Mit Erler-Versalien gratulieren
Weil die erste Geburtstagskarte ausverkauft ist, habe ich eine neue gedruckt. Und weil ich lieber etwas neues mache als für eine Nachauflage die Druckform nachbauen, ist es nun eine Klappkarte im Hochformat, geschlossen DIN A6 (105 × 148 mm), zweifarbig gedruckt in dunkelrot und dunkelgrün.
Die Karte wurde mit einem ultramarinblauen Farbschnitt veredelt.
Die Erler-Versalien sind von der Schriftgießerei Typoart in Dresden im Jahr 1953 gegossen worden nach Entwürfen von Herbert Thannhaeuser, der auch die auf dieser Karte gedruckten Meister-Ornamente gezeichnet hat.
Für den Schmuck habe ich Stunde um Stunde gebraucht. Ich habe nicht viel Erfahrung mit dem Einsatz von Schmuck, und wie ein Anfänger tat ich anfangs von allem zu viel dazu. Der Rahmen war ungekonnt überladen durch zu viele verschiedene Ornamente und hatte oben und unten noch Aufbauten. Erst habe ich nach jedem Abzug noch Dinge hinzugefügt, statt wegzunehmen, bis mir der Gedanke kam, daß Schmuck ja wie Schrift behandelt werden kann: Wenige Schriften, wenige Größen, wenige Schnitte, wenig von allem. Das war ein interessanter Unterricht, denn anfänglich war die Reduzierung ergebnislos. Erst als ich entschlossen alle Blümchen bis auf eines entfernte und alle floralen Teile bis auf die Eckstücken und alle abweichenden Ornamente bis auf zwei Mittelstücke in den seitlichen Rahmenlinien, war der Rahmen gut. Auch unten wurde die Zahl der verschiedenen Ornamente reduziert, jetzt sind es nur noch drei. Nun weiß ich also auch ein bißchen mehr über das Ornament. Reichhaltigkeit richtig zu erzeugen, muß ich bei Gelegenheit noch lernen. In meiner Ausbildung war Schmuck übrigens gar kein Thema, abgesehen von einer Linie hier und da. Immerhin. Eine Berufsausbildung zum Schriftsetzer in nur 18 Monaten reicht an keinem Ende. Klassizistischer Schmuck ist ja eine ganz andere Welt als der renaissanceartige Schmuck auf dieser Karte. Und die Elementare Typografie der Moderne hatte wieder ganz andere ornamentale Bilder.
Lieferung und Preis: Im Online-Shop der Druckerey LetterpressBerlin erhältlich.
tags: erler-versalien, farbschnitt, meister-ornamente, typoart
Helmut Bohlmann am 11. Mai 2010 # :
Es ist sehr schade, daß wir Schriftsetzer West zu unserer Lehr-und Schaffenszeit so wenig über das Schriftwesen in der ehemaligen DDR mitbekommen haben. Umso erfreulicher ist es jetzt, die Schriften und Typoelemente genießen zu können.
Aber ich mag gar nicht daran denken, was alles nach der Wende gekippt wurde. Für ewig verschwunden.