Pappe
Maschinengraukarton heißt dieses Material, man kann dazu aber wohl auch Pappe sagen: Es ist kein feiner Stoff, aber gerade seiner Grobheit wegen reizvoll. Ich habe in letzter Zeit öfter Visitenkarten darauf gedruckt und auch ein Puzzle, konnte aber keine Druckprobe verschicken. Nun produziere ich also diese für die Mustermappe.
Gesetzt aus der Schrift Wood Bonnet Antiqua No 7, die Andreas Seidel nach Holzbuchstaben digitalisiert hat und mit typografischem Schmuck aus der Druckerey anreicherte. Stundenlang stand Herr Seidel in meiner Werkstatt und fertigte Handabzüge von Klischees wie dem Kleeblatt, das ich für das Muster verwendet habe.
Auf diesem Bild ist das Original aus Messing zu sehen.
Es ist viel kleiner als das geätzte.
In das Kleeblatt habe ich die Web-Adresse gesetzt. Ich wollte den Schriftzug mit grauer Farbe darstellen und habe deshalb diese Rasterpunkte darübergelegt.
Man sieht sie nur in der Vergrößerung. Jetzt wird die Karte eine gute Woche trocknen, dann wird sie zugeschnitten und bekommt einen Farbschnitt. Ich zeige die Arbeit natürlich, wenn sie fertig ist.
Kommentare [1]
Bibliophilie, Fernsehen, Stammtisch
Harald Jähner hat am 27.12.2012 in der Berliner Zeitung (und in der Kopie-Zeitung “Frankfurter Rundschau”) auf die “Cordbettwäsche” von Max Goldt hingewiesen, und seiner Kritik am bibliophilen Betrieb stimme ich ganz und gar zu. Ich habe schon vor etlichen Jahren in Zeitungsartikeln den bibliophilen Markt für seine schwachen Leistungen kritisiert. Das aufwendig gemachte Buch hat nur dann eine Berechtigung, wenn es die beste handwerkliche Leistung zeigt und dem Massenbuch als Vorbild dienen kann (eine vorzügliche Handpresse ist The Bear Press). Die reine Materialfülle, die Schwelgerei in Echt Bütten und Umschlägen aus Kleisterpapier, verkommt zur Lächerlichkeit, wenn die Texte nichts taugen oder schon zu oft veröffentlicht wurden (Ringelnatz und Morgenstern sind die Stars (und Opfer) der langweiligsten Handpressen, weil ihre Texte nichts kosten und immer eine kleine Zahl ahnungsloser Liebhaber finden) oder wenn die Typografie schlecht ist. Die Texte von Max Goldt, die ich in aufwendige Buchform bringe, sind eigens für diese Art des Buchmachens geschrieben worden, für meine typografischen Umsetzungen. Und die Auflagen sind so hoch, daß ich keine dreistelligen Preise für das einzelne Buch verlangen muß. Ich würde wahrscheinlich nicht mit Büchern im Bleisatz angefangen haben, wenn sich nicht dieses Vergnügen ergeben hätte und ich nicht das Glück hätte, so hohe Auflagen auch zu verkaufen, wie sie viele Verlage mit Romanen nicht erreichen (was nicht immer an der Qualität der Romane liegt). Ich bin den Käufern dieser Bücher sehr, sehr dankbar, daß sie uns dieses Vergnügen ermöglichen, und es freut mich, daß die Büchlein auch so viel Freude vermitteln.
Programmhinweis Fernsehen
Ende Dezember wurden in der Druckerey technische Filmaufnahmen gemacht. Einen ganzen Tag lang wurde das Geld- und Briefmarkenfälschen geübt. Am 27. Januar um 22 Uhr bringt das ZDF um 22 Uhr den Spielfilm “Die Fälscher”; um 23.35 dann die Dokumentation, für die in der Druckerey die Druck-Aufnahmen gemacht worden sind. Ich hoffe, die Dokumentation steht danach noch ein paar Tage in der ZDF-Mediathek. Von mir selbst und einem weiteren Statisten sind höchstens Hände und Schatten zu sehen.
Veranstaltungshinweis
Am Donnerstag, dem 31. Januar erzähle ich dem 35. Berliner Typostammtisch im Max und Moritz von der Produktion der Bücher von Max Goldt und zeige Fotos dazu, ergänzt durch ein paar Erläuterungen über meine Werkstatt. Beginn des Stammtisches: 19 Uhr. Beginn des Vortrages: ein oder zwei Viertelstündchen später. Gäste sind herzlich willkommen.
Gruß zu Weihnachten
Vor drei Jahren habe ich an dieser Stelle den Heidelberger Tiegel vorgestellt. Dieses Jahr gibt es keine Neuigkeiten. Er ist nun drei Jahre bei mir und läuft bestens. Die Werkstatt ist im Herbst ins zehnte Jahr ihres Bestehens an diesem Ort gekommen, vor achtzehn Jahren hat mit einem Boston-Tiegel alles angefangen. Damals studierte ich Sozialarbeit, und auch wenn mir diese Arbeit Freude gemacht hat, bin ich froh, daß alles so gekommen ist, wie es gekommen ist. Ich habe also nur den frommen Wunsch, daß alles so bleibt, wie es ist (eine luxuriöse Ausgangslage), und ich weiß natürlich, daß nichts bleibt wie es ist. Ich kann mich erinnern, wie sehr ich vor neun Jahren fürchtete, ich würde mich als Akzidendrucker langweilen und pleitegehen, weil nur noch ein paar alte Leute den Buchdruck kennen und schätzen. Inzwischen ist meine Kundschaft durchschnittlich jünger als ich, und ich muß einmal pro Woche Englisch radebrechen. Ich habe die Berufserfahrung schätzen gelernt, aber ich ärgere mich immer noch, wenn ich mit einer Fehleinschätzung auf die Schnauze fliege. Die Überraschungen bleiben nicht aus. Und die Arbeit macht immer noch Freude, sehr sogar.
Daß ich dieses Blog so lange führe, kommt mir heute seltsam vor. 2007 hat es angefangen, und dieses ist der 570ste Eintrag (das Jugendfoto sollte mal ausgetauscht werden, damit mich die Blogleser, die mich gelegentlich mit einem Besuch überraschen, halbwegs wiedererkennen). (Foto mit auf die im Druckermaule steckende Süßholzwurzel farblich abgestimmtem Schlips.) Ich danke für die freundliche Anteilnahme, ich danke sowohl für die Kommentare als auch für die direkten Zuschriften. Und auch wenn sich jemand mal ärgert über einen falsch verstandenen Eintrag: Es freut mich, wenn es sich dann aufklärt und ich nebenbei erfahre, daß jemand seit einem Jahr interessiert zuschaut.
Verehrte Leser, ich wünsche Ihnen alles Gute und schöne Weihnachten, und wenn Sie noch eines Tips für ein gutes Buch bedürfen: Hier finden Sie meine Rezension von Axel Bertrams großartiger Monografie. (In der Überschrift im PDF fehlt ein e. Ach was, der Druckfehlerteufl soll auch schöne Weihnachten haben, das bleibt so.)
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