Archimedes + Prägedruck = Feine Karte · 25. November 2009
Vor zwölf Jahren habe ich für Freunde die linke dieser beiden Karten gedruckt. Zweifarbig auf Bütten und anläßlich einer Hochzeit von Freunden meiner Freunde. Diese Karte gelangte mir zufällig wieder in die Hände, und mir gefiel die Idee ausnehmend gut. Nur mit dem Entwurf war ich nicht mehr so glücklich, in zwölf Jahren verändert sich eben die Sichtweise, und mir ist die Klarheit der Proportionen damals nicht so wichtig gewesen wie heute.
Nun habe ich den Text etwas verändert und eben auch den Entwurf und eine Klappkarte gedruckt, die Schrift vom Bleisatz (es ist die kursive Walbaum) im gewöhnlichen Buchdruck, die Weltkugel im Prägedruck, denn der Druckstock ist aus Messing. Und Messing hält viel Druck aus.
Der Karton kommt aus Amerika und besteht aus reiner Baumwolle. Er ist in der Papiermaschine nicht kalandriert worden, wurde also nicht durch Stahlwalzen geschickt und nicht geglättet. Dadurch hat dieser Karton ein viel höheres Volumen, als es für ein Gewicht von 300g/m² üblich ist. Und in dieses Volumen sinkt der Druckstock sehr leicht tief ein, was den Prägeeffekt ermöglicht. Und er schlägt auf die Rückseite nicht allzu stark durch. (Neuerdings wird für das Hochdruckverfahren namens Buchdruck auch in Deutschland der englische Begriff Letterpress verwendet, gerade wenn keine Lettern zum Einsatz kommen, sondern von Platten/Klischees ein Prägedruck gefertigt wird.) Zugleich nimmt der Karton aber die Druckfarbe sehr gut an und ist auch recht gut beschreibbar.
Der Satz enthält eine kleine Raffinesse. Der Text wurde erst mittig gesetzt, dann wurde jedes Wort etwas nach rechts verschoben, und zwar um einen Punkt (0,376 mm) gegenüber der darüberstehenden Zeile. So bekommt der Text einen leichten Drall und verliert die einem Satz auf Mittelachse eigene Strenge. Hier auf dem Bild vom Bleisatz kann man das recht gut sehen an den rechts und links unterschiedlich breiten Blindmaterial-Stückelungen. Mir war wichtig, daß der Winkel, der von Text und Linie gebildet wird, nicht zu streng wirkt durch eine echte Senkrechte, also der Text nicht lotrecht steht. Aber kippen wollte ich den Text auch nicht, die Zeilen sollten parallel zum horizontalen Papierrand stehen, damit sie nicht schief aussehen. Die Lösung fand ich also in der Verschiebung der Mittelachse.
Auf diesem Foto sieht man deutlich das kräftige Relief, das durch den Prägedruck entsteht. Ich werde in den nächsten Wochen eine Serie von Karten im Prägedruck oder auch Letterpress herstellen. Dies ist die erste, und für weitere haben vier Künstler und Designer schon zugesagt, Motive zu liefern. Sie werden in den nächsten Monaten erscheinen.
Hier zeige ich den Messingstempel. Er scheint schon etwas abgenutzt zu sein — schaut man genau hin, findet man eine feine Äquator-Linie, die zu flach gestochen ist, um im Druckbild erscheinen zu können.
Die Klappkarte ist geschlossen 105 × 148 mm groß, also DIN A6, damit sie in die Kuvertgröße DIN C6 paßt. Lieferbar ist das gute Stück im Online-Shop der Druckerey: LetterpressBerlin
— Martin Z. Schröder
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