Die ft-Ligatur ist falsch
Jan Tschichold hat an der ft-Ligatur kritisiert, daß sie das kleine »t« zu hoch hinausziehe. Es bekommt in der Ligatur eine Oberlänge, die es nicht hat. Wurde man einmal auf diesen Mißstand aufmerksam, kann man schlecht gezeichnete »t« nicht mehr übersehen. In der Futura mag der Bogen des »ft« noch einen eigenen ornamentalen Reiz entfalten, es ist ein Schnörkel in einer versachlichten Schrift. Aber in der Garamond fällt dieses Schriftzeichen unangenehm auf, hier ist es falsch, die im Kasten liegende ft-Ligatur zu verwenden.
Abgebildet auf dem Foto ist die Garamond in Petit, also 8 Punkt, das ist eine recht kleine Schrift. Die Mängel in der Schriftzurichtung, die der Bleisatz naturgemäß hat, sind in der Originalgröße unauffällig.
Hinweisen könnte ich noch darauf, daß die Anwendung der ch-Ligatur in »sch« falsch ist, auch wenn sich Setzer selten darum scherten und scheren. In der Fraktur galt die Regel, daß alle Ligaturen stets gesetzt werden müssen, es gab in Fraktur-Schriften allerdings auch eigene Ligaturen für »ch« und »sch«. In der Antiqua ist die sch-Ligatur mit rundem »s« nicht vorhanden. In dem abgebildeten Wort sieht man vorn ein »sch« aus drei Lettern und hinten das enger stehende ch als Ligatur. Die ch-Ligatur würde das »sch« in »s« und »ch« trennen, deshalb wird sie in »sch« nicht verwendet.
tags: garamond, jan tschichold, ligatur
Ralf am 29. Januar 2014 # :
Stimmt schon. Ohne Ligatur ist das kleinere Übel. Schön ist aber auch anders. Besser wäre eine technische Ligatur ohne Verbindung des f-Bogens mit t – aber eben mit weiterem Bogen des f als hier in der Einzelkegel-Variante.
Bei den digitalen Nachfolgern ist das genau so, zum Beispiel bei der Adobe Garamond. Keine sichtbare Verbindung, aber weiter Bogen.
Die Garamond Premier setzt noch einen drauf und verbindet dann im Gegensatz zur Adobe Garamond in einer eigenen ft-Ligatur den Querstrich beider Buchstaben. So ist’s fein. :-)
Martin Z. Schröder am 29. Januar 2014 # :
Guter Hinweis, danke! Es ist hier im Bild, wie gesagt, ein kleiner Grad, und das sieht vor allem in der Vergrößerung nicht gut aus. Digitale Schriften haben so manchen Mangel der Bleisatztypen beseitigt, nur am Umgang hapert es oft. Immerzu sieht man zu dünne Schriften und viel zu eng laufende oder originelle und dadurch schwer lesbare. Dabei sind die Klassiker heute mit den gut genutzten digitalen Möglichkeiten auch der Zurichtung manchmal so schön wie nie zuvor, abgesehen vom Charme des Bleisatzes. Und der rettet dann auch diese Garamond.
Martin Nauhaus am 31. Januar 2014 # :
Sehr interessant! Sie als Setzer und Drucker achten auf solche Feinheiten von Berufs wegen; ich als Nur-Leser (der in der DDR nicht Setzer werden konnte und es später auch nicht wurde) mußte erst darauf gestoßen werden. Daraufhin habe ich gleich den Bücherschrank durchforstet und zwei hübsche Beispiele gefunden:
1. aus Oscar Wilde: Sämtl. Märchen u. Erzählungen (Dieterich’sche Verlagsbuchhandlg. Leipzig 1978) – Garamond-Antiqua, ohne Ligatur
sowie
2. aus Ernst Badstübner: Kirchen der Mönche (Union Verlag Berlin 1980) – Aldus-Buchschrift, mit Ligatur.
Gar vieles gab es nicht in der DDR, aber oft gut gemachte Bücher (wenn man sie bekam).
Viele Grüße!