Schöne Grüße
Früher gab es dicke Handbücher, Briefsteller, aus denen man ganze Briefe zur Verlobung der Tochter des Chefs und zum Tode des Gatten der Nachbarin abschreiben konnte – und natürlich auch Grußformeln entnehmen. Heute grüßt man wild. „MfG“ könnte man als unterste Stufe des schriftlichen Grußes ansehen. Ich habe aus der umfangreichen Korrespondenz mit einer Auftraggeberin meiner Werkstatt 34 freundschaftliche Grußformeln gefischt, welche die geschäftliche Unterhaltung etwas auflockern.
1.
Mit der verbindlichsten Untertänigstlichheitkeit bin ich mit Ihrer geneigtehen Erlauppniß Ihr
Schröder
2.
Sich wie immer für alle Dreistigkeiten und sein schlechtes Benehmen in schlechtem Gewissen wälzend und Entschuldigung heischend,
Ihr MZS,
der herzlich grüßt
3.
Holladiho!
Ihr Dr.* Schröder
*Drucker
4.
Aus der Ermattung hebt sich schwach die Hand zum Gruße Ihres erschöpften
MZS
5.
Ihr MZS – der Udo Waltz der Visitenkarte
6.
Einen herzlichen Gruß erlaubt sich Ihr Diener
MZS
7.
Hustend,
Ihr MZS
8.
Bestofino & Bestobombo, wie einer meine Kunden gern grüßt, ohne daß ich weiß, was es heißt,
Ihr MZS
9.
Überaus freundliche, nicht nur, aber doch auch letzthinniglich herzliche Grüße,
Ihr Schröder
10.
Auf den Knien zum huldigenden Gruße rutschend,
Ihr MZS
11.
Tschüssikowski bis morgen,
Ihr Schröder
12.
Ville Jrieße,
Ihr Schröder
13.
mit den verbindlichsten Grüßen, zu denen einer wie ich in der Lage ist, was immer das nun wieder heißen soll (ich versteh’s auch nicht),
Ihr Hof- und Kommerzialienrat Schröder
14.
eifrig katzbuckelnd
Ihr MZS
15.
ganz herzliche Grüße aus der Hauptstadt!
Euer Schröder, Letternlord und Bleibewahrer
16.
In untertäniger Verbundenheit,
Ihr MZS
17.
Expreßgruß!
Ihr MZS
18.
Belustigt, sich zugleich dafür sehr stark schämend,
herzlich grüßend,
Verzeihung erbittend für seinen Spott,
Ihr MZS
19.
Sommersüße Grüße,
Ihr Druckereidirektor Schröder
20.
Kniewund und mit Augenschmerzen vom vielen Emporstarren zur hiermit mit ihrer Erlaubnis unteruntertähänigst gegrüßten Durchlaucht
erkühnt sich zu verabschieden
Euer wurmartiger Diener und holzstichiger Drucksklave
MZS
21.
Ihr nichtsnutziger Choleriker
MZS
22.
Kratzfüßelnd, den Hut in naßkalten Händen umklammernd, im Entengang rückwärts aus der Türe –
Ihr MZS
23.
Herzlichst grüßt Sie mit seinen großen Pranken winkend
Ihr Druckereigeneraldirektor und -besitzer
Schröder
24.
Ganz ganz liebe Grüße!
Ihr Schreibtischinhaltsdesigner
25.
Sehr herzlich grüßt Sie Ihr alter Buchstabensortierer
MZS
26.
Mit unterwürfeligster Ehrerbietlichstkeit,
Schröder
27.
Herzlichst und in Eile!
Ihr MZS
28.
Kratzfußwütigst,
Euer MZS
29.
Seinem Kratzfußwahn wild fröhnend,
Ihr MZS
30.
Sich aus dem Bleistaube mitleidheischend hustend zur Ehrbezeigung emporbuckelnd
Euer in alle Ewigkeit treuer Untertan
MZS
31.
Bleiern glänzende herzliche Grüße aus der Unterschicht!
Ihr Genosse Kreativdirektor
32.
Routiniert, aber durchaus ernsthaft kratzfüßelnd
Ihr Diener
MZS
33.
Mit heute einer besonders kalligrafisch schwungreich gekratzten Fußspitzenlinie verneigt sich bis zur Nase in die tobenden Wollmäuse der Schreiberhöhle der dabei beinahe hinstürzende und den Oberschenkelhals gefährlich an den Rand des Bruches und sich damit in die Gefahr der Invalidität treibende
ganz und gar Ihrige
MZS
34.
Es wagt einen ehrerbietigen Gruß Ihr in Asche, nicht mal Sack gewandeter, aber durchaus talentierter, noch in Scherben und Staub seines Tuns liegender, mit letzter Hoffnung wie ein Phönix die Flügel schlackernder
MZS
Kommentare [3]
Alle vier auf einmal mit Zugaben
Die Internet-Buchhandlungen führen das Werk schon, jetzt muß es auch hier angezeigt werden: Im September soll bei Rowohlt Berlin ein Faksimile der vier typografischen Hefte von Max Goldt erscheinen, die ich seit 1998 gedruckt habe. Es heißt: »Chefinnen in bodenlangen Jeansröcken«. Dieser Titel greift einen Text aus dem letzten Büchlein auf und bezieht sich auf das letzte »richtige« Buch von Max Goldt »Die Chefin verzichtet«. Er wird neben den sorgfältig fotografierten Büchlein auch die Beilage zeigen, die im Original nur den fünfzig feinen Schubern beigefügt wurde sowie eine in kleiner Auflage gedruckte Postkarte aus dem Jahr 2003 und eine Visitenkarte von Max Goldt aus demselben Jahr. Ich habe ein Vorwort geschrieben und mit ein paar Fotos versehen, die die Blogleser schon kennen. Max Goldt hat für einige faksimilierte Seiten Texte ergänzt. Diese Ergänzungen wird der Kalligraf und Designer Frank Ortmann von Hand schreiben.
Das Buch wird in Halbleinen gebunden sein, den Titel habe ich digital gesetzt mit der Schrift Wood Bonnet von Andreas Seidel. Diese Schrift hat für jedes Zeichen mehrere Alternativen, um eine im Buchdruck gedruckte echte Holzschrift zu imitieren.
Ich befasse mich zur Zeit mit dem Haupttitel. Zuerst hatte ich ihn digital gesetzt, aber das ist mir nicht gelungen. Nun habe ich eine andere Idee. Ich möchte den Bleisatz auf dem Haupttitel zeigen, aber nicht drucken und nur den Druck faksimilieren. Es muß etwas besonderes werden. Heute habe ich erst einmal den Titeltext in verschiedenen Bleischriften gesetzt und auch Abzüge davon gemacht.
Hier ist ein Ausschnitt des Abzugs zu sehen.
Man könnte den Bleisatz freilich einfärben und das Foto spiegeln, aber solch ein Foto würde ja nicht das zeigen, was auf der Arbeitsplatte liegt. Der Setzer liest nun mal kopfstehende Spiegelschrift.
Die mit einem Spiegel für jeden lesbar wird. Jetzt muß ich mich für ein oder zwei Schriften entscheiden und dann mit einem größeren Spiegel ein Foto herstellen. Und dieses Foto muß so gut gemacht sein, daß es den ganzen Titel gut lesbar zeigt und tauglich ist für den Haupttitel des Buches. Ob ich das hinbekomme?
Kiezlich – ein neues Blog aus Berlin
Heute nur ein Link: In seinem neuen Blog »Kiezlich« berichtet Marco Baass in Text und Bild über kleine Geschäfte und Werkstätten in Berlin. Auch über die Druckerey.
Kommentare [5]