Adieu, Römische Antiqua! · 3. Mai 2009
Neulich berichtete ich von der so stark abgenutzten Römischen Antiqua, die Dale für sein Gedichtbuch eingesetzt hat. Das Gedicht (also die Blei-Kolumne) habe ich ausgebunden und verpackt und werde es dem Dichter demnächst übereignen. Den Kasten habe ich geleert. Ich mußte neulich drei Schränke fast komplett ausräumen, weil etwas an ihren Unterlagen nicht in Ordnung war. Und als ich einige schwere Kästen mit so schwarzen Lettern drin vor mir hatte, habe ich den ersten nicht zurückgeschoben, sondern ausgekippt. Auch mit der Vorstellung vor Augen, bei in einigen Jahren eventuell anstehendem Umzug diesen Schrott noch einmal transportieren zu müssen.
Es war das erste Mal, daß ich einen Setzkasten ausgekippt habe. Es tut weh, das muß ich sagen. Jahrzehnte hatte diese Schrift gedient. Sie war nicht gut behandelt worden, der Kasten war sehr stark verfischt, viele Lettern waren beschädigt, viele geradezu breitgequetscht. Es tat mir auch leid, weil man mit der Type nicht sachgerecht umgegangen war, aber ich kann mich schließlich nicht aus Mitleid mit Schrott umgeben. Ich habe viele gute Schriften, ich behandle sie mit größtmöglicher Schonung, und mein Schriftenlieferant in Ratingen wird es gerne lesen, daß ich mich um Platz kümmere für Anschaffungen.
Nachdem die Schrift am Boden lag, habe ich sie zusammengekehrt und in die Zeugkiste getan. Daraus konnte ich neulich einen Fotografen bedienen, der seine Stativbeschwersäcke, für die eigentlich Sand vorgesehen ist, welcher aber nicht genug wiegt, um ein Stativ mit Schirm im Wind bei Außenaufnahmen zu halten, gern mit dem Altblei füllte.
— Martin Z. Schröder
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Römische Abgelatschte · 29. März 2009
Es ist eine ganze Weile her, ich habe es aber nicht vergessen, daß ich noch abschließend etwas zur Romana sagen wollte. Mein Druck- und Satzschüler Dale möchte immerzu neue Schriften für sein Büchlein setzen, ich kann ihm als Anfänger aber noch nicht alle geben, also habe ich geschaut, was noch an weniger empfindlichen Schriften vorhanden ist und eine “Römische Antiqua” gefunden.
Dale hat ein Gedicht daraus gesetzt, und im ersten Abzug haben wir dann die Bescherung gesehen: die Schrift ist völlig fertig. Abgenudelt, ausgelatscht, runtergetreten, abgequetscht und auch noch ausgelutscht. Da ist nichts mehr zu machen. Schrott. Der Kasten ist auch noch verfischt und verzwiebelfischt! Wir haben ein paar Buchstaben ausgewechselt und mit viel Druck und Farbe eine lesbare Seite hinbekommen.
Was mache ich mit der Schrift? Aufbewahren, falls jemand authentischen Schrott gedruckt haben möchte? Vielleicht für Schmuckflächen aus Buchstaben, so experimentelle Typografie? Oder wegkippen und den Kasten für eine Schrift nutzen, die noch verpackt ist und mangels Setzkasten nicht zum Einsatz kommen kann?
— Martin Z. Schröder
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