Linienguß · 31. Juli 2009
Jeder Buchdrucker, der seinen Betrieb mit Bleisatz noch lange erhalten möchte, kauft Material auf Vorrat. Oft hat man noch keine Vorstellung, wozu man dieses oder jenes einsetzen könnte, aber mit einem großen Fundus arbeitet sich besser. Und es wird eines Tages vielleicht keine Schriftgießerei mehr geben. Das ist das Schicksal eines seit Jahrzehnten verlöschenden Handwerks.
Von einem Kollegen aus Potsdam erwarb ich gußfrische gegossene Linien aus Blei, wie sie früher im Werksatz für Zeitungen und Magazine eingesetzt wurden. Für die Akzidenz wird in der Regel Material aus Messing verwendet. Messinglinien gibt es in vielen Stärken und Längen. Im Zeitungssatz aber mußte es immer sehr schnell gehen, auch Zeit zum Ablegen des Satzes war knapp. Nur die Überschriften aus großen Graden wurden im Handsatz aus dem Kasten gesetzt, Text kam von der Setzmaschine, er wurde nach dem Druck wieder eingeschmolzen. So auch diese Linien. Ein weiterer Vorteil war: Sie konnten sehr fix mit einer elektrischen Zeilensäge auf die benötigte Länge gekürzt werden. Messinglinien muß man stückeln.
Weil immer mehr Künstler und Designer gemeinsam mit mir Entwürfe entwickeln, kann aber auch eine kleine Menge solcher dem Akzidenzsatz eigentlich fremder Linien nützlich sein. Man kann in das weiche Blei auch Muster schneiden und einen Rahmen daraus bauen. Beispielsweise. Irgendwann wird das Material zum Einsatz kommen. Gefertigt wurden diese Linien in den 80er Jahren für eine Druckerei in Malchow, teilte mir der Vorbesitzer und Druckereibesitzer mit.
Über die Druckerey I Stephan Zavodny, Webdesigner, berichtet in seinem neuen Blog von der Produktion seiner Visitenkarten in der Druckerey. Er hatte mich vor einigen Wochen auf den Farbschnitt gebracht und ließ mir auch die Zeit, mit der mir neuen Technik zu experimentieren.
Über die Druckerey II Aegir Hallmundur, Designer in Brighton, empfiehlt in seinem lesenswerten und schönen Blog “The Ministry of Type” die Darstellungen der detaillierten Arbeit im Druckerey-Blog.
Über die Druckerey III Daniel Schilling, Redakteur, porträtiert den Drucker im Fachmagazin Druck & Medien, aber nur in der gedruckten Ausgabe.
— Martin Z. Schröder
Kommentare [2]