Spielwiese · 13. Juli 2009
Für einen Stammtisch, zu dem drei Herren aus dem Berliner Literaturleben (oder sollte man -wesen sagen?) alle sechs bis acht Wochen in ein Lokal am Prenzlauer Berg einladen (das sich, seit ich als 16jähriger Lehrling gelegentlich darin saß, kaum verändert hat), drucke ich die Einladungen. Die gedruckten und durch Namen handschriftlich ergänzten Einladungen erhöhten die Attraktivität ungemein, sagen die Gastgeber. Die Einladung sieht jedesmal anders aus, zum 5. Jubiläum kam nun eine von den Zierziffern der Schrift Saphir zum Einsatz.
Und die Rückseite gehört mir und meinen Launen. Ich drucke einen Hinweis auf meine Werkstatt und tobe mich mal mehr, mal weniger aus. Diesmal hatte ich keine rechte Idee, aber Lust zum Spielen. Also fügte ich anfangs planlos ein Element zum andern, im Laufe der Druckgänge entsteht dann doch ein Bild. Es entspricht nicht recht meinen Vorstellungen von Typografie. Typografie muß man planen, auch das spielerische Bild. Dieses hier ist dem Zufall zu verdanken: erst sah ich die Katze, die ich “immer schon mal” drucken wollte, dann den Hund, der mir als Gegensatz geeignet erschien, dann fiel mir der Zusammenhang zum Zitat ein, und ich zog den Fisch hinzu (ein stark abgenutzter Holzstich): Hund, Karte, Fisch bilden eine gewisse “Entwurfsvielfalt” ab, wenn diese Geschöpfe wahrscheinlich auch nicht mit der GoldEdition erschaffen wurden. Ich würde diesem Bild den Reiz des Spielerischen zugestehen. Richtig wäre gewesen, erst auf die Idee zu kommen und dann den Entwurf zu planen. Aber das ziellose Spiel entspricht immerhin dem Stammtisch: Man trifft sich dort nicht mit dem Ziel, Geschäfte zu machen, sondern einen netten, eigentlich ziellosen Abend in interessanter Gesellschaft zu verbringen.
Dieses Katzengesicht steht schon seit langer Zeit in meinem Bild-Fundus. Dieser Abdruck ist ein wenig fleckig.
Es ist ein Kunststoff-Klischee, das man Nylo-Print nennt.
In der Vergrößerung sieht man die Rasterpunkte, aus denen sich die Halbtöne des Bildes ergeben. Wenn sich zwischen den Punkten zuviel Farbe festsetzt, muß man das Drucken unterbrechen und die Platten mit Waschbenzin ausbürsten. Im Buchdruckgewerbe wurden Lehrlinge in den ersten Tagen früher gern in andere Abteilungen geschickt: “Hol mal ne Tüte Rasterpunkte!”
— Martin Z. Schröder
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