Z wie Zuversicht, Neujahrskarte 2010 · 21. September 2009
Es herbstet, und der Drucker bereitet sich auf den Bedarf an stilvollen Glückwunschübermittlungen vor. Neulich berichtete ich vom Erwerb von Zierversalien aus dem Bleisatz-Magazin von Georg Kraus, die er von der 1949 in Frankfurt gegründeten Eremiten-Presse übernommen hatte.
Die Idee zu dieser Karte habe ich geklaut, und zwar aus einem Buch von Hans-Joachim Schauß. (Unten mehr dazu.) Freilich ist die Ausführung dann doch ganz anders, wieder einmal mit dem Farbschnitt, hellgrün zum kräftigen Rot des Kartons.
Hier ist das Initial in der Druckform zu sehen.
Der Anblick einer solchen Skulptur gehört zu den Freuden und Erhebungen des Drucker-Lebens.
Dazu habe ich als glatte Type die Futura gesetzt, die beiden Z aus dreiviertelfetter, den Rest aus magerer.
Preise Die Karte ist zu haben für 2,20 pro Stück. Ab 10 Stück: 1,80 per Stück. Auf Wunsch mit gefüttertem Kuvert, dann 2,40 Euro per Set. Oder ab 10 Stück: 20,00 Euro. Alle Preise inklusive 19% Mehrwertsteuer zuzüglich Versand.
Geklaut? Es ist in der Gebrauchsgrafik gar nicht unüblich, daß man gute Ideen weiterträgt. In der Buchausstattung ist fast alles schon einmal dagewesen. Ob es sich um den Satzspiegel oder das Initial handelt, man erfindet nichts, wenn man Bücher macht. Aber auch in Akzidenzen, Kleindrucksachen, gibt es Beispiele für berühmte Diebereien wie das Exlibris von Valter Falk, das Jan Tschichold mit neuer Schrift nachgesetzt hat. Ich hab es dann dem Tschichold geklaut, wieder in einer anderen Schrift. Ach, hatte ich ja erst im Juni hier erzählt.
Die Abbildung der Karte von Gerd Haubner (über die Suche in der Allianz Deutscher Designer zu finden) entnahm ich dem bei Faber & Faber erschienenen (und leider überall vergriffenen) Buch “Pünktliche Pointen” von Hans-Joachim Schauß, einem prägenden Gebrauchsgrafiker der DDR, der über 800 Büchern ein Gesicht gegeben hat, vorrangig für den Verlag der Nation in Berlin, dessen Künstlerischer Leiter er viele Jahre lang war.
Der Dichter Jürgen Rennert schrieb über den Grafiker Hans-Joachim Schauß diese rhythmischen Zeilen:
Die feinnervigen Magier wie Schauß
Stehen im Dunkel
Stets überschlagnen Impressums und hüten,
Behutsam Schatten verteilend das Licht …
Vor sieben Jahren habe ich ein ebenfalls längst vergriffenes Buch von Schauß besprochen (PDF).
Die Designer-Schelte in diesem Text würde ich heute nicht mehr aufrechterhalten, ich kenne inzwischen auch eine ganze Reihe junger Gebrauchsgrafiker, die bewundernswerte Arbeiten machen. Und ich würde auch nicht mehr behaupten, daß serifenlose Schrift besser lesbar sei als eine Schrift mit Serifen. Man lernt glücklicherweise nie aus.
— Martin Z. Schröder