Eine Ermäßigungserschleichungsdrucksache
Auf Wunsch des Zeichners und Comicduomitglieds Elias Hauck von Hauck & Bauer fabriziere ich dieser Tage einen Ausweis, der überall eingesetzt werden kann, wo es etwas zu erschleichen gibt. Das Dokument von der Deutschen Ermäßigungsanstalt wird im Handsatz hergestellt, die vielsprachige Kurzübersetzung links unten ist gesetzt aus schmalmagerer Futura in Nonpareille (6 Punkt), das Dienstsiegelfeld aus magerer Futura in Nonpareille, der Haupttext aus Schreibmaschinenschrift in Petit (8p) und die Überschrift aus dreiviertelfetter Futura in Korpus (10p), die dem Desktop-Schriftsetzer übrigens immer noch nicht zur Verfügung steht.
Ein kleines Zählwerk aus serifenloser breiter Schrift, damit jeder Ausweis ein Unikat ist.
Mit roter Farbe wurden beide Druckformen eingerichtet.
Dann wurde zuerst der rote Querstrich gedruckt.
Und darüber in schwarz der Textsatz. Nun folgt noch der Eindruck des Dienstsiegels, denn die Ermäßigungsanstalt kann nicht jeden Ausweis von Hand stempeln, weil sie ihr Personal gegen Null ermäßigt hat. Danach wird der Ausweis zugeschnitten und bekommt dann noch eine Öse links oben. Einfach beim nächsten Kinobesuch ausprobieren. Demnächst im Shop zum mäßigen Preis zu haben. In meinem Unternehmen wird der Ermäßigungsausweis nur willkürlich anerkannt, also fast nie.
Handsatz richtig ausführen
Zwischen einem Setzerkollegen und mir entspann sich ein Gespräch darüber, wie man den Winkelhaken richtig hält. Der Kollege meinte, nachdem er mich im Film hatte setzen sehen, der Winkelhaken sollte richtigerweise wohl über dem Handgelenk und in der Verlängerung auf dem Unterarm liegen.
Um herauszufinden, wie es »richtig« gemacht wird, habe ich nach alten Filmen gesucht. Denn die richtige Haltung ist jene, welche man lange ohne zu verkrampfen halten kann, und das tat man früher, man hielt den Winkelhaken den ganzen Tag lang in der Hand. Als ich selbst noch im Akkord setzte, waren es nur acht Stunden, und selten wurde der Winkelhaken richtig schwer, denn Bücher haben wir nicht gedruckt. Aber die Setzer in den früheren Jahrzehnten hatten ordentlich Gewicht in der »Kelle«. Ich fand diesen Lehrfilm aus dem Jahr 1959:
Und darauf fand ich noch einen älteren Film aus mehreren Druckereien oder einem sehr großen Betrieb, der die Arbeit im Jahr 1947 zeigt, darunter auch einige Aufnahmen von der Arbeit am Setzkasten:
In beiden Filmen liegt der Winkelhaken locker in der Hand und verläuft unter dem Handgelenk. Satz in langen Zeilen wird allerdings nicht gezeigt, dafür müßte der Winkelhaken sicherlich mehr waagerecht gehalten werden. Waagerecht muß der Winkelhaken auch gehalten werden, wenn Korrektur gelesen wird und beim Ausschließen, Ausgleichen, Spationieren und dergleichen. Sobald ich in der Werkstatt daran denke, werde ich ins Setzerhandbuch schauen, welche Haltung dort empfohlen wird.
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Schrift setzen und drucken im Film
Zu Gast in der Werkstatt war der Berliner Architekt Robert Patz, der über viele Talente verfügt. Er filmte mein Tagewerk, die Arbeit eines Setzers und Druckers. Sie können den Film in HD-Qualität direkt bei Vimeo anschauen. Wer lieber auf Youtube guckt, kommt hier zum Film.
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