Happy New Year in Holzlettern
Letztes Jahr war ich mit den Neujahrskarten spät dran. Jetzt ist die richtige Zeit dafür.
Manche Ideen kommen von alleine. Es bedarf dafür keiner Skizze, ich habe ein Bild vor Augen und setze es nur nach. Diesmal in Holz. Zwei Jugendstilschriften, die kleinere heißt Herold und entstammt dem Nachlaß der berühmten Eremiten-Presse. Das E in NEW ist schmaler und mager im Gegensatz zu den fetten, damit das Wort die rechte Breite bekommt.
Verschiedene Farben müssen sein, schnell sind ein paar Möglichkeiten mit Buntstiften skizziert.
Das Y mit seinem »Fleisch«, so nennt der Setzer die nicht druckende Fläche auf der Letter um das Schriftbild herum, reißt ein Loch. Vielleicht setzt man da ein großes Ausrufezeichen hinein?
Wenn das Papier zugeschnitten und der Druckstock auf das richtige Format gestellt ist, kann man die später zu druckenden Teile herausnehmen und den Raum dafür mit dem nichtdruckenden »Blindmaterial« »freischlagen«.
Zuerst wird das Blau mit Deckweiß aufgehellt und das erste Wort gedruckt.
»YEAR« bekommt dasselbe Blau, nur ohne Deckweiß. Für jeden Druckgang muß die Maschine gewaschen werden und neue Farbe einlaufen.
Die dritte Farbe ist ein bläuliches Violett.
Und so sieht der Druck aus, bevor die vierte Farbe eingedruckt wird. Das große H ist beim Dunkelblau noch einmal mitgelaufen, aber die Letter wurde anders zugerichtet, so daß sie nur partiell druckt.
Viel Papier
Manch gute Idee kann einer allein nicht verwirklichen. Und da die Berliner Papeterie R.S.V.P. und ich schon lange und gut zusammenarbeiten, haben wir uns zusammengetan für eine Serie neuer Produkte. Ich will den Freunden nicht die Überraschung klauen und verrate deshalb noch nicht, was wir uns ausgedacht haben. Es ist die größte Auflage, die ich bislang überhaupt gedruckt habe. Für unsere Idee erreichen wir mit einer kleineren Auflage einfach keinen günstigen Verkaufspreis.
Auf diesem Bild sieht man links neben dem Tiegel 23 Ries Papier à 100 Bogen in 70 mal 100 Zentimeter. Aus einem solchen Bogen lassen sich neun Druckbogen schneiden, insgesamt sind es 20.700 Druckbogen, die der Heidelberger theoretisch in sieben Stunden bedruckt, wenn man ihn mit 3000 Druck pro Stunde laufen läßt. Aber zwischendurch hält man ihn immer wieder an: um die bedruckten Bogen aus der Maschine zu nehmen und neues Papier vorzulegen, um kleine Korrekturen vorzunehmen und um Störungen zu beseitigen, die vor allem am Anfang im Papierlauf auftreten, bis man alle Einstellungen im Papierlauf optimal justiert hat.
Dickeres Papier und vor allem die ganz dicken Kartone bis 700g/qm lasse ich langsam durch die Maschine laufen, aber unsere blauen Bogen von Carta Pura sind mit 120g/qm gut zu handhaben und können recht zügig durchgelassen werden. Am zweiten Tag lief die Maschine dann so ruhig (beinahe in stoischer Gelassenheit), daß ich nebenher auf dem zweiten Tiegel noch etwas anderes drucken konnte. Weil ich meistens nur kleine Auflagen drucke, kommt es sehr selten vor, daß beide Maschinen zugleich arbeiten, weshalb ich diese Harmonie im Film festgehalten habe:
Es wird noch ein paar Tage brauchen, bis die Drucke zu Produkten verarbeitet sind, die ich dann natürlich hier vorstelle und die bei RSVP und LetterpressBerlin erworben werden können.
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Klassisch hampeln
Immer wieder wurde ich in den letzten Jahren gefragt, ob es für das schöne klassische Schaukelpferd, das Frank Ortmann für meine Werkstatt gezeichnet hatte, noch eine Alternative gebe. Fürs zweite Kind als Geburtsanzeige. Als Weihnachtskarte. Ich erzählte Astrid Lange davon, eine Berliner Künstlerin, die neben ihrer Kunst auch schöne Gebrauchsgrafik anfertigt, zum Beispiel filigrane Adventskalender in Postkartengröße.
Der Hampelmann, den sie mir bald darauf in die Werkstatt mitbrachte, hat mich mit seinem einnehmenden Wesen sogleich zu seiner Vervielfältigung schreiten lassen. Wie das Schaukelpferd ist der Hampelmann ein altes Spielzeug, dem man immer wieder ein neues Gewand geben kann, und er erwarb sich in den letzten Jahrzehnten auch als Pate für andere sich durch Zug mechanisch bewegende Wesen Verdienste. Nun gibt es ihn also mit violinösem Leib und roter Zipfelmütze auf einer Klappkarte. Zu adoptieren im Online-Shop der Werkstatt in der Rubrik Baby.
Ausgeliefert wird der Gute mit einem rot gefütterten Kuvert aus Baumwollpapier. Das Impressum auf der Rückseite der Klappkarte ist aus der Garamond in Blei gesetzt.
Fast schon wieder ausverkauft weil nur in kleiner Auflage gedruckt sind diese kleinen Umzugskarten, die neben der neuen Anschrift nur noch Platz für einen kurzen Gruß bieten. Post aus Papier ohne erheblichen Schreibaufwand also, für den man in der Umzugszeit ohnehin wenig Zeit aufbringen will.
Die 1937 erstmals gegossene Schrift »Diamant« wurde von Johannes Lehmann für die »Schriftguß AG« in Dresden gezeichnet.
Dazu habe ich Meister-Ornamente gesetzt. Die Karte mit Kuvert kann man im Online-Shop in der neuen Rubrik Umzug erwerben. Wünschen Sie sich weitere neue Abteilungen im Online-Shop? Wenn Sie von neuen Drucksachen süß oder auch edelbitter träumen, bitte lassen Sie es mich wissen.