Silvestergruß · 31. Dezember 2007
Liebe Leserinnen und Leser! Heute nutze ich die Gunst der Stunde. Mein Name ist Ursula Spiess. Ich versende die Mustermappen, führe die Bücher, tippe Briefe. Außerdem sorge ich für (fast) alles, was nicht mit Buchstaben zu tun hat.
Prinzipal Schröder hat mir gleich nach Weihnachten die Schlüssel- und Blumentopfgewalt übergeben und ist in die Ferien zu Freunden abgedampft. Ländlicher Kinderlärm sei ihm lieber als städtisches Silvestergeböller. Wie immer habe ich mir ganz brav angehört, was ich alles darf und was ich auf keinen Fall darf. Mein Chef macht sich gerne Sorgen. Aufräumen darf ich nicht. Hab ich aber trotzdem. Wie immer. Er wird dann wiederkommen, angeblich nichts mehr finden und brubbeln. – Und sich eigentlich freuen und mir zwei Tage später eine Flasche Portwein bringen. Wenn er dann vor mir im Staub liegt, werde ich ihn zum Fensterputzen überreden, denn das darf ich auch nicht, was ich für eine kluge Einsicht halte.
Dieses Journal hier hat er nicht erwähnt, also darf ich darin schreiben. Ich werde aber auf dem Jungen (ich darf ihn so nennen, denn ich könnte seine Mutter sein) nicht herumhacken, sondern ihn loben und preisen. Anläßlich einer Feierlichkeit wurde ihm von einer jungen Dame ein Sonett gedichtet und vorgetragen. Er hat sich gefreut wie ein Schneekönig, wollte es später setzen und drucken, traute sich dann aber nicht, ein Loblied auf ihn selbst hervorzubringen. Ich habe ihm gesagt, daß es gar nicht schlimm ist, wenn einer was kann und sich dafür loben läßt, vor allem wenn das Lob so ein Kunstwerk ist. Aber er meinte: „Mein zweiter Name ist Zweifel.“
Silvester ist doch ein schöner Anlaß, denke ich bei mir und habe das mit der Goldfeder kalligrafierte Sonett von Frau Dr. Christiane Tewinkel abgetippt:
für mzs
Des Landes bester Drucker wohnt im Norden
Der grauen Hauptstadt, heimelig versteckt
Im Souterrain, worin auf Seitenborden
Gleichwohl die schärfsten Waffen ausgestreckt:
Ein Zeughaus ist’s der Züchtung per Papier,
Ein bleierner Regierungsapparat,
Ein ZK „Schrift“, des milde Macht sich hier,
Beim Werkstattherrscher, gleich verdoppelt hat.
Gepflegt geschoren, royalblau beschürzt
Sieht er ins Gegenlicht der Außenwelt –
Den zagen Kunden hat er schnell bezirzt,
Dem forschen steckt er, wie’s die Regel hält.
So wünscht man sich des Handwerks gold’ne Mitte:
Gestreng. Und schön. Und reich an alter Sitte.
Royalblau beschürzt, ist das nicht schön? Die junge Frau Tewinkel ist keine Dichterin, was man glatt denken könnte, sondern eine bekannte Musikwissenschaftlerin. Sie hat schon zwei Bücher geschrieben. Das erste heißt: „Bin ich normal, wenn ich mich im Konzert langweile? Eine musikalische Betriebsanleitung“ und das zweite, das erst dieses Jahr erschienen ist, trägt den Titel: „Eine kurze Geschichte der Musik“.
Unser Webmaster Herr Herzig hat mir noch erklärt, wie man ein Bild zu dem Text bringen kann. Er kann übrigens auch einer älteren Dame alles sehr gut erklären. Ich hatte mir das schwieriger vorgestellt. Dieses Bild, das Herr Schröder gezeichnet hat (so etwas macht er, um sich zu entspannen) paßt eigentlich nicht zu dem Text, aber ich habe es hier gefunden und mir gefiel es so gut und Herr Herzig hat es für mich für das Internet zurechtgemacht. Vielleicht mögen Sie es auch? Wenn Sie denken, das Bild zeigt das Verhältnis zwischen meinem Chef und mir, dann sind Sie aber völlig auf dem Holzweg!!! ;-) Wie man Kommentare veröffentlicht, weiß ich nun aber nicht und bitte ggf. um Geduld, bis Herr Schröder wieder hier ist. Aber ich muß den Chef übermorgen, wenn er wieder arbeitet, erst einmal überzeugen, daß er meinen Eintrag nicht auslöscht. (Verlegenheitsröte steht ihm doch so gut.)
Ich wünsche unseren Kunden und Ihnen, liebe Leser, ein schönes Silvester und alles, alles Gute für das neue Jahr.
Herzlich Grüße!
Ihre Ursula Spiess
— Martin Z. Schröder
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