Da druckt der Schuh
Der Fundus bietet immer wieder Gelegenheit zum Spielen. Mir fiel ein Schuh auf, eine recht hübsche, zwar simple, aber nicht plumpe Arbeit, ein hölzerner Druckstock. Nur einer. Er stak in einem Siegel eines Schusters oder Schuhhändlers, ich weiß nicht mehr, das vor Jahrzehnten zuletzt gedruckt wurde. Und da ich gerade Materialproben für eine Veranstaltung eines Papierherstellers bedrucke (ich werde Ende April berichten), also freie Arbeiten herstelle, habe ich angefangen zu spielen. Motiv: Schuh hinter einem Vorhang.
Der Vorhang ist aus Messinglinien schnell gemacht. Nebenbei: Ist das nicht ein schöner Anblick? Ich schätze es sehr an meinem Beruf, daß die Dinge so schön sind, die man zusammenbaut.
Und dazu Farbe. Die Übung mit der Farbe begleitet den Drucker den ganzen Tag. Das geht schon morgens los bei der Auswahl der Krawatte oder Schleife zum Hemd. Und dann: welche Farbe verhält sich wie auf welchem Papier zu welcher anderen Farbe. Wenn man eine Farbe zur andern hinzufügt, verändern sich beide in die Richtung der jeweils anderen, das ist alles sehr interessant.
Da steht der Drucker auf dem Spielplatz und mischt Farben und macht Handabzüge.
So sieht der Spielplatz aus. Nicht, daß Spielen nicht anstrengend wäre, auch das Vergnügen verbraucht Kraft. Und bald kann man keine Farben mehr sehen und wird blind und freut sich über eine Drucksache, die Schwarz auf Weiß gedruckt werden soll. Die Schwarze Kunst verlangt weniger Überlegung als die Farbige.
Handabzüge. Und am Ende habe ich das alles verworfen bis auf den roten Schuh, und der Vorhang wurde eher hell und bekam feine blaue und breite silberne Streifen. Aber die hab ich noch nicht fotografiert.
Für solche Spiele gilt es wie für alle andern auch, die Spielregeln zu beachten, sonst bekommt man den Vorhang nicht so genau zustande.
Nach dem vergeblichen Suchen nach den richtigen Farben für den Schuh wandte ich mich der neuen Großaufgabe zu.
Auf den Zetteln auf dem Setzkasten auf dem Foto stehen die Texte von Max Goldt für unser nächstes Buch. Typografie für Goldt Nr. 4. Nach dem Aussuchen, Besprechen, Korrigieren und ein wenig Lektorieren habe ich nun die Reihenfolge festgelegt. Als nächstes beginnt die Entwurfsarbeit, der Papierbedarf muß berechnet werden, das Papier muß gekauft werden und so fort. Ob ich das Buch noch dieses Jahr fertigbekomme, weiß ich noch nicht. (Bestellen kann man es erst, wenn es fertig ist.) Aber der Anfang ist gemacht, und ich fürchte einerseits die Papierberge in der Werkstatt, freue mich aber andererseits sehr auf die Arbeit.