Finde die Zwiebelfische!
Als ich den ersten Abzug sah, schien es mir zuerst, die Schrift sei in einem noch übleren Zustande als zuvor angenommen. Doch als ich genauer hinschaute, entdeckte ich mit Grausen die vielen Zwiebelfische.
Ein Fisch ist ein innerhalb eines Setzkastens im falschen Fach liegender Buchstabe, zum Beispiel nin n im Fach vom e.
Als Zwiebelfisch wird ein im richtigen Fach liegender Buchstabe aus einem anderen Setzkasten bezeichnet, beispielsweise ein kursives ck im Kasten der gewöhnlichen Schrift. Es kann aber auch ein Buchstabe aus einer ganz anderen Schrift sein.
In die 8p magere Pracht-Antiqua (entworfen von Carl Pracht, zuerst gegossen 1941) hat jemand mehrere andere Schriften abgelegt. Der Schrank, in dem sich die Type befindet, wurde in den vier Jahren, die er jetzt bei mir steht, vielleicht zweimal benutzt. Einer der Vorbesitzer war offenbar nicht vom Fach. Der Kasten ist also nicht nur verfischt, sondern verzwiebelfischt (hab ich dieses Wort soeben erfunden?).
Elf Zwiebelfische sind auf dem ersten Foto zu sehen. Im zweiten Foto habe ich drei davon markiert. Wer die restlichen acht zuerst findet und im Kommentar nennt, kann sich seines guten Auges erfreuen. Und bekommt, so er möchte, ein Brieflein mit ein paar Druckerey-Spezialitäten von mir. Die Auflösung folgt gegen Ende der Woche, wenn ich weitere Details der neuen gedruckten Seiten der Goldtschen Vleermuizen vorstelle.
Ob jemand einen Zwifi findet, den ich nicht fand?
tags: pracht-antiqua, zwiebelfisch
Rainer am 13. Februar 2008 # :
Gar nicht so einfach. Ich tippe auf:
»Typisch ! Das, was sie ihre/n/ Gästen vo/r/se/t/zen, e/s/sen sie selbe/r/ natürlich nicht.
[…]
Ko/m/isch, daß sie den gleichen Fraß /z/u sich /n/ehmen, den s/i/e der z/a/hlenden Kundschaft /s/ervieren.«
Jan am 13. Februar 2008 # :
ich habe mal alle groß geschrieben, die verkehrt sein müssten.
typisch! das, was sie ihreN gÄsten voRseTzen, eSsen sie selbeR natürlich nicht.
koMisch, daß sie den gleichen fraß Zu sich nehmen, den sIe der zAhlenden kundschaft Servieren.
Connie am 13. Februar 2008 # :
ach ich hätte so gerne zwiebelgefischt…
aber ich habe meine Brille nicht zur Hand und meinen Opa auch nicht (war Setzer bei Brockhaus!)
Viele Wünsche an die Scharfsichtigen hier!
MZS am 13. Februar 2008 # :
Das Rätsel ist gelöst, deswegen gibt es heute schon die Auflösung, das Bild dazu demnächst.
Kommentator Rainer hat alle Zwiebelfische richtig erkannt. Kommentator Jan zeigt zusätzlich das ä an, aber das druckt nur etwas stärker aus, weil es ein seltener benutzter Buchstabe ist. Im Vergleich mit den weiteren a zeigt sich, daß es sich nicht um einen Zwiebelfisch handelt (oder alle a aus anderen Schriften einwanderten, aber das ist nicht der Fall). Dafür fehlt in Jans Liste das n von nehmen, das aus demselben Kasten stammt wie das falsche n in der ersten Zeile.
Zwiebelfischfindung wird manchmal schon detektivisch, zumal wenn man es mit der winzigen Originalgröße zu tun hat. Selbst unterm Fadenzähler wird es nicht so groß wie hier auf den Fotos. Aber auch am Bildschirm ist es knifflig, in der Werkstatt kann ich ja einfach den verdächtigen Buchstaben aus dem Satz ziehen und drei andere aus dem Setzkasten daneben halten.
Wenn Kommentator Rainer mir per E-Mail seine Post-Anschrift übermittelt, übersende ich gern die zugesicherten Druckerey-Spezialitäten.
Rainer am 14. Februar 2008 # :
Das lässt sich Kommentator Rainer nicht zweimal sagen. Die Adresse ist unterwegs und ich freue mich auf die Spezialitäten.
MZS am 14. Februar 2008 # :
… welche heute der Post überantwortet werden, die Adresse ist angekommen.
Brenrhad am 25. Februar 2008 # :
Besten Dank für diesen Post! Wunderbar.
Ohne zunächst die Lösung anzusehen, habe ich auch ein wenig getüftelt – mit bescheidenem Ergebnis. Neben den nicht gefundenen kam ich dabei aber auch auf einen offensichtlich korrekten Buchstaben, jenes e in Zeile 5 im 4. Wort “den”. Wie nennt man denn diese “Erscheinung”, wenn offensichtlich was fehlt? Sorry, bin ein Laie.
MZS am 25. Februar 2008 # :
Warum sorry? Wir sind alle Laien und kennen nur unsere eigenen Gebiete mehr oder weniger gut. Dieses e hat meines Wissens keinen Fachbgeriff. Es ist eine abgenutzte Type, die nicht mehr vernünftig ausdruckt. Entweder wechselt der Setzer den Buchstaben aus oder er bringt ihn auf Höhe, indem er ihn unten anschleift, so daß er einen Grat bekommt. Es genügt, die Letter kurz und mit gefühlsmäßig abgestimmtem Druck über eine Eisenplatte zu ziehen. Oder man klebt etwas drunter, daß er auf die korrekte Höhe aufsteigt. Ich habe diesenfalls die Type ausgewechselt.