rückseite.
Wenn eine Farbe eingerichtet ist, versucht man so viele Druckaufträge wie möglich damit zu erledigen, bevor man die Farbe wieder abwäscht.
Die schwarze Druckform der Vorderseite. Die Kulisse wird animiert.
Der erste schwarze Abzug. Nein, das befriedigt den Spieltrieb noch nicht.
Da kann man noch etwas dazubasteln.
Nun wäre nur noch die Frage der Frisur zu beantworten.
Drei Möglichkeiten standen zur Auswahl.
Und von dieser Form wurde schließlich gedruckt. Jetzt trocknet die Karte ein paar Tage, bis ich dessen sicher sein kann, daß beim hohen Druck in der Schneidemaschine die Farbe des Liftbenutzers nicht auf die Rückseite abzieht, und wenn die Karte auf das Endformat geschnitten ist, zeige ich sie freilich hier.
— Martin Z. Schröder
Mit Bus und Bahn durchs Blei · 27. Januar 2009
Neulich zeigte ich hier, wie man Blindmaterial sichtbar machen und dekorativ einsetzen kann. Diese Karte gefiel mir noch nicht, und jetzt habe ich sie vollgestopft wie weiland die Spaßmacher der Dada-Abteilung. Das erste Foto zeigt die komplette Karte …
… das zweite Bild einen Ausschnitt.
Hier sehen wir die rote Druckform …
… und findet im Fahrplan Hinweise auf Speisen, Hämmern, Trinken und Hausen. Ja, das sind nicht alles Fahrplanzeichen, aber das gekreuzte Besteck etwa. Für den Speisewagen. Konnte man früher im Fahrplan lesen, ob etwas angeboten wurde unterwegs. Das ein und andere Zeichen stammen übrigens aus dem Preußischen Bleisatzmagazin, wo heute wahrscheinlich des preußischen Kaisers und deutschen Königs oder umgekehrt gedacht wird, weil der Willemzwo selig heute 150sten Geburtstag hat, zu dem freilich auch Wir artig gratulieren und Seiner Kaiserlichen Hoheit mit einem ordentlichen Kratzfuß (aber in Unseren weichen Schuhen) alles Gute wünschen.
— Martin Z. Schröder
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Elementare Typographie, etwas Dada · 7. Oktober 2007
Hin und wieder muß also renoviert werden, manchmal auch die Ausstattung ersetzt und ergänzt. Habe also, wo die Sonne so günstig schräg schien, neue Fotos von Visitenkarten für unser Internet-Schaufenster anfertigen lassen.Und dafür eine neue Karte mit dem Namen Christian Morgenstern im Stil der Neuen Typographie der 20er Jahre entworfen sowie eine mit dem Namen Karl May, die zur Villa Shatterhand oder Villa Bärenfett (beide in Radebeul auf einem Grundstück) oder einer Mischung aus beiden passen könnte.
Hier ist die Druckform des roten Druckganges der Morgenstern-Karte zu sehen. Vor dem Drucken wurde die 4 noch mit Blindmaterial (nicht druckendes Material, das niedriger als die druckenden Elemente ist) verkeilt. Drei ganz verschiedene Schriften (was man gewöhnlich meidet) kamen kontrastbildend zum Einsatz: Der Name aus Futura, die Adresse aus Unger-Fraktur, und die Ziffer habe ich aus der Sinfonie gesetzt.
— Martin Z. Schröder
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