Kinder machen Bücher (und ich auch eines)
Im April hatte ich sechs Zehnjährige aus einer benachbarten Grundschule zu Gast. Diese Schule veranstaltet einmal jährlich eine Woche ein Fest schöpferischer Arbeit. Da wird gefilzt, getanzt, gemalt, geschnitzt, und dieses Jahr wurde auch geschrieben, gesetzt, gedruckt, gebunden. Am Ende des vierten Tages saßen wir vor den fertigen Druckbogen.
Bis dahin hatten meine Gäste sich Texte ausgedacht, sie Buchstabe für Buchstabe aus dem Setzkasten gesetzt, Abzüge gemacht, Korrektur gelesen. Linolschnitte wurden angefertigt, Papier zugeschnitten, Umschläge gerillt, Texte und Linolschnitte gedruckt. Zwischendurch waren wir auch mal auf dem Spielplatz, und während der Arbeit gab es genug Pausen, um die Schaukel im Garten neben der Druckerei vor dem Einrosten zu bewahren.
Die Titelfindung war nicht ganz leicht, denn das Buch enthält Texte über einen netten Wolf in der Wildnis, einen Tassenkuchen (Cupcake), einen jungen Feuerwehrmann, Basketball und Yu-Gi-Oh, ein mir bislang unbekanntes Kartenspiel.
An den ersten beiden Tagen war es für mich fast zu anstrengend. Ich hatte eine ganze Weile nicht mit Kindern gearbeitet und war überrascht von der Kraft der Spontaneität, die Zehnjährigen innewohnt und die mit dem Perfektionsdrang eines Druckers nicht ganz leicht unter einen Hut zu bringen ist. Aber am dritten Arbeitstag hatte ich mich schon daran gewöhnt, zumal die Kinder einen starken Willen zur guten Stimmung ausstrahlen, dem ich mich nicht entziehen konnte. Es hat dann nach der Eingewöhnung auch mir richtig Spaß gemacht, und ein paar Druckfehler habe ich eben übersehen. Auch meine Gäste zeigten sich am Ende höchst zufrieden und bedauerten, daß es nach fünf Tagen vorbei war.
Dieses Bild zeigt den Grund dafür, warum die Blogeinträge in den letzten Monaten spärlich geworden sind. An diesem Buch arbeite ich schon seit bald fünf Jahren immer mal wieder, aber nachdem ich den Verlag gebeten habe, mich unter Termindruck zu setzen, ist es nun geschrieben und wird zur Zeit überarbeitet. Manche Fragen erwiesen sich als harte Nuß. Woran, beispielsweise, erkennt ein Typograf, ob eine Druckschrift gut ist. Was bedeutet Schönheit in Bezug auf Schrift? In jedem Beruf gibt es Kenntnisse, die in Lehrbüchern nur gestreift werden, die sich durch Erfahrung mitteilen. »Implizites Wissen« nennen das Soziologen. Von diesem Detailwissen, diesen kleinen Berufsgeheimnissen habe ich einige genauer untersucht. Meine Handgriffe protokolliert und danach für dieses Buch allgemeinverständlich erklärt. Das war viel Arbeit, und damit waren die Abende und Wochenenden des letzten Jahres ausgefüllt. Jetzt wird also lektoriert und verbessert, und im Herbst soll dann ein schönes Buch fertig sein. HIER kann man einen Blick auf die erste Ankündigung des Verlages werfen.
tags: kinder
Jarno Parwot am 29. Mai 2015 # :
Ein tolles Projekt.
Gibt es die Möglichkeit das Kinderbuch zu erstehen?
vieLLieb Grüße Jarno
Martin Z. Schröder am 30. Mai 2015 # :
Dazu war die Auflage zu klein, tut mir leid.