Läppischer Fetzen · 6. Februar 2009
Wer sich an Details erfreuen kann, kann sich in der Druckerey reichlich erfreuen. Der Putzlappen für die kleine Presse geriet mir unter die Augen, und ich fand ihn plötzlich so schön, daß ich ihn für die verehrten Blogleser habe Modell stehen lassen. Meine Werkstatt hat eine sehr gute Öko-Bilanz oder wie man das nennt, wenn wenig Müll produziert wird. In den Lappen kommt nur wenig Farbe. Der größte Teil wird mit dem Spachtel abgenommen und aufbewahrt. Ein zweiter Teil gelangt in die Makulatur (bedruckes Papier, das nicht mehr benötigt wird): dazu gebe ich Waschbenzin auf die Walzen und lasse das Papier hindurchlaufen. Und was dann noch übrig bleibt, wird mit dem Lappen von den Walzen gerieben. Wir haben als Lehrlinge, wenn wir unbeobachtet waren, auf dem Farbstein, einem alten Lithografiestein, auf dem die Farbe ausgewalzt war, hingebungsvoll mit Benzinspritzern Kunstwerke produziert. Und man meldete sich auch nicht ungern dazu, ihn zu reinigen, weil man der künstlerischen Schöpferkraft offiziell nachgehen konnte. Jedenfalls niemand fragte, was man denn da an der Abziehpresse zu tun hätte. Der abgebildete Putzlappen besteht aus Leinen. Ist nicht so geeignet wie glatte Baumwollfetzen (Frottee geht natürlich überhaupt nicht) oder Fetzen (das Wort Fetzen ist nicht verächtlich gemeint, sondern für die österreichischen Leser eingefügt, die den Lappen Fetzen heißen) aus anderem Material, weil nicht sehr saugfähig, beeindruckt aber als Foto-Modell stärker, wie mit den beigefügten Bildern hoffentlich zu beweisen war. (Der Lappen ist unverkäuflich und wird als Kunstobjekt eines fernen Tages meine Altersversorgung sichern.)
— Martin Z. Schröder
Kommentare [2]