Weihnachtsgeschenk für einen Techniker
Weil ich im Dezember so wenig Zeit hatte für das Blog, trage ich eben jetzt ein wenig nach. Am Heidelberger Tiegel, der im Dezember in meiner Werkstatt aufgestellt worden war, hing ein Papierhalter auf halb sieben. Mein Kollege Drucker hatte die hilfreiche Idee, ein Stück Papier hinter die uns zu kurz dünkende Schraube zu klemmen. Notbehelfs hielt das Ding.
Aber Papier gibt nach einiger Belastung doch nach, und so mußte haltbar “repariert” werden. Ich dachte, die Schraube ist zu kurz, aber offenbar war beim Transport ein Teil abhanden gekommen.
Wie sehr freut man sich dann über ein solches Weihnachtsgeschenk, das mir der freundliche Ersatzteillieferant zügig zusandte.
Dieses kleine Eisenstück fehlte.
Und das ist der Platz, an den es gehört.
Aber der Papierhalter hing immer noch. Wohl ausgeleiert. Eine Maschine von 57 Jahren kann schon mal eine kleine Schwäche zeigen.
Das Handbuch zeigt eindeutig, wie waagerecht der Papierhalter zu stehen hat. Also höchst waagerecht. Absolut waagerecht sogar.
Ich habe ja schon einmal eine Druckmaschine wieder hergerichtet, wenn auch eine weniger komplizierte. Probleme an alten Maschinen löst man als Erfinder.
Dieses bleierne Cicero-Quadrat paßt haargenau in die Stelleinrichtung.
Und der Papierhalter steht. Früher haben mich solche Probleme geärgert, geängstigt, nervös gemacht. Aber wenn man sich mit der alten Technik anfreundet, fängt man an, diese Probleme zu mögen. Wenn der Computer nicht funktioniert, kann man selbst fast nichts tun. Man fährt den Rechner runter und rauf, aber wenn er nicht will, holt man den Techniker. Eine mechanische Maschine kann man durch Anschauung verstehen. Sie gibt einem manchmal Rätsel auf, aber keine unlösbaren. Das macht dann sogar Spaß.
tags: heidelberger tiegel
Jeeves am 11. Januar 2010 # :
“Aber wenn man sich mit der alten Technik anfreundet, fängt man an, diese Probleme zu mögen. … Eine mechanische Maschine kann man durch Anschauung verstehen. Sie gibt einem manchmal Rätsel auf, aber keine unlösbaren. Das macht dann sogar Spaß.”
So erklär ich manchen Freunden immer den Vorteil von Plattenspielern (Vinyl) gegenüber CD-Spielern.
Auch für Autos gilt das; was konnte man früher nicht alles selbst reparieren, verbessern…
MZS am 12. Januar 2010 # :
Früher fand ich diese Basteleien öde, an Autos oder gar Mopeds. Gespräche über Keilriemen! Ich hab lieber Bücher gelesen. Zwanzig Jahre später lese ich auch gern Maschinen, vielleicht, weil es heute so einen exotischen Reiz hat und Luxus ist. Also auch das Basteln an einer Maschine ist ja schon Luxus.
In moderne Druckereien kommt ein Monteur, wechselt ein Bauteil aus und geht wieder, eine bedeutende Rechnung hinterlassend. Bißchen fad manchmal, der Fortschritt. Also wenn man nicht teilnehmen kann, ohne Ingenieur zu werden.
Georg Kraus am 13. Januar 2010 # :
Das erinnert mich stark an meine Erstversuche, eine Ludlow-Zeilengußmaschine in Gang zu bringen. Was habe ich mir dabei einen abgewürgt. Und habe in frühen Jahren, wie Sie, lieber Bücher gelesen, als mich als “Schrauber” zu betätigen. Und jetzt…
Es ist doch ein tolles Gefühl, wenn man die Mechanik solcher alten Maschinen plötzlich begreift und genau versteht, warum welches kleine Teil genau an diese Stelle muß.
Die Quadraten-Lösung ist natürlich für unsereins klassisch zu nennen. Chapeau.