Schnapsempfehlung in Wiener Grotesk · 3. Mai 2010
Aus der Berliner Papeterie R.S.V.P. erreichte mich der Wunsch, eine englische Empfehlungskarte für Wodka mit Bleisatz zu entwerfen und zu drucken. In meiner Werkstatt gibt es einige Bleischriften, die für Akzidenzen wie Visitenkarten und Briefpapier selten zum Einsatz kommen. Die Entwürfe machen auch mehr Arbeit, weil diese Schriften digital nicht vorliegen, ich also keine Skizzen mit dem Computer machen kann, sondern so wie früher arbeite: setzen, abziehen, kleben. Nebenstehendes Bild zeigt die Wiener Grotesk von Rudolf Geyer, in der Schriftgießerei H.G. Berthold AG anno 1912 erstmals gegossen. Darunter die Schrift Flott aus der Bauerschen Gießerei in Frankfurt am Main,
Erstguß 1934, Entwurf William S. Gillies. Die dritte auf dem Foto ist die Compliment aus der Gießerei Ludwig & Mayer, Frankfurt am Main, Erstguß 1965, Entwurf von Helmut Matheis. Alle drei sind aus dem Preußischen Bleisatz-Magazin von Georg Kraus in die Druckerey gekommen.
Diese Schrift habe ich auch aus Ratingen bekommen, es ist die Lucina. Deren magerer Schnitt wurde 1926 von Ludwig & Mayer in Frankfurt gegossen; Jakob Erbar hat sie gezeichnet. Wann der hier gezeigte Schnitt, halbfett oder fett, gemacht wurde, weiß ich nicht. Wenn jemand mir hülfe, freute mich das.
Nachdem sich R.S.V.P. für die Wiener Grotesk entschieden hatte, machte ich mir Gedanken über die Präsentation. Man kann die Schrift freilich auch allein stehen lassen, zumal eine so dekorative mit albernen Oberlängen, Kringeln und Schleifen, man kann aber auch die Albernheit noch ein wenig weiterdrehen.
Mir gefallen sowohl dieser zarte Schmuck zwischen den beiden Fahnenstangen der Oberlängen der Buchstaben …
… als auch dieser junge Mundschenk, für den die Schrift wie gemacht wirkt. Ich bin gespannt, welcher Variante R.S.V.P. den Vorzug gibt. Auch Druck- und Papierfarbe stehen noch nicht fest. Zuerst schwebte mir schwarzblau auf Creme vor, jetzt kam mir der Gedanke, daß auch ein zartes Grün auf Altweiß gut stünde.
— Martin Z. Schröder
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