Regeln im Satz gebrochener Schriften · 27. April 2009
In einer Einladung aus Fraktur (Unger-Fraktur in hellgrün, sehr schick!) hatte ich einen abgekürzten Doktor-Titel unterzubringen. Ich setze selten Fraktur, leider. Aber doch mehr als vor ein paar Jahren. Sie erfreut sich hier und da einiger Zuneigung, was mich freut. Gerade die Unger-Fraktur ist eine so hübsche Schrift. Ich schrieb schon mehrfach über sie (siehe Register am Fuß der Seite). Meine Leser werden sicherlich verstehen, wenn ich ihnen Kenntnis gebe von dem angenehmen Gefühl, eine richtige Ahnung gehabt zu haben. Ich habe die Regeln für den Satz gebrochener Schriften nicht mehr alle parat, aber wenn ich dann eine Gebrochene setze, klingen leise die Erinnerungsglöckchen und führen mich zum Nachschlagewerk. In jede Setzerei gehören zwei Wörterbücher, eines der Gegenwart und eines der Vergangenheit, also etwa ein Fraktur-Duden. Dort schlug ich nach und konnte so regelgerecht den Dr. aus der Walbaum-Antiqua zur Unger-Fraktur setzen. Man muß ein paarmal davon gehört haben, dann fällt einem im richtigen Moment alles wieder ein.
Allerdings kürze ich Doktoren nicht DDr. ab, sondern Dres. Da muß sich mal was geändert haben.
— Martin Z. Schröder
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Lego in Fraktur · 6. November 2008
In den Berliner Schulferien wurde der Drucker zum Onkel: Nichten und Neffen kamen zu Besuch. Malwina zum Beispiel, die auf dem Foto mit der Presse auf einem Podest steht, weil einem mit 8 Jahren noch ein paar Zentimeter fehlen, hat sich Briefkarten gedruckt mit der Unger-Fraktur, die sie mühelos liest und als schön verschnörkelte Schrift wahrnimmt, nicht als eine absonderliche alte Type. Sie hat mit Redis-, Spitz- und Breitfeder geschrieben, den Cutter ausprobiert (und, von diesem Instrument begeistert, einen Wunsch zum Geburtstag ausgesprochen), Papier geschnitten und am zweiten Tag auch noch Einladungen zum Geburtstag gesetzt, gedruckt und genutet. Eine Druckerei ist eine Schule, Kopfrechnen macht Malwina geradezu Vergnügen.
Was eine „coole“ Visitenkarte ist, habe ich von ihrer 13jährigen Schwester Marlene gelernt: ein Totenkopf gehört drauf, ein Stern, eine zeigende Hand, und auf das Aldusblatt, das auf der Karte keinen guten Platz mehr fand, kam sie zurück bei der Produktion von „Denkzetteln“. Mitten im Wort gibt es einen Großbuchstaben, und aus der 6 wird ein b. Erwachsene Design-Studenten brauchen ein paar Stunden länger, um sich von Konventionen freizumachen. Mir selbst ist es ziemlich fremd, und ich habe einiges gelernt. Ob der Totenschädel nun aus der Mode kommt, wo er derzeit ein beliebtes Motiv ist, oder ob ihm natürlicherweise etwas Cooles anhaftet, weiß ich nicht recht. (Die Daten auf den Drucksachen habe ich, wie immer, in der Bildbearbeitung unkenntlich gemacht, eben bis auf die Vornamen.)
Julian druckte sich ebenfalls aus Fraktur eine Karte als „Lego-Experte für alle Fälle“, was sicherlich ein schöner Beruf ist. Er verglich die Setzerei mit einer Lego-Anlage, wie so alles zu einer Form gefügt werden kann – und die Anzahl der Teile ist keine geringe. Die Unger-Fraktur ist eine besonders nah an der Antiqua gebildete und gut lesbare Schrift, aber es hat mich trotzdem gefreut, daß sich gleich zwei Kinder diese Schrift ausgesucht haben. Ihr kalligrafischer Reiz ist eben schwer zu überbieten. Die Englische Schreibschrift hatte ich nicht angeboten, sie ist zu empfindlich und zu schwer zu setzen für Anfänger. Auf die Schreib- und Zierschriften habe ich nicht besonders hingewiesen. Angeboten hatte ich Garamond in gerade und kursiv, Futura und eben die Unger-Fraktur.
Großen Reiz strahlt der Fundus von Druckstöcken aus. Julian hat sich den schlangenhaften Aal für seine Karte ausgesucht, einen mit Kupfer galvanisierten Metalldruckstock auf einem Holzfuß.
— Martin Z. Schröder
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