Looking for Haberdashery
Vor ein paar Tagen hatte ich die Druckbogen in die Buchbinderei Ines Neumann geschafft. Nun fehlte noch der Faden für die Heftung. Ich wollte einen braunen Faden haben, weil dieser Faden eine typografische Funktion erfüllen soll. Die Bindung ist Teil des Entwurfs der Doppelseite, auf der es sogar angenähte Knöpfe geben wird. Wenn das Büchlein gebunden und geknöpft ist, werde ich das zeigen.
Es ist gar nicht so einfach, heutzutage ein Fachgeschäft für Kurzwaren zu finden. Aus meinem Englisch-Unterricht (nicht der schulische, ein späterer) ist mir noch die haberdashery als exotischer Begriff in Erinnerung, aber einen solchen Laden habe ich nicht in Fußwegnähe. Früher gab es die überall. Dank Internet fand ich ein Geschäft in Fahrradwegnähe (Berliner Allee 13a in Pankow, am S-Bahnhof Pankow).
Bevor ich bedient wurde, klärte die kompetente Dame hinterm Tresen des mit Knöpfen und Knäulen vollgestopften Lädchens eine Kundin darüber auf, daß sie einen Schaden im hitzeempfindlichen Futter ihrer Jacke nicht überbügeln könne, aber überkleben. So habe ich nebenbei was gelernt für den Fall, das mir auch mal ein Jackenfutter reißt. Und ich folgerte: Dieser Verkäuferin sage ich gleich den Zweck, für den ich ein Zwirn brauche, die Frau versteht es bestimmt sofort. So kam es auch.
Stabil und reißfest muß ein Faden zur Fadenknotenheftung sein. Man unterscheidet Fadenheftung und Fadenknotenheftung. Die Fadenheftung wird eingesetzt, wenn mehrere Lagen geheftet und anschließend verklebt werden. Die Fadenknotenheftung bindet nur eine Lage und bekommt deshalb einen haltbaren Knoten.
Mit sicherem Griff förderte the haberdasher drei braune Garne, extra reißfest zum Knöpfeannähen, aus einem Regal. The bookbinder (im hiesigen Buchgewerbe Bubi geheißen) hatte mir aufgetragen, ihm 200 Meter davon zu beschaffen, und glücklicherweise hatte die Kurzwarenhändlerin sieben Rollen à 30 Meter parat. Ach, ist das schön!, wenn man auf der Suche nach einem bestimmten Artikel in ein Fachgeschäft geht und ihn sofort bekommt.
Dann radelte ich in die Buchbinderei nach Berlin-Buchholz und fand zu meiner Überraschung bereits alle Druckbogen gefalzt und zusammengetragen und ineinandergesteckt vor. Heute soll es mit dem Heften losgehen. Drei Löcher werden von innen vorgestochen, dann kann alles geheftet und verknotet werden. Ich werde mal hinfahren und gucken.
In der nächsten Woche werde ich die fertige Arbeit abholen, dann muß ich die Büchlein an drei Seiten beschneiden, den grün schimmernden Umschlag auf Maß schneiden, 1800 mal mit einem Fußpedal auf der uralten eisernen Nutmaschine rillen und 600 mal umlegen.
Der 15. September ist offizieller Erscheinungstermin, aber wenn mir die täglichen Druckaufträge ein bißchen mehr Zeit lassen als vorgesehen, können wir die ersten Bücher schon eher ausliefern.
Freunde gedruckter Worte, die heute an den Lektüre-Luxus von morgen denken, werden den Atlas van de nieuwe Nederlandse vleermuizen von Max Goldt einfach schon heute bestellen.
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