Fälschfilm · 22. Dezember 2012

Am gestrigen Freitag wurden in der Werkstatt englische Pfundnoten gedruckt für eine Dokumentation über die Fälscherwerkstatt im Konzentrationslager Sachsenhausen. Die Aufnahmen für den Buchdruck dieser Noten wurden an drei Pressen gemacht, das Drucken selbst im Heidelberger Tiegel. Ende Januar wird man im ZDF erst den langweiligen, aber auch nicht ohne fulminante Dümmlichkeit hergestellten deutschen Kitschfilm über diese Fälschungswerkstatt sehen können, eine typische KZ-Schmonzette mit gutaussehenden Opfern zur Identifikation und schlecht aussehenden Opfern zum Gruseln sowie schicken Nazis (ich sehe Uniformen natürlich genauso gern wie wir alle, aber lieber in Parade mit schöner Marschmusik), aus der man über das Geschehen so gut wie nichts erfährt, und anschließend die Dokumentation über die Fälschungswerkstatt, in der man hören wird, daß alles ganz anders war als im Spielfilm und wie es wirklich gewesen sein dürfte. Der Spielfilm vermittelt gelegentlich den Eindruck, man betrete ein physikalisches Labor in Amerika, wo die Bombe erforscht wird: Herren in weißen Kitteln über optischen Geräten an großen Tischen, dazwischen Uniformen. In Wirklichkeit waren in der Fälscherbaracke über 100 Leute untergebracht, die zwischen den Maschinen schliefen (im Spielfilm freuen sich die Gefangenen über weiche Betten). Nun, man wird in der Dokumentation sicherlich mehr darüber erfahren.

In meiner Werkstatt wurden nur Produktionsbilder angefertigt, allerdings mußte ich dazu eine Art KZ-Kleidung anziehen, weil ich gelegentlich durchs Bild wische. Die Fälscher trugen keine Streifenanzüge, sondern bekamen ihre Klamotten von den KZ-Leichen.

Für die Druckplatten wurde ein originaler Geldschein gescannt und retuschiert. Davon wurden Magnesiumätzungen hergestellt. Von den Originalplatten kenne ich nur Schwarzweiß-Fotos aus einem Buch über die Ereignisse in Sachsenhausen und weiß nicht, wie sie hergestellt worden sind. Ich vermute aber, daß für die hohen Auflagen und die Abbildungsgenauigkeit die Bleiplatten galvanisiert, also mit Kupfer überzogen wurden.

Deshalb habe ich die Magnesiumplatten mit Bronzepaste gefärbt.

So schön beleuchtet war der Heidelberger Tiegel noch nie. Meine Maschine ist von 1952, aber in dem Film wird es keine oder nur sehr wenige Aufnahmen von der gesamten Maschine geben, die ja in etwas reduzierter Form von 1926 an gebaut worden war.

Es war mir auch ein schöner Anblick, so viele Menschen um meine Maschine versammelt zu sehen, die sich liebevoll um ästhetisch wertvolle Aufnahmen bemühten. Eine Maschine wird nicht häßlich, weil sie im KZ steht, und die Romantik des Fälschens wohnt vielleicht selbst diesen harten Umständen inne. Da ich das gerade schreibe, frage ich mich, ob die Dokumentation wohl auch einen kitschigen Schmierfilm bekommen wird. Vielleicht kann man das gar nicht vermeiden, wenn man etwas Historisches fürs Fernsehen macht? Andererseits ist so eine Werkstatt für einen Gefangenen ein Trost über widrige Umstände. Wie ich als NVA-Soldat erfahren habe, mochten wir alle den Aufenthalt in den Maschinenräumen der Militärdruckerei am liebsten. Die Maschinen sind gute Werkzeuge, und sie zwingen zur sachlichen Vernunft, wenn man mit ihnen arbeiten will. Sie geben dem Gefangenen Wärme und Geborgenheit, glaube ich. Und sie entziehen ihn als nützlichen Arbeiter der Willkür der Aufseher. Wenn wir schöne Maschinenbilder sehen, sehen wir das, was der Gefangene sieht. Drucktechnik oder den Setzkasten zu pflegen, ist viel schöner, als sich von einem Wärter anbrüllen zu lassen.

Hier sind die Platten in der Maschine zu sehen. Beim Einrichten der Form habe ich darauf geachtet, keine Aluminiumstege zu verwenden, weil ich glaube, daß es diese erst in der Nachkriegszeit gab. Ansonsten habe ich nicht darauf geachtet, altes Material zu verwenden, denn damals war der Buchdruck eine zeitgemäße Drucktechnik, und man hatte gußfrische Schriften, namentlich, wenn gefälscht wurde. Nehme ich an. Gefälscht wurden nicht nur Banknoten, sondern auch Pässe, Briefmarken und andere Urkunden und Wertpapiere.

In einem zweiten Druckgang wurden die Noten dann noch numeriert. Sollte ich den Sendetermin rechtzeitig erfahren, teile ich ihn hier mit.

— Martin Z. Schröder

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Vermögensbildung · 31. Oktober 2012

Der Chefbankier hat die Bank nach sich selbst benannt, deshalb heißt sie K-Bank. Wechselgeld hat der Neunjährige nicht drucken wollen, sondern sich an einem hübschen Bündel erfreut, das er auf dem Handtiegel gedruckt hat.

Ob K. jemanden findet, der die vom Bleisatz gedruckten Scheine akzeptiert? Es muß ja nicht in voller Höhe sein.

Auf diesem Foto sind die Rand-Ornamente zu sehen.

Das Wort EURO wurde aus der Bigband gesetzt.

Und Hausschrift der K-Bank ist die Kavalier.

Hier ist die ganze Druckform zu sehen (die Ziffern sind aus schmalhalbfetter Futura gesetzt). In zwei Stunden wurden etwa fünfzigtausend Euro produziert. (Natürlich wird das Bargeld nicht in der Werkstatt gelagert.)

— Martin Z. Schröder

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Junge Setzer und Drucker, Teil 2 · 7. Dezember 2007

Im Dezember vergangenen Jahres bot ich Freunden an, einen ihrer Söhne für ein paar Tage in meine Werkstatt zu entsenden zu einem Bildungsurlaub. Die Freunde kamen auf den Gedanken, daß es mit zwei Buben für alle Beteiligten angenehmer sein könnte; aus Erfahrung befürwortete ich diesen Vorschlag, und im August wurden mir für eine Woche zwei 8jährige Praktikanten ins Haus gebracht: Malte (links im Bild) und Luca (in der Mitte). Die Vorbereitung dieser Aktion war recht ungefähr, weil ich einen der beiden nicht sehr gut, den anderen gar nicht kannte. Aber ich wollte schon wie einst mein erster Meister (siehe Teil 1) ein Werk fabrizieren, das wir alle drei auch noch Jahre später gern in den Händen halten würden.

Mein letztes Schulprojekt mit einer Arbeitsgemeinschaft einer Freien Schule hatte ich mit 12jährigen absolviert, in diesem Alter war man im Mittelalter fast erwachsen. Davor hatte ich mehrere Semester Studenten unterrichtet, die zum Arbeiten keiner Überredung und Lockung bedurften. Daß ich familiär mit einem Kind Umgang pflegte, liegt lange zurück, das Kind studiert heute Jura. Also viel Übung hatte ich nicht mehr. Wichtig war mir, daß meine Gäste sich in der Werkstatt wohlfühlten. Je jünger ein Mensch ist und je geringer das, was wir Einsichtsvermögen nennen, desto ernster muß die individuelle Freiheit genommen werden. Außerdem sind uns gerade bei Erinnerung an die eigene Kindheit heutige Kinder und ihre Lebenswelt doch so fern, daß wir Kindern zutrauen sollten selbst zu wissen, was für sie gut ist. Zumal man gerade das am besten lernt, wenn man es übt. Soweit die Theorie. Als einer der Gäste nach der ersten Zeile im Winkelhaken keine Lust mehr hatte und auf den Hof verschwand, war ich im ersten Moment doch enttäuscht. Aber man kann einem Erwachsenen wohl sagen, daß manche Arbeit am Anfang schwer ist und er durchhalten möge und ein Lohn sich einstellen werde. Spricht man so zu einem Kind und baut womöglich Druck auf, riskiert man, manifeste Ablehnung zu provozieren. Also hielt ich die Klappe und übte mich nach Kräften in Langmut. Dieses Vorgehen wird an unseren staatlichen Schulen leider nicht in Erwägung gezogen, da eine Lehre im Lehrplan steht, die sehr eingeschränkte Begriffe von Bildung und Ordnung hat und keinen von Freiheit, Persönlichkeit und Eigensinn. Sicherlich ist schon herausgeklungen (und habe ich im letzten Beitrag ausgeführt), wie wenig mir die Pädagogik als Wissenschaft oder Methode einleuchtet. (Meine Diplom-Arbeit als Sozialpädagoge habe ich über die Mißlichkeit des Erziehungsgedankens im Vollzug der Untersuchungshaft von Jugendlichen geschrieben.) Und nun ergab sich meine durch antipädagogische Theorie leicht zu gewinnende Einsicht, daß wir zwischendurch immer mal wieder eine Eichelschlacht auf dem Hof und dergleichen einlegen mußten, weil meine Gäste ein stärkeres Bedürfnis nach Bewegung hatten als etwa Design-Studenten.

Wir haben mit meiner Langmut-Übung und ohne Streß immerhin binnen fünf halben Tagen ein Büchlein in Broschurform angefertigt. Grundlage ist ein Gedicht von Christian Morgenstern: „Neue Bildungen, der Natur vorgeschlagen“ (siehe Fotos). Diesen Text haben wir durch eigene Schöpfungen ergänzt, was den Titel des Werkes, genauer: die Autorenzeile erklärt. Er ist gesetzt aus Futura schmalhalbfett, Futura Buch und Steiler Futura. Die Morgenstern-Zeilen innen sind in braun gedruckt, unsere Erfindungen blau. Das nächste Bild zeigt links drei Morgenstern-Zeilen in Garamond und rechts drei Schöpfungen von uns in Schreibmaschinenschrift und Futura schmalmager. Meine Seitenplanung geriet schnell durcheinander, nicht nur wegen der amüsanten Ablenkungen, sondern weil ich in der Werkstatt auch immerzu auf alle möglichen Gefahrenquellen achten mußte und Sicherheitsbelehrungen wiederholen. (Es ist auch kein Unfall passiert.) Aber als Handwerker ist man an Improvisation gewöhnt, so daß das Büchlein zwar nicht wie geplant, aber ausreichend adrett entstehen konnte.

Das nächste Foto zeigt magere und dreiviertelfette Futura. Danach links die „Gier(!)affenschlange“ in magerer Pracht-Antiqua und rechts Morgensternzeilen in schmalfetter Pracht-Antiqua mit einem Linolschnitt. Geplant hatte ich, daß die Praktikanten den Linolschnitt anfertigen, aber das Material ist so hart, daß ich für den Walfischvogel selbst zu den Messern griff. Inzwischen hatten sich die beiden die Arbeit klassisch geteilt: Malte war als Schriftsetzer tätig. Er fand sich im Setzkasten erstaunlich schnell zurecht. Die Lettern liegen darin in etwa 125 Fächer verteilt. Freilich mußte Malte nicht wissen, wo die Buchstaben mit Akzenten liegen, aber er merkte sich sehr fix, wo er die häufigsten Typen finden würde. Luca arbeitete an der Presse als Buchdrucker. Es gibt an meiner Maschine eine Schwachstelle: Der Walzenlauf ist etwas ungünstig konstruiert, die Walzen springen an einer Stelle, wenn man den Hebel ohne Feingefühl führt. Luca hatte das bald intuitiv im Griff. Das etwas schwierigere Einrichten der Druckform oblag mir. An der Papierschneidemaschine arbeiteten wir zu dritt. Es handelt sich dabei um die einzige moderne Maschine meiner Werkstatt, eine große Wohlenberg mit Lichtschranke, so daß Unfälle mit dem Messer ausgeschlossen sind. Freilich stand ich beim Schneiden immer dabei. Und das Einbinden mit Nadel und Garn erledigte ich am Ende allein, eine Woche ist für ein solches Projekt nicht viel.

Auf dem nächsten Bild ist die Gänseschmalzblume aus Excelsior (Englische Schreibschrift/Anglaise) gesetzt, darunter eine halbfette kursive Fundamental. Rechts die Unger-Fraktur, über die ich früher schon geschrieben habe. Sie ist so gut lesbar wegen ihrer Nähe zu unserer Antiqua. Der Linolschnitt drückt erstens durch, weil das Papier sehr lichtdurchlässig ist (geringe Opazität), und ein bißchen Farbe hat auch abgezogen, wir hatten einfach nicht genügend Trockenzeit in der einen Woche. Auf der letzten Seite das Impressum in kursiver und gewöhnlicher Garamond.

Zu Hause haben wir einmal versucht zu pokern, weil die Jungs pokern wollten. Die Regeln dafür fanden wir im Internet, aber sie erschienen uns zu kompliziert. Außerdem fehlte es uns an Geld. Doch wozu waren wir täglich in einer Offizin? Geld an sich ist bekanntlich schnöde, aber es ist eine Art Urkunde für einen Tauschwert und wird deshalb oft fein entworfen. Wie die fette Schrift auf unserem Foto heißt, weiß ich leider nicht. Werde mal im Forum des Bleisetzers fragen. Solche häßlichen Schriften nannten wir in der Druckerei Rapputan, wo ich früher Schriftsetzer war, Klamottenschriften. Das erscheint mir heute noch mir passend.

Aktualisierung: Das Bleisetzer-Forum wird von einem Kenner der Bleisatzschriften gelesen, der mir nun schrieb: “Die gesuchte “50 Euro”-Schrift heißt Belvedere, von der Bauerschen Gießerei. Entwerfer war Heinrich Wieynck 1906.”

Als ich mich bei Luca und Malte erkundigte, wie die Bank denn heißen solle, die unsere Note herausgibt, sagte Luca sofort: „Bescheuerte Bank“. Dies deuchte uns nach kurzer Beratung überaus geeignet.

Mit dem Pokern hat es dann nicht recht geklappt, weil wir keine vernünftigen Regeln erfinden konnten. Luca hat öfter versucht, Einkäufe und Museums-Billetts mit unserem Geld zu bezahlen, aber die Note der Bescheuerten Bank fand keine Akzeptanz. Obwohl der Name dieser Bank aus der Chevalier gesetzt ist. Formen einer solchen Schrift finden sich auch auf der Dollar-Note.

Gearbeitet habe ich in dieser einen Woche freilich nicht. Nur ein paarmal kam Kundschaft, um Ware abzuholen, die ich in der Vorwoche gedruckt hatte, wobei auch das Foto von uns dreien entstand, für das wir Susanne Fleck herzlich danken. In der Werkstatt habe ich vor Trubel das Fotografieren schlicht vergessen.

Ich war etwas in Sorge, daß meine beiden unbefangenen Gäste zuviel mit meinen Kunden reden würden, interne Betriebsangelegenheiten ausplaudern, aber meine Kunden waren von meinen Gästen sehr angetan. Ich hatte bald das Gefühl, es wäre förderlich fürs Geschäft, zwei freundliche Buben Konversation treiben zu lassen. Meine Kunden schauten sich an, wie weit es die Papierflieger auf der Straße brachten und ließen sich auch Mitbringsel aus dem Naturkundemuseum vorführen.

Mir war nach einer Woche wieder einmal deutlich geworden, welches Vergnügen den Erwachsenen in ihrer abgeschlossenen Arbeitswelt entgeht, wenn sie Kinder in einer abgeschlossenen Schulwelt aufbewahren und sich nur abends treffen. Und für Kinder wäre es freilich auch interessant, mehr von der Arbeitswelt mitzubekommen. Zwar spielt sich Arbeit viel im Büro ab, aber ich fand es als Kind absolut großartig, wenn mich meine Eltern in ihre Büros mitnahmen: meine Mutter, die ein Bilderbuchlektorat leitete, in den Kinderbuchverlag Berlin, mein Vater, Mitglied der Chefredaktion, in die Redaktion der NBI (Neue Berliner Illustrierte). Ich konnte mich dort frei bewegen und lernte viele Leute und ihre Arbeitsplätze kennen. Am aufregendsten war, als mich ein Fotograf der Illustrierten mit in ein Museum nahm, wo ich schwarzen Stoff hinter Vitrinen hielt, damit er blendfrei fotografieren konnte. Mit eitel Freude betrachtete ich die Bilder später in der Illustrierten – und fand vor allem den schwarzen Hintergrund überaus gelungen. Und ich hatte eine ziemlich genaue Vorstellung davon, was meine Eltern tagsüber anstellten.

— Martin Z. Schröder

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Die gute alte Globalisierung · 9. November 2007

Ein kleiner Handwerksbetrieb läßt den Prinzipal öfter innehalten. Um so ein Unternehmen aufzubauen und zu betreiben, braucht es Muße. Immer wieder muß er sich aus dem Zeitstrom heraushieven auf ein Inselchen und ausschauen, wohin die eigene kleine Schaluppe schlüpfen soll und ob sie den Kurs hält, den er ihr einst vorgezeichnet.

Allein diese Globalisierung! Das Internet! Noch vor einigen Jahrzehnten druckte man für die Leute im Viertel (berlinisch: Kiez), heute liefern wir unsere vom Bleisatz gedruckten Arbeiten nach München wie nach Lübeck ganz ohne die Verständigungsprobleme der Familie Buddenbrook, zu denen der Herr Grünlich aus dem Süden kam und man im Norden seine Sprache fremd fand. Heute stammen die Kunden gar aus den Ländern hinter den Alpen, ja sogar aus Übersee, weil das Buchdrucker-Handwerk selten geworden ist und mancher froh, es überhaupt noch zu finden.

Freilich war es damals gemütlich, als man für die Leute druckte, die um die Ecke wohnten. Es gab keine Copy-Shops, für fast jede Art von Vervielfältigung führte der Weg in die Druckerei. Die Alternative war Durchschlagpapier (auch je nach Farbe Blau- und Kohlepapier genannt).

Aber die alte Zeit hatte auch ihre Tücken – sie muß nur alt genug sein. Warum war denn der gute Gutenberg nicht mehr aus den roten Zahlen gekommen? Wahrscheinlich hatte er seine Bibeln ja schon verkauft, als sein Gläubiger ihn vor dem Kadi über die Klinge springen ließ, aber die Gloablisierung des Spätmittelalters war eben auf ihre Weise tückisch: Man traf sich einmal im Jahr auf dem Markt, machte den Handel ab, der Drucker investierte weiter in seine Bibeln, schoß den benötigten Betrag vor, nahm dafür Kredit auf, denn erst im Jahr darauf traf man sich wieder auf dem Markt, und unter Umständen dauerte es dann nach der Warenübergabe/-übernahme noch ein Jahr bis zum nächsten Treffen, bis auch der Geldsack überreicht wurde. Denn den bargeldlosen Zahlungsverkehr, geschweige die Online-Überweisung hatten Gutenbergs Zeitgenossen und die Leute noch ein halbes Jahrtausend darüber hinaus einfach zu stark vernachlässigt. Zwar wurde im Mittelalter schon heftig gereist, verdanken wir dem Mittelalter immerhin die ersten befestigten Straßen, auf denen sich auch Gutenberg seit seiner Jugend bewegte, aber konnte er schlecht alle Handelspartner auf einmal aufsuchen, war das Reisen nicht ungefährlich und hatte er ja anderes zu tun: zu drucken.

Und bitte, die Moral: Es ist immer vorteilhaft, nicht nur auf eine winzige Spanne einiger vermeintlich glücklicher Jahrzehnte zu schauen, die man vielleicht einmal kurzsichtig als die gute alte Zeit wahrgenommen hat, sondern ein wenig tiefer in die Geschichte. Dann findet man schon den Anschluß an die eigene Existenz. Wie zu Gutenbergs Zeiten kommen nun auch meine Kunden wieder aus anderen Gefilden, und sie müssen dazu nicht anreisen: das Telefon, die Briefbeförderung, vor allem Internet macht die Handelsbeziehungen leicht. Und wenn sie doch anreisen, ist das recht erfreulich, dafür schließt der Prizipal auch gerne mal am Sonntag seine Offizin auf. Die Globalisierung ist für einen Drucker der Bleisatz-Ära keine neuartige Angelegenheit; nur statt ein, zwei Jahre auf die Bezahlung zu warten wie anno 1450, bittet er, vorsichtig geworden nach Gutenbergs reichlich gezahltem Lehrgeld (das Foto zeigt kürzlich vom Bleisatz gedrucktes Geld), heutzutage um Anzahlung (freilich nicht die Stammkunden).

Ergänzend wäre noch nachzutragen, daß gute alte Zeiten skeptisch beäugt zu werden verdienen, wenn sie vergegangen sind, ohne mehr als nette und womöglich noch zurechtgebogene Erinnerungen für ihre Teilnehmer zu hinterlassen.

— Martin Z. Schröder

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