Dichtung
7. September 2010
Wer das Werk von Max Goldt gut kennt, hat auch die Nuuk-Platte gehört. Dieses Gedicht aus dem Märchenschloß erinnert an diese Liedtexte. Ich habe ihn in die Sammlung aufgenommen, weil er so eigenartig ist. Ein Mensch, der den Text spricht, mahnt die Jugend zur Aufrichtigkeit: Knie nicht!
Gesetzt aus der Delphin von Georg Trump, über die ich schon mehrfach ausführlicher geschrieben habe.
Typografische Zurückhaltung schien mir geboten, nur eine Borte schmückt die Seiten, gedruckt wurde in einem sehr dunklen Blau.
tags: delphin, max goldt, märchenschloß
Jeeves am 7. September 2010 # :
Nuuk? Ich kenne Max Goldts Werk seit 1980, aber “Nuuk”?
Aber ich schau’ gleich mal nach. Das Internet ist ja so einladend…
Jeeves am 7. September 2010 # :
“Nuuk oder Godthåb – grönländisch Nuuk (deutsch „Kap“), dänisch Godthåb [] (deutsch „Gute Hoffnung“) – ist Hauptstadt und zugleich größte Stadt des zu Dänemark gehörenden, aber unter Selbstverwaltung stehenden Grönlands.”
Hm.
MZS am 7. September 2010 # :
Goldt mag Duos. Katz und Goldt etwa. Das Duo Max Goldt und Stephan Winkler heißt Nuuk, und die Platte von Nuuk heißt Nachts in schwarzer Seilbahn nach Waldpotsdam. Zu dieser Platte gibt es ein Interview, dieses hier:
Kleines Interview zur Musik
Ihr habt also 1994 beschlossen, eine gemeinsame Platte zu machen. Wieso erscheint die erst jetzt?
StW: Das lag unter anderem daran, daß ich längere Zeit in New York war, weil ich ein Stipendium an der Princeton University hatte. Max hat mich da zwar mal besucht, aber, statt neue Songs zu entwickeln, saßen wir eh nur in der Kneipe…
MG: Nun stell uns doch nicht so als Trunkenbolde dar. Daß das so lange gedauert hat, liegt doch wohl in der Komplexität der Arrangements begründet. Du hast ja manchmal monatelang an einem Track herumprogrammiert.
StW: Was aber auch an dem nicht gerade handelsüblichen Versmaß deiner Texte liegt; die sind ja nicht so einfach in eine Form zu bringen. Die Platte war außerdem schon vor einem Jahr fertig, aber dann gab’s einige Schwierigkeiten.
Es sind ja alle möglichen Einflüsse aus Musikrichtungen der letzten Jahre zu hören, sogar dezentes Drum’n‘Bass-Geklapper, aber tanzen kann man dazu eigentlich nicht.
StW: Nein, nicht besonders. Und zum Geklapper: Max hat mich sogar gezwungen, das einzige Stück, wo so was vorkommt, zu “ent-drum’n‘bassen”, warum eigentlich?
MG: Naja, Klapperalben gibt’s ja nun wirklich genug. Unser Anliegen war es ja eher, Songs in ein Gewand aus Sounds zu fassen, denen man anhört, daß wir die letzten Jahre nicht im Kloster verbracht haben.
Das erste Stück “Mein Feuer macht noch Fehler”, klingt aber doch geradezu ein bißchen religiös, und der Beat kommt ja auch nicht direkt aus einer Groove-Hexenküche.
MG: Es muß ja auch nicht in jedem Stück klappern und rumsen. Die Platte hat zwar einen homogenen Produktionssound, aber jedes Stück transportiert ganz unterschiedliche Stimmung.
StW: Ich hätte nicht gedacht, daß du zu so abgedroschenen Interviewformulierungen fähig bist.
MG: Dafür, daß ich normalerweise nie Interviews gebe, bin ich gar nicht schlecht, was?
StW: Natürlich ist die Musik so unterschiedlich, weil die Texte so verschieden sind. Z.B. in “Wenn man keinen kennt” geht es, um auch mal was Plattes zu sagen, um Freud und Leid der Einsamkeit. Dagegen handelt “Spaß an der Schönheit des Glücks” von dem fast trotzigen Bemühen, Lichtblicke auch in den verzweifelten Situationen des Lebens zu erkennen.
MG: Jaja, Spaß, Schönheit, Glück – die Leute wollen alles auf einmal.
Inwieweit sind denn die Texte eigentlich autobiographisch? Warst du in einer depressiven Stimmung beim Schreiben der Texte?
MG: Nein, wenn ich deprimiert hin, schreibe ich überhaupt keine Texte. Beim Schreiben von melancholischen Texten bin ich in der gleichen Stimmung wie beim Schreiben von humoristischen – nämlich in einer Arbeitslaune. Die ereilt mich leider nicht allzu oft.
StW: So völlig humorlos ist die Platte ja nun wohl auch wieder nicht. Da ist ja sogar musikalischer Humor drin. Denk doch mal an die Polterstelle in “Smaragdring” – die find ich durchaus komisch.
MG: Das Problem hatte ich früher schon immer bei Foyer des Art. Da wechselten sich, wie es halt auch im Leben ist, heitere und düstere Stimmungen unvermittelt ab. Das wurde nur von wenigen verstanden. Die Leute haben sich auf die lustigen Lieder kapriziert und die ernsteren quasi als mißraten eingestuft. Das ist wie bei den ernsten Filmen von Woody Allen. Da ist der allgemeine Kritiker-Tenor auch: Thema verfehlt. Dabei gehören die zu seinen besten Filmen! Bei WOM oder so sind Max Goldt Platten mal unter Deutschrock, mal unter Wave, mal unter Indie, mal unter Literatur zu finden. Wo, bitteschön, soll denn NUUK stehen?
StW: Für mich als Kunden wäre es eh am praktischsten, wenn alle Platten einfach nach dem Alphabet geordnet wären. Und was unsere betrifft – wo die steht, müssen wir wohl der Tagesform des Einordners überlassen. Ich mache ja nun mal keine Musik für eine bestimmte Zielgruppe. Ich mache halt die Musik, die ich selber gerne hören würde, die aber sonst keiner macht – also muß ich wohl selber ran.
MG: So ähnlich geht’s mir auch beim Schreiben. Ich genieße dabei den, wie ich höre, seltenen Luxus, daß ich mir keinen Rezipienten vorstelle. Mein Ziel ist allein ein Resultat, das mich selbst zufrieden stellt. Wenn es anderen Leuten auch gefällt, ist das natürlich um so schöner.
Habt Ihr nicht die Befürchtung, daß ihr als elitäre Soundbastler ohne gesellschaftliche Bodenhaftung abgestempelt werdet?
MG: Wir haften schon ziemlich gut am Boden. Aber manchmal fliegt man doch gerne etwas herum, um einen besseren Überblick zu kriegen. Das gerade in der Popmusik so oft ins Feld geführte Phänomen der Credibility hat mich nie interessiert. Die interessanten Sachen, die Deutschland musikalisch hervorbrachte, kamen nicht von der Straße, sondern aus teuren Tonstudios.
Apropos teuer: eure Musik klingt stellenweise schon sehr aufwendig. Irre viel Samples und dann auch noch dick Streicher. Wie war da die Herangehensweise?
StW: Erstmal gibt mir Max einen Text. Dann sammle ich Samples und Sounds. Ich arbeite ja eigentlich fast nur mit Eigensamples, deshalb dauert das auch so lange. So besteht etwa der Klaviersound auf “Mach mir dein Bett in meinem Mund” aus acht verschiedenen Klavieren, die ich bei verschiedenen Leuten aufgenommen habe. Da es mich auch nicht so sehr interessiert, daß man in jedem Falle die Klangquelle entschlüsseln kann, fand ich es auch völlig okay, z. B. die live eingespielten Streicher auf diesem Stück mit Filtern und Delays zu verfremden. Man kann ja nur noch am Bogenansatz erkennen, daß da keine synthetischen Streicher am Werk sind.
MG: Wenn man bedenkt, daß wir für die Streicher extra Stühle aus einer Kneipe in der Nähe des Studios ausleihen mußten, ist es eigentlich ganz schön blöd, daß man deren Echtheit nur am Bogenansatz erkennt … Okay, das war nicht ernst gemeint. Ich liebe diesen Sound verfremdeter Authentizität.
Letzte Frage: Was, in aller Welt, ist NUUK?
MG: Das ist die Hauptstadt von Grönland. Bezug zu Grönland haben wir null. Aber der Name NUUK klingt einerseits nach eisiger, bläulich schimmernder Elektronik, andererseits nach geheimnisvoller Wärme.