Drucken, Fliegenvermessen, Reisen · 22. August 2008
Die Danksagungen (Foto) haben meine Werkstatt vorübergehend in größere Unordnung versetzt, weil ich sie für zwei Tage auslegen mußte, damit sie gut trocknen und die rote Farbe überdruckt werden konnte. Richtig steril aufgeräumt ist es in meiner Werkstatt nie, ich muß nur aufpassen, daß die Unordnung nicht ins Chaos umschlägt.
Beim Umlegen der Schutzumschläge um den Atlas van de nieuwe Nederlandse vleermuizen von Max Goldt habe ich innen in einem der metallgrünen Umschläge eine Fliege entdeckt, die sich in dem Umschlag bestattet hat. Die Gesamtspannbreite beider Flügel umfaßt etwa 14 Punkt (1p = 0,376 mm). Ich erwog erst, den Umschlag auszusortieren, dann überlegte ich, ihn zum Sonderpreis anzubieten, schließlich legte ich ihn um und registrierte die Nummer des Exemplars. An welcher man sieht, wie weit die Produktion fortgeschritten ist. Heute überreiche ich morgens dem Verleger die ersten Exemplare. Im Verlag wird man sich Gedanken um die Verpackung des Büchleins machen und die Auslieferung der ersten Exemplare vorbereiten. Abends dann erhält der Autor seine Beleg-Exemplare. Neulich hat ein Besucher ein Büchlein durchgeblättert und festgestellt: “Es gibt tatsächlich so was wie typographische Komik.” Und ich merkte: wenn jemand sich an dem Buch vor meinen Augen erfreut, schmilzt meine Selbstkritik. Der wohlwollende fremde Blick verschönt die Arbeit. Das ist angenehm, aber ich werde trotzdem beizeiten das Büchlein kritisch durchgehen. Man lernt ja nichts ohne Kritik.
Freunde gedruckter Worte, die heute an den Lektüre-Luxus von morgen denken, werden den Atlas van de nieuwe Nederlandse vleermuizen von Max Goldt einfach schon heute bestellen.
Presse: Vor einigen Wochen habe ich für das AD-Magazin den Tiefdrucker Niels Borch Jensen in Kopenhagen besucht. Er arbeitet als berühmter Meisterdrucker für Künstler aus aller Welt. Die Arbeiten werden in der Berliner Galerie Niels Borch Jensen in Ausstellungen gezeigt und verkauft. Es lohnt sich, mit der Galeristin Isabelle Gräfin Du Moulin einen Einkaufsbummel zu unternehmen durch die Grafikschränke, die eigentlich Schatzkammern sind und von denen uns die Augen übergingen. Wie die Arbeiten gemeinsam mit Künstlern wie Tacita Dean, Carsten Höller, Thomas Demand, Olafur Eliasson, Rodney Graham, Robin Rhode, Takehito Koganezawa, Anton Henning, Superflex und auch weniger bekannten entstehen (siehe Künstlerverzeichnis der Galerie), habe ich recht ausführlich in der September-Ausgabe von AD erzählt.
Mit mir im Kopenhagener Atelier war der Berliner Fotograf Wolfgang Stahr. Einen ganzen Tag verbrachten wir in Jensens Atelier, und ich war hin- und hergerissen: einerseits den berühmten Drucker und seine Mitarbeiter bei der Arbeit zu sehen, die mir größten Respekt machte, andererseits einem Fotografen von Rang über die Schulter schauen zu dürfen. AD liegt jetzt druckfrisch im Kiosk.
— Martin Z. Schröder