Japanisches Echt Bütten von der Maulbeerbaumrinde · 7. Februar 2014
Papier im Foto wirklichkeitsgetreu darzustellen, ist kaum möglich, weil seine feine Stofflichkeit beständig mit dem Licht spielt und Papiercharakter sich nur durch Berührung ganz erfassen läßt, sein Wesen sogar zu einem großen Teil aus dieser Dimension entsteht: in der Härte oder Weichheit seiner Oberfläche, seiner Glätte oder Struktur und seiner Temperatur, auch seinem Klang finden wir seine Qualität.
Ich habe im Wissen um den Mangel das Papier fotografiert, die Bilder sind etwas nachbelichtet, aber nicht im Filter farblich verändert worden. Weil nun aber jeder Bildschirm etwas andere Farben zeigt und jeder Mensch auch etwas anders sieht, sind diese Bilder nicht verbindlich, können es nicht sein.
Der Schatten zeigt die Richtung an, aus der die Karten beleuchtet wurden.
Um die Helligkeit des japanischen Bütten vergleichbar zu machen, habe ich andere Karten dazugelegt: links meine eigene, gedruckt auf Conqueror perlmutt, rechts die Karte »Richard Strauß« (mit ß weil in Fraktur) wurde auf Echt Bütten von Zerkall gedruckt, und die Karte der Eheleute Simenon darunter auf Gohrsmühle weiß. Ein ganz helles Weiß ist auf keinem der Fotos zu sehen, auch der Hintergrund ist etwas getönt.
Noch einmal dieselben Karten, etwas anders gelegt.
Auf diesem Foto ist erstens die unregelmäßige Wolkigkeit eines handgeschöpften Büttens zu sehen sowie zweitens der echte Büttenrand an allen vier Seiten, hier wurde nichts gerissen, jede Karte ist ein Einzelstück. Man sieht das an den Quetschstellen in den manchmal auch etwas schiefen Rändern.
Dieses Papier zeichnet sich nicht nur durch seine Wärme aus, durch eine angenehm feste und glatte Oberfläche, es ist auch sehr fest. Es zu zerreißen, bedarf es einiger Mühe. Die Fasern der Maulbeerbaumrinde sind vermutlich sehr lang und verschlungen und stabil, Bütten hat eben auch keine Laufrichtung der Fasern, die das Reißen in einer bestimmten Richtung erleichtern.
Als Druckfarben stehen Schwarz und Rot besonders gut auf diesem grünlichen Papier.
— Martin Z. Schröder
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Maulbeerbaumbütten · 24. Mai 2009
Ein Kunde zeigte mir eines Tages Visitenkarten, die er in Japan besorgt hatte und fragte, ob ich so etwas anbieten könne. Echtes Bütten aus Maulbeerbaumrinde. In Japan wird Papier gemacht, wie man es sonst wohl nirgends findet. Ich habe vor vielen Jahren eine Visitenkarte bekommen von meinem damaligen Chef, Buchdruckmeister Rapputan, die ihm ein japanischer Besucher überreicht hatte. Sie war hochglatt und dabei von einem durchscheinenden Weiß wie ein feines Porzellan, und sie hatte einen echten Büttenrand. Wo bekommt man so etwas her? Mein Kunde nun wollte aber keine hochweiße Karte, sondern eine zartgrüne aus Maulbeerbaum-Bütten, und zum Glück wußte er noch, wo er die Karten gekauft hatte.
Ich schickte erst eine E-Mail nach Japan, dann das für das Papier erwünschte Geld, einige Wochen später kamen die Karten, und wenn ich mich recht entsinne, wollte auch der Zoll noch etwas Geld von mir haben. Ich habe noch nie zuvor so teure Visitenkarten gehabt. Ein solches Kärtchen kostet nun fast einen halben Euro. Sie sind fein verpackt, 100 Stück in einer schmalen Schachtel, deren Deckel selbst mit einem Büttenpapier bezogen ist.
Und so sieht der Stapel mit Visitenkarten aus Echt Bütten aus Japan aus der Nähe aus. Büttenpapier hat keine Laufrichtung, wie man es nennt, wenn sich die Fasern während des Durchlaufs durch die Papiermaschine in eine Richtung legen. Parallel zur Laufrichtung ist das Papier biegsamer als quer zur Laufrichtung. Man muß das bei Büchern beachten, damit sich nach dem Binden durch die Ausdehnungen des Papiers keine Wellen darin bilden. Aber auch bei Karten hat man die Wahl zwischen Biegsamkeit und höherer Steifigkeit.
Jede Karte ist einzeln in einem Sieb gewesen.
Und schaut man hindurch, so erkennt man, wie wolkig das Papier ist. Die Karten sind auch nicht alle gleich dick. Bei Büttenpapier, wie man es hierzulande macht, wäre das eine Katastrophe für den Drucker. Aber Maulbeerbaumbütten ist so weich, daß es die Bleibuchstaben kaum beansprucht.
Dieser Tage habe ich mit dunkelgrüner Anglaise (Englische Schreibschrift) auf diese zartgrünen Karten gedruckt.
Beim Einrichten der Maschine geht immer mal eine Karte verloren. Ich habe sie zerreißen wollen, um mir die inneren Fasern unter der Lupe anzuschauen. Aber diese Karten sind enorm stabil, sie lassen sich an manchen Stellen nur mit erheblicher Kraftanstrengung reißen.
Nimmt man ein paar Fasern heraus, sieht man, warum die Karte so widerstandsfähig ist: sie wirkt wie gefilzt.
— Martin Z. Schröder
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