Kids & Quiz (und ein grammatikrünstiger Werwolf) · 31. Mai 2008
Drei Themen serviere ich heute, und deshalb jedes möglichst knapp.
Erstens Am Freitag hatte ich den zweiten Besuch der Kinder aus der Freien Grundschule ein paar Straßen weiter. Von den vier gebuchten kamen diesmal drei, einer war leider krank. Gute Besserung, Robert!
Stella hat sich so geschickt angestellt, daß ich meine, sie könne gleich als Lehrling einsteigen. Ich war beeindruckt, was sie sich alles gemerkt hat von letzter Woche. Junge Leute sind schneller im Setzkasten zu Hause als ältere, das Gehirn ist noch weniger ausgelastet und hungert nach Informationszufuhr.
Moritz und Jonas haben einstiegsweise eine Visitenkarte gesetzt und gedruckt, wie Stella und Robert letzte Woche, um den Setzkasten und die Handhabung des Winkelhakens kennenzulernen. An den Fächern stehen die Buchstaben ja nicht dran, der Kasten ist so aufgeteilt, daß der rechten Hand des Setzers die Buchstaben nahe liegen, die er oft benötigt und jene entfernter, die er selten braucht. Also direkt rechts unten liegt die Minuskel e, der in der deutschen Sprache am häufigsten benutzte Buchstabe, darüber gleich das n, die Buchstaben mit Akzent indes am weitesten entfernt: ganz links. Also müssen Anfänger den Buchstaben erst auf einem Setzkastenschema suchen, das neben dem Kasten liegt, und dann das originale Fach. Anfangs helfe ich dabei und zeige die Fächer, denn der Kasten hat 125 davon, und bis man dann ein h gefunden hat … Meine Gäste helfen sich allerdings auch gegenseitig, es geht höchst kollegial zu.
Wir haben immer nur anderthalb Stunden Zeit und insgesamt nur sieben Termine, weshalb ich also die Arbeit vorher plane und meinen Gästen vorschlage. Vorgeschlagen habe ich, das Grammatik-Gedicht „Der Werwolf“ von Christian Morgenstern auf die Seiten eines achtseitigen Büchleins zu verteilen. Dem wurde zugestimmt. Auf meine Frage, die ich eher mir selbst als den jungen Druckern stellte, welche Schrift wir nehmen sollten, wünschte sich Stella sofort die „Lucky-Luke-Schrift“, womit sie die Figaro meinte. Aber die ist zu groß für den Text. Ich habe mich für die Garamond als Buch-Klassiker entschieden. Aller Anfang sollte von der Klassik ausgehen.
Ich habe den Kindern das Gedicht deklamiert und wurde vor die Frage gestellt, was denn die Fälle wären. Die dritte Strophe des Gedichtes lautet:
»Der Werwolf« – sprach der gute Mann,
»des Weswolfs, Genitiv sodann,
dem Wemwolf, Dativ, wie man’s nennt,
den Wenwolf, – damit hat’s ein End.«
Hui, ich hatte mich ein wenig darauf eingestellt, den Unterschied zwischen den Fällen zu erklären, aber die Hauptfrage konnte ich nur mit einer sehr unzulänglichen Erklärung beantworten: sprachliche Konstruktion. Kann mir bitte jemand helfen und eine Erklärung geben, was denn die Fälle an sich sind?
Gegen Fotos und Veröffentlichung hier hatten die Kinder keine Einwände, aber ich muß doch auch die Eltern fragen und hab deren Kindern ein Brieflein mit der Bitte um Erlaubnis mitgegeben, weshalb es hier nur diese Ansichten gibt. Die von mir verwackelte Handaufnahme zeigt, wieviel Text Stella schon im Winkelhaken hat, die komplette erste Strophe. Für Moritz und Jonas (Bild oben) war es heute noch ein ziemliches Suchspiel.
Was mich in beste Stimmung versetzt, ist jugendlich unartige Schlagfertigkeit. In einer Werkstatt wie meiner muß ich freilich gegenüber Anfängern (auch älteren) Warnungen ausstoßen vor allerley Gefahren, auch vor dem Blei, das giftig wirkt, wenn man es zu sich nimmt, weshalb man mit ungewaschenen Händen nicht speisen dürfe. “Auch nicht popeln?” kam es prompt zurück.
Zweitens Ich durfte eine Einladung zu einem Rittermahl auf einer Burg in Fraktur drucken, das kommt so selten vor, daß ich vor Freude beinahe hopse, wenn mich so ein Wunsch erreicht. Ausgeführt ist diese Akzidenz im Altarfalz, einer sehr feinen Form der Einladung: Man öffnet sie wie die Pforten zu einem breiten Foyer. Damit der Druck auf der Außenseite nach innen durchscheint, verwende ich dafür ein nur 160 g/m² starkes Feinpapier, keinen Karton.
Drittens Die Danksagung dazu stellte mich vor ein Problem. Gewünscht wurde ein großes Danke in Fraktur mit einem Schmuck, wie er hier zu sehen ist. Aber die Unger-Fraktur, aus der die oben gezeigte Einladung gesetzt ist, habe ich nicht in einem so großen Schriftgrad. Ich mußte also ausweichen. Einerseits ist es eine schöne Drucksache, was ich dann mit der
Zentenar-Fraktur verwirklichte, andererseits doch ein Fehler. Dieses Blog wurde einmal mit einem kostenlosen Fernstudium verglichen, und das Zwiebelfisch-Quiz hatte ja schönen Anklang gefunden. Nun eine neue Frage: Warum passen diese Schrift und dieses Ornament um Himmels Willen nicht zusammen? Dafür gibt es zwar keine Preis-Sendung, aber breite Anerkennung.
Schlußbemerkung: Am heutigen Sonnabend erscheint in der Wochenendbeilage der Süddeutschen Zeitung auf der Literaturseite ein Bericht von mir über meine Begegnungen mit den heimlichen Genossen des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR vor zwanzig Jahren. Wenn hier eines Tages mal wieder Geschichtenzeit ist, reiche ich den Text auch im Blog nach.
— Martin Z. Schröder
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