Der Drucker im Film · 22. August 2017


Working progress 1st Episode from Plastico on Vimeo.

— Martin Z. Schröder

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Ein aufmerksamer Besucher · 5. Dezember 2016

Der vierjährige Patenbub war zu Besuch. Ich hatte aber keine Zeit zum Spielen, ich mußte drucken. Dann bleibe er ein wenig und schaue zu, sagte der Knabe. Und er stellte sich auf zwei wacklige Farbdosen und reckte seine Nase über die Schließplatte.

»Druckst du grün?« – »Nein, heute drucke ich rot.« – »Wann druckst du wieder grün?« – »Weiß ich nicht, ich hab gerade nichts grünes zu drucken, morgen drucke ich blau.« – »Druck doch mal wieder grün.« – »Es gibt sehr viele Farben. Schau mal, das ist ein Farbfächer, aus dem man die Farben aussucht, die gedruckt werden sollen.« Das Kind sieht sich den HKS-Fächer an und sieht Goldreste auf dem Tisch. »Und Gold?« – »Gold-Pigmente habe ich hier.« Ich nehme den Topf mit dem Goldklumpen aus dem Regal. »Das ist ein Klumpen Pigmente. Wenn man Gold drucken will, nimmt man etwas davon und ein wenig Firnis und rührt die Farbe an.« – »Dann wird es flüssig.« Dem stimme ich zu und hänge die während des Gesprächs zusammengefügte Druckform in die Maschine.

Nun stelle ich fest, daß ich keinen sauberen Spachtel mehr habe. Ich türme die bunten Spachtel vor mir auf und greife nach dem Benzin. »Vorsicht, jetzt stinkt’s.« Das Kind schnuppert am Benzin. »Es wäre mir lieb, wenn du deine Nase von diesem Platz etwas entfernst, denn gesund ist das Zeug nicht.« – »Dann sehe ich aber nichts.« – »Warte!« Ich hole eine Leiter und stelle sie mitten in den Maschinenraum. Der Bub nimmt oben Platz und strahlt herab. Jeden Handgriff soll ich jetzt erklären. Ich verwende keine spezielle Sprache für das Kind, ich halte davon nichts. Das interessiert fragende Kind wird aufgeklärt über Form- und Walzenwaschmittel, Feuergefahr und Gift (»Ach deshalb hast du einen Feurlöscher!«). Ich gebe rote Farbe ins Farbwerk des Heidelbergers. »Warum verteilt sich die Farbe?« Ich lasse die Maschine langsam laufen und erkläre: »Siehst du diesen großen glänzenden Zylinder? Der macht eine Seitwärtsbewegung, rechts, links, rechts, links, immer hin und her. Und die kleinen Gummiwalzen hier drehen sich gegenläufig auf dem Zylinder. Dabei wird die Farbe zerquetscht und breit verteilt.« Er nickt. Nach dem ersten Druck wird die Form auf die Mitte des Formats gestellt. Ich messe mit Typometer und Fadenzähler und rechne laut und zügig in Cicero und Punkt des Duodezimalsystems. Der Bub meint: »Bei dir lerne ich rechnen.« – »Du kannst wahrscheinlich schon rechnen.« – »Nein.« Wir stellen fest, daß er durchaus weiß, was eins und eins ergibt, und vertiefen müssen wir das jetzt nicht. »Ich kann alles bei dir lernen.« Das Kind beherrscht, wie man sieht, die Klaviatur des Kompliments. Dann wird die Auflage gedruckt.

Beim späteren Spiel mit Matchbox meint der Junge, daß ich sehr viel besitze. Sehr viel gute Dinge, um etwas damit zu machen. An Spielzeug ist das Kind nicht arm, aber in einer Werkstatt werden die Dinge verwandelt. Aus einem Stück Wellpappe wird eine Brücke. Aus einem Holzklotz eine Absperrung. Papierschnipsel bekommen ein Loch mit der Ahle und werden Bauteile für den Kran. Klebt man zwei Kartonstücken zusammen und falzt die Ränder nach oben, bekommt man einen langen Anhänger für den Kran. Es könnte sein, daß hier alles nur ein Rohmaterial ist. Das ist eine wichtige Lehre: die Dinge anschauen und ihnen ansehen, was man aus ihnen machen kann.

Gesellschaftliche Fragen: Was vergeben wir uns, wenn wir die Arbeit und die vermeintlich Unbeteiligten so voneinander abgrenzen, wie wir es tun. Jede Werkstatt, ob darin nun Krawatten gereinigt werden oder Schuhe besohlt und geputzt oder Schlüssel geschliffen oder Brot gebacken oder Suppe gekocht oder eine Socke gestopft oder ein Bild gemalt oder ein Schemel repariert, ist eine Offizin, ein Ort, an dem etwas gemacht wird. Selbst ein Supermarkt als Ort des Handels ist an sich eine interessante Stätte. Früher waren die Wohnstuben und Küchen Werkstätten, auch die Höfe und Keller. Mit Fertignahrung und Wegwerfkleidung hat das Heim einen bedeutenden Teil seiner Funktion als Offizin verloren. Dafür gibt es Bildschirme, auf denen kann man sich lustige Filme anschauen, in denen Werkstätten oder Fabriken vorkommen.

Es ist durchaus romantisch, wenn ein Kind auf einer Leiter sitzt und das Werkstatt-Treiben anschaut und kommentiert und erfragt. Man denkt sich als Erwachsener vielleicht: der Druckerei-Onkel mit seinen Krawatten und Fliegen, die blaue Schürze, die Lesebrille – ein Meister Eder! Während ich in der Tat glücklich über jede dieser Minuten durch meine Bilderbuchwerkstatt stapfe, denke ich mir: Familien können das zu Hause haben, beim Kochen sogar jeden Tag. Man muß nur selbst etwas tun wollen, möglichst auch Freude daran haben, erst dann wird es für Kinder interessant. Kinder kommen und gehen, tun ein wenig mit und lassen es wieder liegen und können beim übernächsten Mal etwas, das uns verblüfft. Sie sind sich nach meiner Erfahrung darin alle ähnlich. – Ich kenne zwei Neunjährige, die können einen Kuchen backen. Ohne Backmischung oder Fertigteig. Ihre Mutter ist eine grandiose Köchin. – Es liegt wohl von Anfang an in uns, daß wir mittun wollen, daß wir verstehen wollen, wie sich Dinge bilden und wie man Dinge erschafft. Und es liegt leider auch an uns, wenn wir das dem Nachwuchs vorenthalten mit der unsäglich irrigen Begründung, daß wir ihn so besser darauf vorbereiten können, erwachsen zu sein, also wohl nichts mehr selbst machen zu können. Mit langen Aufenthalten in Kinder-Einrichtungen. Mit fertigem Spielzeug in Kinderzimmern. In einer pädagogischen Situation lassen sich solche Momente aber nicht erschaffen: ein Kind auf einer Leiter in einem Maschinenraum, in dem jemand seinem Beruf nachgeht und sich zusehen läßt und das Kind Rechnen lernen will.

— Martin Z. Schröder

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Die Bodoniberührung · 31. Oktober 2011

Dieser Korrekturabzug der Goetheschen Todesanzeige fiel mir am Wochenende auf. Am Wochenende fand im Hause von Gemäldegalerie, Kupferstich und Kunstgewerbe-Museum die Liber Berlin statt, die Antiquariatsmesse der Hauptstadt. Auch wenn man kein bedeutendes Vermögen für Bücher auszugeben beabsichtigt, ist ein Messebesuch ein großer Gewinn. Eine solche Antiquariatsmesse ist nämlich wie ein Museum für die Buchkunst der letzten Jahrhunderte.

Als mein Kollege und ich dieses silberne Gebetbuch belustigt und gerührt betrachteten, trat Herr Wolfgang J. Kaiser hinzu, der Londoner Antiquar (Tusculum Rare Books Ltd). Wir sagten ihm, daß wir diese schöne Arbeit soeben mit einem brillantenbesetzten I-Phone verglichen und festgestellt hätten, daß die Statussymbole in Vorzeiten kunstvoller gearbeitet waren und daß schon damals die Leute an der vielleicht größeren Leistung, nämlich den deutlich leiseren Büchern in Pergament und Leder, vorbeigegangen wären. Wir hatten einen Bodoni hinter Glas entdeckt.

Eine solche Messe ist auch so wunderbar wegen der Kenner, die dort herumlaufen. Man sieht sehr viele weißgeschopfte Herren mit Brillen und Schnauzbärten, in Kordjacken über Westen, gebeugte Figuren, gelegentlich in Begleitung von eleganten Damen mit einfarbigen oder dezent gemusterten Seidentüchern, die nicht wesentlich jünger sind, sich einem Antiquar nähern, der ihnen nicht unähnlich ist, sich freudig begrüßen und sogleich in ein Fachgespräch eintreten, daß einer wie ich zugleich innerlich jauchzt und sich schämt, weil einem in charmantem Ton als unbeteiligtem Zuhörer die eigenen Bildungsbrachen verdeutlicht werden. Es sind alte Damen und Herren, die nicht zum Abschied “Tschüssi” sagen, sondern: “Ich empfehle mich”, es geht hier zu wie an einem Hofe, am Hofe eines sehr feinen, der Bildung zugewandten Königs, also gedämpft, heiter, wohlgemut und angenehm.

Man wird auch automatisch für einen Kenner gehalten. Herr Kaiser hielt uns wegen unserer kleinen Bemerkung für Bibliophile, was ja nicht ganz falsch ist, und gab gleich einen winzigen Vortrag, in dem aber immerhin Griechen, Lateiner, Kriege und Völkerwanderungen vorkamen und sagte dann: “Ich habe da noch ein paar echte Bodonis, sind gar nicht so teuer, wollen Sie mal sehen?” Wir hatten keine Baumwollhandschuhe dabei, um Kunst anzufassen — der Antiquar griff in seine Aktentasche und legte uns vier echte Bodoni auf den Tisch und gab gleich einen kleinen historischen Abriß, den ich schon wieder vergessen habe, und ließ uns uns setzen und die Bücher aufschlagen.

Herr Kaiser hielt uns für Kenner, und immerhin waren wir zwei Schweizerdegen ja auch nicht völlig blind für die Dinge, aber doch so viel, daß wir, nicht zum ersten Mal, einsahen, wie beschlagen Antiquare sind. Und ich meine damit nicht nur wenige, sondern die meisten, denn Antiquare haben meistens ein Fachgebiet, auf dem sie, weil es ihre Handelsware anlangt, so gescheit sind wie Historiker.

Wir durften also in den Büchern blättern, und mein Kollege hatte zum ersten Mal einen Bodoni in der Hand. Ich vielleicht auch, aber ich hatte schon so viel in der Hand und ist mein Gedächtnis so schlecht, daß ich es nicht sicher sagen kann. Daß ich noch keine Manutius in der Hand hatte, und auch keine Gutenberg-Bibel, das weiß ich, die habe ich nur hinter Glas gesehen. Und im Halbdunkel.

Bücher des 18. Jahrhunderts habe ich schon öfter aufgeschlagen. Einen Bodoni, also ein Buch aus der Werkstatt des Druckers der Könige und Königs der Drucker, bekommt man von Herrn Kaiser schon ab 300 Euro. Es ist nicht die Art Buch, die man in klimatisierten Panzerschränken lagert. Aber man erstarrt als Buchdrucker trotzdem ein wenig, und wird dann technisch neugierig.

Nun saßen wir da. Und also ich fühlte mich sogleich unter Zeitdruck gesetzt, denn einerseits mußte ich am frühen Nachmittag wieder in der Werkstatt sein, andererseits wollte ich noch mehr von der Messe sehen und dritterseits ist eine solche Viertelstunde der Betrachtung allein schon die ganze Messe wert. 1772, Parma, Bodoni, ich habe nicht alle Tage umstandslos einen 239 Jahre alten Gegenstand in der Hand.

Wir schauten wie die Schriftsetzer, also bewunderten die Großzügigkeit der Seiten, die schön gestellten und mit Zierrahmen eingefaßten Satzspiegel, die geschmückten Pagina, den gleichmäßigen Druck. Und ich durfte die zum Kauf angebotenen Gegenstände auch fotografieren, wie man an der Bildleiste rechts sieht.

Von dieser Erlaubnis machte ich Gebrauch, aber kaufen? Es ist wahrscheinlich nicht viel Geld für ein solches Werk, aber ich zögerte vor allem, weil ich diese Bücher nicht lesen und nicht angemessen lagern kann. Das Lesen wäre nicht das Problem. Man gäbe das Werk einem Sprachkundigen und bekäme eine Vorstellung von seinem Inhalt, aber wo lassen? Eines der Bücher war auf unbeschnittenes Bütten gedruckt und die Seite, die wir Kopfschnitt nennen, also der Kopf des Buchblockes, war schwarz vor 239 Jahre altem Dreck.

Man würde sich also für 200 Euro einen verglasten Holzrahmen bauen lassen, für den ich aber kein Podest und keinen Tisch habe in meiner kleinen Hütte. Also kein Kauf. Wir gingen weiter nach einer Zeit des Bewunderns bei Herrn Antiquar Kaiser, schauten hier, bewunderten dort. Ich fand eine kleine Mappe mit Holzstichen von Hans-Joachim Behrendt, dem Holz- und Metallstecher, dem ich das Signet der Druckerey verdanke, den Bären, der auch im Kopf dieses Blogs prangt.

Bei dieser Gelegenheit muß ich erwähnen, daß einem mit einer gepflegten Buchdruck-Visitenkarte auf einer Antiquariatsmesse gelegentlich das Gefühl vermittelt wird, eine Klubkarte auszugeben oder einen Gutschein: “Ist der Bär vom Stock gedruckt?” “Geben Sie mir bitte auch eine?”

Apropos Bär. Und wir kamen zum Stand von Dr. Wolfgang Benda. Seine The Bear Press ist offenbar eine Oase. Buchkunst der Neuzeit möchte ich gelegentlich am liebsten in einen Sack stecken und — nun ja. Mit Strippen zusammengeschnürtes Fusselpapier, auf dem Bleilettern abgequetscht wurden. Dreck. Aber was Herr Benda herstellt, das treibt einem Kenner das Wasser in die Augen vor Rührung.

So feines Handwerk sieht man nur noch selten. Buchdruck vom Bleisatz, ungequetscht, fein zugerichtet, schön gesetzt und gedruckt, mit Radierungen versehen und unter Ausnutzung des heutigen Papierangebotes, also auf feinen farbigen Papieren. Wir bewunderten diese Arbeiten und gingen dann noch rasch zu den Atlanten und Karten, den Grafiken und Drucken.

Und im Fluge waren die drei Stunden, die wir uns gegönnt hatten, vorüber. Wir waren angefüllt mit Eindrücken, wir konnten auch nicht mehr viel sehen. Die herrlichen hundert Jahre alten Kinderbücher mit den wilden Illustrationen, die man Kindern heute, da die Kinderbuchverlage pädagogisch und auf dem neuesten Stand politischer Korrektheit agieren, nur selten zumutet. Die typografischen Experimente. Die Urkunden, die Lederbände.

All das bot die Liber Berlin am Wochenende im Kulturforum, und ich hoffe, sie findet auch im nächsten Herbst wieder statt. Andere Bilder als die von Bodonis Büchern habe ich nicht gemacht. Dieses Herumgehen zwischen den Arbeiten unserer Vorgänger, den Druckern der vergangenen Zeit, und ein paar Gespräche mit den Damen und Herren aus so guten Antiquaren, hat mich nicht an Fotos denken lassen.

— Martin Z. Schröder

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Eine Klingelleiste ins Mittelalter · 4. November 2007

Wenn mein Drucker-Kollege mir einst zurief: „Martin, bring mir mal ’ne Achtel auf fünf“, dann war das Berufssprache. Als ich in den 1990er Jahren Sozialarbeiter im Gefängnis war, lernte ich, was ein „Vormelder“ ist: Ein Formular, auf dem der Gefangene seine Wünsche mitteilt, beispielsweise ein Gespräch mit dem Sozialdienst anmeldet. Als ich später für Tageszeitungen als Journalist arbeitete, sprach man davon, daß Artikel „heute mitgehen“, womit man meinte, daß sie morgen in der Zeitung („im Blatt“) stünden. Und ein „Zwiti“ ist eine kleinere Überschrift im Text, ein „Zwischentitel“. So etwas kennt nicht nur jeder, der einen Beruf ausübt, auch andere Gruppen entwickeln eigene Sprach-Elemente. Kinder unter sich beispielsweise sind manchmal für Erwachsene ohne ständigen Kinder-Kontakt kaum zu verstehen. Und auch zwischen manchem Herr und Hund entwickelt sich eine eigene Art der Verständigung. Wie Gruppen funktionieren und wie wir unsere sozialen Rollen in unterschiedlichen Umgebungen ausfüllen, weiß man seit dem Klassiker „Homo Sociologicus“ von Ralf Dahrendorf.

Interessant wird Berufssprache, wenn sich etwas mehr als die Gepflogenheit einer Vereinfachung dahinter verbirgt. „’ne Achtel auf fünf“ heißt in der Buchdruckerei, im Bleisatzgebiet: die Reglette (eine Bleischiene, die als Zeilenabstand benutzt wird) in der Stärke eines typografischen Punktes und der Länge von 11520 Punkten. (Korrektur am 17. Mai 2010 nach Kommentar Nr. 5: 240 Punkte, nicht 11520, wie bin ich darauf nur gekommen? Also 5 Konkordanz à 48 Punkt sind 240 Punkt.) Der typografische Punkt (p) ist die kleinste Maßeinheit der Typografie. Dabei ist bis heute Punkt nicht gleich Punkt. Aber zu dieser Geschichte ein andermal mehr.

Früher wurden Schriftgrade nicht in Punkt angegeben, sondern hatten eigene Namen. Im Duodezimalsystem, das auf der 12 beruht (im Gegensatz zum Dezimalsystem mit der 10 als Bezugszahl), hatten 12p den Namen Cicero: benannt nach einer 1466 gedruckten Ausgabe mit Briefen Ciceros in dieser Schriftgröße. Solche Hintergründe machen die Sprache interessant, wenn nämlich Kultur- und Zeitgeschichte sich darin spiegeln.

Andere Schriftnamen wie etwa „Nonpareille“ (6p) erklären sich selbst: Ohnegleichen. Sie war im Spätmittelalter die kleinste und noch gut lesbare gedruckte Schrift. Warum nun der Grad „Petit“ (die Kleine, 8p) so wichtig ist, daß er für die oben genannte „Achtel“ herangezogen wurde, das weiß ich nicht. Vielleicht liest dies jemand, der helfen kann? Wenn damals der Drucker von mir etwas in der Stärke einer Achtel haben wollte, meinte er nämlich die Stärke von einem Punkt, woraus sich ja ergibt, daß Petit (8p) die Bezugsgröße für den Begriff war. Warum nur? Außer daß Petit ein Drittel von zwei Cicero ist, fällt mir dazu nichts ein. Ein Schriftsetzer hat übrigens das Kopfrechnen für einige Zahlenreihen besser drauf als für andere: mit 6, 8 und 12 wird viel gerechnet.

Und mit der „fünf“ in der Formulierung waren fünf Konkordanz gemeint. Die nächstgrößere Maßeinheit. Also: 12p = 1 Cicero, 4 Cicero = 1 Konkordanz. Das sind knapp 2 Zentimeter. Der auch aus der Literaturwissenschaft bekannte Begriff leitet sich aus der Bibeltypografie ab, wo diese schmale Satzbreite für die Konkordanz genannten Verzeichnisspalten bestimmt wurde.

Wer sich also im alten typografischen Maßsystem des Bleisatzes bewegt, hat sozusagen die Klingelleiste des Mittelalters vor Augen und kann jederzeit ein Türchen zu einem Wissensgebiet öffnen. Wenn man sich seinen Beruf so zu eigen machen kann, entwickelt man große Zuneigung. Jedenfalls mir geht es so: Ich fühle mich in einem Kontinuum, ich führe eine Sache weiter, ich bin im Bleisatzgebiet zu Hause – und entdecke darin immer wieder neue Kämmerchen.

Heute spielen diese Begriffe für zeitgemäße Gebrauchsgrafiker und Typografen keine Rolle mehr. Das ist kein Verlust. Die Möglichkeiten des Computer-Satzes sind viel feiner, als daß es Sinn ergäbe, jeder Schriftgröße einen Namen zuzuordnen. Die alten Begriffe gehören ins alte Handwerk, sie wären heute eher hinderlich als hilfreich. Und es ist zugleich nichts als sehr hübsch, ein paar Nischen zu wissen, wo die Klingelleiste ins Mittelalter noch benutzt wird.

— Martin Z. Schröder

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