Der Schmutztitel aus der Bleischrift Kavalier · 12. Oktober 2012
Die Kavalier ist eine reine Versalschrift, hier wurde sie aus ihrem kleinsten Grad, Nonpareille (6 Punkt), gesetzt. Schriftgießerei: Hermann Berthold AG, Berlin, Erstguß: 1910, Entwurf: Hermann Zehnpfundt. Der Schmutztitel gehört eigentlich in fest gebundene Bücher, er ist am Vorsatzpapier festgeklebt und verbindet so den Buchblock mit dem Deckel und ist daher nicht ganz so breit wie eine normale Buchseite.
So bricht man typografische Regeln richtig falsch. Natürlich darf man kein Wort ohne Not einfach so abtrennen, und dann noch so! Einfach eine Silbe auf die nächste Zeile bringen. Kannste donnich machen! Aber der Zeilenfall ist hübscher. Und um zu beweisen, daß der Typograf einen Schriftsteller so richtig kujonieren kann, geht Hübschheit ausnahmsweise vor Lesbarkeit. Die drei Zeilen wird man ja wohl auch so lesen können! Außerdem gibt es einen Text von Max Goldt mit dem Titel “Der schlimme Schal oder: Der Unterschied zwischen Wäwäwäwäwä und Wäwäwäwäwäwäwä”. Dieser Schmutztitel, dessen Mittelzeile auf wä endet, ist eine literaturhistorische Reminiszenz, ein Hallo für Goldt-Kenner. Gutes Herausreden, oder? Aber der Zeilenfall ist wirklich sehr gut so, und ich find’s lustig. Mal sehen, was Herr Goldt zu dieser Vergewaltigung sagt.
— Martin Z. Schröder
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